Neue Glücksspielbehörden in Halle

Die Legalisierung des deutschen Online Glücksspiels ab Juli rückt immer näher. Neben dem Steuermodell für lizenzierte Online Casinos sorgte zuletzt die zentrale Glücksspielbehörde in Sachsen-Anhalt für Kontroversen. Etliche Details rund um Standort und Finanzierung waren noch ungeklärt. Nun bringt die Landesregierung endlich Licht ins Dunkle: In Halle (Saale) werden gleich zwei Glücksspielbehörden entstehen. Eine für Deutschland und eine für Sachsen-Anhalt.

Eine Roulette-Kugel liegt auf der Acht.

Parallel will Sachsen-Anhalt seine Beratungsstellen gegen Spielsucht aufstocken. ©Stux/Pixabay

Höchste Priorität: Spielerschutz

Mit der nahenden Öffnung des deutschen Online Glücksspielmarktes gerät die Etablierung einer zentralen Glücksspielbehörde in den Blickpunkt der parlamentarischen Arbeitsgruppen. Seit längerem ist klar, dass die Kontrollinstanz in Sachsen-Anhalt entstehen und 110 Arbeitsplätze schaffen soll. Unklar waren bisher die Fragen nach dem genauen Standort und der Finanzierung. SPD und Linke hatten die immer noch offenen Detailfragen zuletzt scharf kritisiert.

Nun kommt Bewegung in die Angelegenheit: Wie das Bundesland Sachsen-Anhalt mitgeteilt hat, werden in Halle (Saale) künftig gleich zwei Glückspielbehörden entstehen: Ersten eine zentrale Bundesbehörde, welche das Online Glücksspiel auf Landesebene überwacht. Zweitens eine, spezialisiert auf das Bundesland, welches seit 2019 vor allem durch einen Wettskandal bei Lotto Sachsen-Anhalt für Schlagzeilen sorgte. Zuletzt wurden die Lottochefs fristlos entlassen.

Während die kleinere Behörde erst später startet, soll die Bundesbehörde ihre Arbeit pünktlich zur Marktöffnung am 01. Juli 2021 aufnehmen. Laut Finanzminister Michael Richter (CDU) habe das Landesverwaltungsamt bereits Personal eingestellt. Zudem befände man sich in Verhandlungen über die Anmietung einer Immobilie. Im Mittelpunkt aller Debatten stehe nun der optimale Spielerschutz. Die Legalisierung des Online Glücksspiels ermögliche bessere Kontrollen.

Mit der Inkraftsetzung des sogenannten Glücksspielneuregulierungsvertrags, kurz GlüNeuRStV, erhalten strenge Spielerschutzvorgaben Einzug: Zum Beispiel eine monatliche Einsatzgrenze von 1.000 Euro, eine 1-Euro-pro-Spin-Grenze bei Online Spielautomaten, ein Verbot von Live-Wetten und Tischspielen sowie der obligatorische Einsatz von Frühwarn- und Sperrsysteme. Die Lizenznehmer sind laut Sachsen-Anhalt außerdem dazu verpflichtet, auf eigene Kosten ein digitales Datensicherungssystem zu betreiben, womit schnelle und umfassende Kontrollen durch die Behörde ermöglicht würden. Die Daten müssen ab Juli von den Betreibern bereitgehalten werden.

SPD-Deal: Mehr Suchtberatungsstellen

Kurzzeitig sah es so aus, als würde ausgerechnet Sachsen-Anhalt den GlüNeuRStV kippen. Da dort die zentrale Aufsichtsbehörde entsteht, ist die Zustimmung des Bundeslandes zwingend bei der bundesweiten Ratifizierung des neuen Glücksspielgesetzes erforderlich. SPD und Grüne hatten jedoch Kritik an dem monatlichen Einsatzlimit von 1.000 Euro geäußert. Dieses sei zu niedrig, da Sachsen-Anhalt eines der niedrigsten Pro-Kopf-Einkommen habe.

Die beiden Landtagsfraktionen drohten damit den Vertrag, dem mindestens 13 von 16 Ländern zustimmen müssen, nicht durchzuwinken. Inzwischen hat man sich jedoch auf einen Deal geeinigt: Die Parteien befürworten das neue Gesetz, dafür baut das Bundesland sein Netz an Suchtberatungsstellen aus. Bisher begrenzen sich die Beratungsstellen vorwiegend auf Magdeburg. Nun sollen auch welche in Halle, Dessau-Roßlau, Stendal und Halberstadt entstehen.

Die Finanzierung soll laut SZ von bisher 175.000 Euro auf über 500.000 Euro aufgestockt werden. Glücksspiel sei kein Anhängsel bei Beratungsstellen für Alkohol, sondern eine bedeutsame Aufgabe, die von geschulten Spezialisten betreut werden muss.

Klare Maßstäbe bei der Prävention

Was den neuen Staatsvertrag betrifft, erklärte Grünen-Chef Sebastian Striegel, dass eine nichtperfekte Regulierung besser als keine sei. Für die Partei wäre es vor allem wichtig, klare Maßstäbe bei der Spielsuchtprävention einzuführen. Dies bestätigte auch SPD-Sprecher Rüdiger Erben: Sachsen-Anhalt müsse über eine funktionierende Suchtprävention verfügen, zudem seien Verstöße gegen die neuen Regeln hart und effektiv zu bestrafen.

Mit der Zustimmung der Länderchefs im November 2020 begann die eigentliche Arbeit an der Umsetzung des neuen Glücksspielstaatsvertrags: Die Novelle muss von den Arbeitsgruppen der 16 Parlamente in geltendes Landesrecht umgewandelt und im Parlament verabschiedet werden. Hierfür hat Sachsen-Anhalt letzte Woche ein Zustimmungs- und Ergänzungsgesetz erlassen. Nach anfänglichen Komplikationen wird der Abschluss des Ratifizierungsverfahrens in Sachsen-Anhalt in den kommenden Wochen erwartet. Sollte das Landesgesetz nicht mehrheitlich durchgewunken werden, könnte ein jahrelanger Marathon auf den letzten Metern scheitern.

Debatte um Online Casino-Steuer

Nicht nur Sachsen-Anhalt könnte der deutschen Glücksspielreform entgegenstehen, sondern auch das geplante Steuermodell für Online Casinos. Während auf den regulierten Glücksspielmärkten Europas üblicherweise die Bruttospielerträge besteuert werden, plant die Bundesrepublik eine Steuer von 8 Prozent auf die Spieleinsätze bei Online Spielautomaten. Die Steuer würde damit bei jedem Spin anfallen und die Betreiber dazu zwingen, ihre Auszahlungsquoten anzupassen.

Laut aktuellen Studien der Ruhr-Uni Bochum und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf müsste die Quote von 96 Prozent auf 88 Prozent gesenkt werden. Seriöse Online Casinos könnten in Deutschland damit unmöglich konkurrenzfähig bleiben. Für die Spieler sei das Angebot nicht mehr attraktiv genug. Das höchste Ziel des neuen Glücksspielgesetzes – die Kanalisierung in den legalen Markt – würde scheitern, wenn es bei dem Modell bleibt. Eine Stellungnahme der Staatskanzleien steht hierzu noch aus.

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