Casinó di Campione plant Wiedereröffnung

Die Pleite des Casinó di Campione im Jahr 2018 hatte der italienischen Exklave Campione d’Italia die wirtschaftliche Existenzgrundlage entzogen, was europaweit für Schlagzeilen sorgte. 500 Casinomitarbeiter saßen plötzlich auf der Straße, zudem verloren über 100 Gemeindeangestellte ihre Jobs. Nach einem Kredit der italienischen Regierung und einem Wechsel zum Zollgebiet der EU scheint sich die Region zu erholen. Das Casino soll wiedereröffnen. Kann Campione an seine goldene Ära anknüpfen?

Die Promenade von Campione d’Italia am Luganersee.

Das Casino liegt direkt am Luganersee und war dort jahrzehntelang die wichtigste Einnahmequelle. ©alaniselin/Pixabay

Rationalisierung der Kosten

Das Casinó di Campione, das größte Casino Europas und älteste Casino Italiens, ist scheinbar kurz davor seine Pforten wieder zu öffnen. Laut italienischen Medien könnte dies bereits im kommenden September geschehen. Das Etablissement soll eine Rationalisierung seiner Kosten vorgenommen haben, vorerst sei die Inbetriebnahme mit 170 Angestellten geplant.

Um eine weitere Insolvenz zu vermeiden, soll diesmal auf Abhängigkeiten von Dritten verzichtet werden – Finanzierungen und Kreditvergaben von privaten Investoren sind demnach ausgeschlossen. Die Schulden von Campione d’Italia, das über Jahrzehnte von dem Casino abhängig war, beliefen sich im Juni 2019 immer noch auf umgerechnet etwa 4,5 Millionen Euro. Das Casino selbst stand vor einem Schuldenberg von etwa 130 Millionen Euro.

Sanierung von innen heraus

Aus diesem Grund hatte die italienische Exklave, die vom Schweizer Tessin umgrenzt wird, einen Wechsel ins Zollgebiet der EU vollzogen sowie einen millionenschweren Kredit bei der italienischen Regierung aufgenommen. Das Casino hat nun Bewährungsprobe, denn Italien hat seine Zahlungen an die etwa 2.000 Einwohner zählende Gemeinde inzwischen wieder stark reduziert.

Innerhalb einer vom Konkursgericht eingeräumten Frist hat die Verwaltungsgesellschaft des Casinos einen Sanierungsplan vorgelegt. Dieser enthält genau definierte Zeitpunkte und Zahlen, welche eine nachhaltige Entwicklung sicherstellen sollen. Das Casino soll seine Schulden von innen heraus selbst abbezahlen – durch erfolgreiche Glücksspielgeschäfte – so das Kredo italienischer Medien.

Zum Verständnis: Wegen dauerhafter Zahlungsunfähigkeit wurden die Pforten des 50 Millionen Euro teuren, zehn Stockwerke hohen Etablissements am Luganersee im September 2018 durch Gerichtsvollzieher der Provinz Como geschlossen. Rund 500 Mitarbeiter wurden von einem auf den anderen Tag entlassen, die Türen des Casinos offiziell versiegelt. Noch 2017 hatten die Anwohner der Gemeinde das 100-jährige Jubiläum ihrer berühmten Spielbank gefeiert. Zu diesem Zeitpunkt lag der Umzug in ein neues hochmodernes Gebäude des Schweizer Stararchitekten Mario Botta nur 11 Jahre zurück. Das Casino hatte 2018 Schulden von 155,6 Millionen Euro, während die Haushaltskasse von Campione ein Minus von 124 Millionen Euro aufwies.

Haben die Pläne Aussicht auf Erfolg?

Laut Sanierungsplan könnten die Schulden von Campione und seinem Casino bis 2027 komplett getilgt sein. Der Schuldenabbau soll mit einem Aufbau der Mitarbeiterzahlen einhergehen. Schon 2026 wolle man die Zahl der Angestellten auf etwa 270 erhöhen. Dafür spricht die Sonderstellung des Casinos, denn in Italien gibt es nur drei weitere Spielbanken, in Sanremo, Venedig und Saint-Vincent. Zudem sind die Gesetze für Spielbanken in Campione weniger streng als im Rest Italiens.

Dazu könnten sich die Maßnahmen zur Kostensenkung positiv auf die Entwicklungen auswirken: Gestrichen wurde zum Beispiel der Catering-Service, der früher hohe festbudgetierte Kosten verursachte, die sich jedoch kaum rentiert hatten. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Senkung der jährlich zuzahlenden Beiträge an die Stadt. Diese waren maßgeblich an dem Schuldenkreislauf beteiligt, da es immer wieder zu Verzögerungen gekommen war.

Die Maßnahmen wurden allesamt im Rahmen des Insolvenzverfahrens festgelegt. Laut Insidern gibt es große Hoffnungen und Vertrauen in den Sanierungsplan – das Casino könne vor allem nach den Lockerungen der Corona-Lockdowns wieder Kunden anziehen und genügend Gewinne erwirtschaften. Grund dafür sei besonders die vorteilhafte Lage des Etablissements. In seiner geographischen Position sei das Casinó di Campione stark aufgestellt, da es gleichermaßen Kunden aus der Schweiz sowie aus Italien bedienen könne. Ob die positiven Prognosen tatsächlich eintreten, bleibt vorerst abzuwarten.

Glaube an die Zukunft kehrt zurück

Für die Gemeinde Campione könnte der Sanierungsplan und die Wiedereröffnung des Casinos ein Rettungsanker darstellen, denn die Casinoschließung hatte gravierende Folgen. Im Zuge der Insolvenz hatten die Gemeinde- und Casinoangestellten teilweise über ein Jahr kein Geld verdient. Trotz vehementer Demonstrationen blieb Hilfe über längere Zeit aus. Eine ganze Gemeinde hatte den Glauben an die Zukunft verloren.

Vielen Anwohnern fehlte sogar das Geld für Nahrung. Das Altersheim, der Kindergarten und das Tourismusbüro wurden geschlossen. In der Schule wurden nur noch die nötigsten Räume beheizt. An der Promenade prangten Banner mit der Aufschrift: SOS – Campione is DEAD (z. dt. Hilfe – Campione ist tot). Die Angestellten und Dorfbewohner protestierten sogar in der zuständigen Provinz Como. Sollte das Casino tatsächlich im September wiedereröffnen, wäre dies ein bedeutsamer Lichtblick am Ende des Tunnels.

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