Größtem Casino Europas droht das Aus

Das Casino Campione d‘Italia am Luganersee ist in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Die zuständige Staatsanwaltschaft hat ein Konkursverfahren beantragt. Ursache der Probleme sind hohe Kosten und der Sonderstatus der italienischen Exklave Campione.

Das Casino Campione bei Nacht

Der Schweizer Architekt Mario Botta entwarf das erst 2007 bezogene Casino Campione. Nach zehn Jahren droht nun das Aus. (Bildquelle, Lizenz)

Eigentlich gab das vergangene Jahr Grund zur Freude für das Casino Campione, man feierte das 100jährige Bestehen der Spielbank und das 10jährige Jubiläum des Umzugs in ein neues Gebäude. Erst 2007 hatte man 50 Millionen Euro in den Neubau des Stararchitekten Mario Botta investiert, der aus dem traditionsreichen Casino das größte Europas machte. Doch bereits im letzten Jahr zeichneten sich finanzielle Schwierigkeiten ab, die nun wahrscheinlich in ein Konkursverfahren münden werden: Das gemeindeeigene Spielcasino ist in hohem Maße defizitär, hoch verschuldet und derzeit nicht mehr zahlungsfähig. Die gefährliche Schieflage des Casinos ist eine Bedrohung für die gesamte Gemeinde mit ihren etwa 2.000 Einwohnern, Löhne können bereits nicht mehr gezahlt werden.

Dass die Staatsanwaltschaft von Como aber ein Konkursverfahren beantragte, hat die Gemeinde dennoch überrascht. Darauf lassen zumindest die Äußerungen von Gemeindepräsident Roberto Salmoiraghi schließen. Er habe erst am späten Freitagabend (12. Januar) von den Entwicklungen erfahren und kurzfristig für Sonntag eine Bürgerversammlung im Casino einberufen. Auf dieser informierte er die anwesenden Mitarbeiter und Bürger über die Insolvenz der Spielbank und die schlechte finanzielle Situation seiner Gemeinde. Die Zuhörer sollen nach Berichten der Luzerner Zeitung überrascht reagiert haben: „Wir sind wohl die einzige Spielbank auf der Welt, der mit einem Bruttospielertrag von 92 Millionen Franken ein Konkurs droht“, wird eine Anwesende zitiert.

Lohnkürzungen und Entlassungen sollen die Wende bringen

Tatsächlich haben sich die Einnahmen des Casinos in den letzten Jahren kaum verschlechtert. Bis vor kurzem stand gar eine Expansion zur Debatte. Man plante eine weitere Spielbank, die speziell auf die Wünsche der asiatischen Kundschaft angepasst werden sollte. Diese Pläne sind nun erst einmal auf Eis gelegt. Das Casino befindet sich aber grundsätzlich weiterhin in einer günstigen Position: Es gibt lediglich drei weitere Spielbanken in Italien und die Lage am Luganersee macht Campione zu einem beliebten Reiseziel. Das Casino an sich operierte daher bislang durchaus wirtschaftlich. Die Gründe für den plötzlichen finanziellen Kollaps liegen in der Eigenart des Ortes als italienischer Enklave in der Schweiz. Dadurch ist die Hauptwährung Campiones der Schweizer Franken, der in den letzten Jahren gegenüber dem Euro deutlich an Wert zugelegt hat. Das Casino erzielt nun allerdings seine Gewinne in Euro, muss aber festgelegte Abgaben an die Gemeinde zahlen – in teuer gewordenen Franken. Seit 2012 macht das Haus dadurch regelmäßig hohe Verluste, die Schulden bei der Banca Popolare di Sondrio belaufen sich mittlerweile auf 40 Millionen Franken (etwa 34 Mio. Euro).

Die Bank scheint auch nicht gewillt, weitere Kredite bereitzustellen, ansonsten wäre es kaum zu den ausgefallen Zahlungen gekommen. Es muss also etwas passieren, und zwar nicht nur im Casino. Die Antwort des Gemeinepräsidenten Salmoiraghi folgte bei der Gemeindeversammlung. Er kündigte drastische Einsparungen an, sämtliche Löhne müssten um 20 Prozent gesenkt werden. Überhaupt müsse sich die Anzahl der Gemeindeangestellten reduzieren. Die Stadt Campione beschäftigt 100 Mitarbeiter, bei 2.000 Einwohnern eine durchaus bemerkenswerte Zahl. Die Verwaltung muss sich die Frage gefallen lassen, ob sie sich in guten Zeiten nicht zu sehr erweitert hat. Ob es auch unter den 500 Angestellten des Casinos Entlassungen geben werde, wurde allerdings nicht klar. Es wurde lediglich die Arbeitseinstellung einiger Mitarbeiter moniert, so habe es 2017 deutlich zu viele Krankheitstage gegeben.

Wenn es keine Einigung gibt, müssen wir den Laden schließen.Gemeindepräsident Roberto Salmoiraghi

Ob diese Maßnahmen allerdings reichen werden, um eine Pleite zu verhindern, wird nicht einmal der Präsident wissen. Denn wenn sich an der Besteuerung in Schweizer Franken nichts ändert, wird man auch in Zukunft stark von Kursschwankungen abhängig sein. Sollte die bisweilen als überteuert eingeschätzte Währung allerdings abwerten, könnte sich das Blatt wieder zugunsten des Casinos und der Gemeinde wenden. Es scheint fast, als befänden sich die Glücksspielveranstalter diesmal selbst am Roulettetisch.

Ähnliche Beiträge