Problematisches Glücksspiel in Italien: Kann ein neues Dekret die Spielsucht im Land stoppen?

Das Thema Glücksspiel ist in Italien aktuell. Im europäischen Vergleich geben die Italiener das meiste Geld für Glücksspiel aus. Vor allem der Online-Sektor boomt, in dem es neben legalen Anbietern auch eine Vielzahl illegaler Plattformen gibt. Die italienische Regierung versucht jetzt, mit einem neuen Dekret gegen das illegale Glücksspiel vorzugehen und somit auch die Gefahr einer Spielsucht einzudämmen.

Aufnahme eines Kanals in Venedig, Italien.

Wird das Dekret das legale Glücksspiel in Italien fördern (Symbolbild)? © Dan Novac/unsplash.com

Anbieter sollen mit ihrer Legalität werben

Die italienische Regierung soll am 11. März ein Dekret verabschiedet haben. Es soll neue Regelungen für das Online Glücksspiel beinhalten. In Italien sollen Spieler inzwischen mehr Geld für das Online Glücksspiel ausgeben als für Slotmaschinen in Spielhallen. Die Regierung sehe dies als Anlass, die ersten Änderungen seit der Legalisierung des Glücksspiels im Jahr 2011 vorzunehmen.

Das Dekret soll Berichten zufolge vorsehen, dass Spieler vor illegalen Angeboten gewarnt werden müssen. Dies soll geschehen, indem legale Plattformen gezielt mit ihrer Legalität werben. Dafür sollen Werbesprüche, wie „Wette legal“, verwendet werden.

Fraglich ist, ob das Dekret auch das Verbot von Glücksspielwerbung kippen könnte. Verschiedene Medien berichten, dass dieses Verbot durch das neue Dekret außer Kraft gesetzt werden könnte.

Höchste Spieleinsätze in ganz Europa

Die italienische Regierung soll die stark steigenden Spieleinsätze als Anlass dafür sehen, die Regelungen für das Online Glücksspiel zu überarbeiten. Im Jahr 2022 sollen italienische Spieler 136 Milliarden Euro für Glücksspiel ausgegeben haben. Experten schätzen, dass es im Jahr 2023 sogar über 150 Milliarden Euro gewesen sein könnten.

Ein Blick auf die Spieleinsätze der letzten Jahre zeigt, dass diese Jahr für Jahr steigen. Im Jahr 2015 lagen sie noch bei 88,2 Milliarden Euro und haben sich bis heute fast verdoppelt. Nur im Jahr 2020, in dem die Corona-Pandemie allgegenwärtig war, sind die Spieleinsätze deutlich zurückgegangen. In keinem anderen europäischen Land geben die Menschen mehr Geld für Glücksspiel aus.

Eine Statistik zu den Spieleinsätzen in Italien seit dem Jahr 2015.

Aus den Zahlen geht hervor [Grafik auf Englisch], dass die Menschen in Italien zunehmend mehr Geld für Glücksspiel ausgeben . © Statista

Das durchschnittliche Jahreseinkommen in Italien lag im Jahr 2021 bei 35.710 Euro. Stellt man die Spieleinsätze dem durchschnittlichen Jahreseinkommen gegenüber, dann geben italienische Spieler sogar weltweit das meiste Geld für Glücksspiel aus.

Besorgniserregende Zahlen über Spielsucht in Italien

Es soll keine aktuellen Zahlen zur Spielsucht in Italien geben. Die letzte Erhebung habe es im Jahr 2018 gegeben. Dabei sei ermittelt worden, dass 26 % der Menschen in Italien in irgendeiner Form am Glücksspiel teilnehmen.

3 % der Erwachsenen würden als spielsuchtgefährdet eingeschätzt. Besonders erschreckend dürfte sein, dass auch 3 % der Minderjährigen in Italien akut Gefahr liefen, an einer Spielsucht zu erkranken. Dabei dürfe nicht vergessen werden, dass diese Zahlen vor der Corona-Pandemie erhoben worden seien. Umfragen aus anderen Ländern haben gezeigt, dass die Pandemie die Zahl der Spielsüchtigen stark negativ beeinflusst hat.

Zwei italienische Fußballspieler sind in die Spielsucht abgerutscht

Das Thema Spielsucht wird in Italien nicht zuletzt wegen prominenter Beispiele stark diskutiert. Im vergangenen Herbst haben sich mit Sandro Tonali, 23, und Nicolò Fagioli, 23, zwei Fußballspieler zu ihrer Spielsucht bekannt. Beide haben an illegalen Sportwetten teilgenommen und dadurch ihre Karrieren aufs Spiel gesetzt.

Im Zuge der Ermittlungen kam heraus, dass beide schon länger an problematischem Glücksspiel gelitten haben. Sie seien einsam gewesen und hätten aus Langeweile auf den illegalen Plattformen gewettet. Das hat nicht nur strafrechtliche Konsequenzen, sondern hat ihnen auch lange Sperren beschert. Sandro Tonali hat eine Sperre von 18 Monaten erhalten, während Fagioli für 12 Monate gesperrt worden ist.

Diese beiden Beispiele zeigen, wie akut das problematische Glücksspiel in Italien ist. Dies bestätigt auch Siliva Pichini, die das Nationale Zentrum für Abhängigkeit und Doping leitet:

Bei dieser Abhängigkeit gibt es auch keine gesellschaftlichen Unterschiede. Wenn es einen Unterschied gibt, dann ist es der, dass Männer mehr zocken als Frauen. Wobei auch dieser Unterschied immer geringer wird.Silvia Pichini, Leiterin, Nationales Zentrum für Abhängigkeit und Doping, ntv

Wie beeinflusst die Mafia das Glücksspiel in Italien?

Die erhobenen Zahlen und die meisten Diskussionen beziehen sich ausschließlich auf das legale Glücksspiel in Italien. Illegales Glücksspiel boomt jedoch und die Mafia scheint hinter einem Großteil des illegalen Glücksspielmarktes in Italien zu stehen. Im Jahr 2023 sollen Berichten zufolge 20 Milliarden Euro als Einnahmen aus illegalem Glücksspiel erzielt worden sein.

Die Mafia sei nicht nur an Online Glücksspiel interessiert, wie Roberto Montà, der Präsident von Avviso Pubblico, erklärt habe. Avviso Pubblico ist ein Verband, der die Korruption und die Geschäfte der Mafia bekämpft. Er sei der Meinung, dass die Mafia auch stationäre Spielhallen zu ihren Zwecken nutze.

Diese sollen der Geldwäsche dienen. Gleichzeitig schaffe die Mafia auch Arbeitsplätze und bekämpfe damit augenscheinlich die hohe Arbeitslosigkeit im Land:

Dann ist da aber auch noch die Rolle des Retters in der Not, wenn der Sozialstaat versagt. Roberto Montà, Präsident, Avviso Pubblico, ntv

Experten sollen dem neuen Dekret der italienischen Regierung skeptisch entgegenblicken. Sie hielten es nicht für sinnvoll, das legale Glücksspiel mit seiner Legalität zu bewerben. Das Dekret sei außerdem von Lobbyisten, dem Ministerium für Unternehmen und dem Ministerium für Finanzen verfasst worden.

Das Ministerium für Gesundheit oder Experten für die Themen Glücksspiel oder Spielsucht seien nicht in die Debatte miteinbezogen worden. Es bleibt abzuwarten, ob das Dekret von den zwei Parlamentskammern abgesegnet werden wird.

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