Länderchefs stimmen für Legalisierung

Die 16 Ministerpräsidenten haben den GlüNeuRStV unterzeichnet, womit die Legalisierung des deutschen Online Glücksspiels ab Juli 2021 weiter voranschreitet. Die Ratifizierung durch die Länderparlamente steht allerdings noch aus. Zudem stellen sich immer noch viele Fragen in Bezug auf eine zentrale Regulierungsbehörde. Wie sehen die Entwicklungen im Detail aus?

Eine Person fotografiert einen Gang mit dem Smartphone.

Regulierte Bahnen: Der GlüNeuRStV sieht die Lizenzierung seriöser Online Glücksspielbetreiber vor. ©OmarPrestwich/Unsplash

Kanalisierung in den regulierten Markt

Nur wenige Wochen nach dem Beschluss der Übergangsregeln für seriöse Online Glücksspielanbieter haben die Länderchefs den sogenannten Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrag (GlüNeuRStV) ratifiziert. Der Beschluss fiel auf der Jahreskonferenz der Ministerpräsidenten, welche am 29. Oktober unter dem Vorsitz Berlins stattfand. Nach einem jahrelangen Regulationsmarathon ebnet sich damit der Weg für eine umfassende Reform des deutschen Glücksspielgesetzes.

Bisher waren Online Glücksspiele in Deutschland offiziell illegal. Der Staat hielt ein Monopol auf Lotto und Sportwetten. Die zumeist EU-lizenzierten Anbieter bewegten sich innerhalb einer gesetzlichen Grauzone. Eine Ausnahme bildete lediglich Schleswig-Holstein. Als einziges Bundesland klinkte es sich 2011 aus den Schranken des ursprünglichen Glücksspielstaatsvertrags aus und begann 2012 mit der Lizenzvergabe an die Betreiber seriöser Online Casinos.

Der Chef der Staatskanzlei Schleswig-Holsteins, Dirk Schrödter, begrüßte die jüngsten Entwicklungen daher als Durchbruch. Der neue Staatsvertrag, welcher von den Länderchefs im März verabschiedet wurde, sei die Grundlage für ein ausreichend attraktives Online Glücksspielangebot in Deutschland. Eine Kanalisierung der Kunden in den legalen Markt ließe sich damit sichern, die Ausweitung des Schwarzmarkts eindämmen.

Die jüngsten Entwicklungen sind für die deutschen Gesetzgeber ein Erfolg, dennoch sind die Unterschriften der Ministerpräsidenten nur die halbe Miete: Der GlüNeuRStV muss nun bis zum 30. April von 13 der 16 deutschen Länderparlamente abgesegnet und in gültiges Landesrecht umgewandelt werden. Bei der Ratifizierung in Brüssel kam es bereits zu Verzögerungen. Das Gesetz befand sich mehrere Wochen in der Schwebe, da verschiedene Einwände gegen die Regularien vorgebracht wurden.

Verbot von Tischspielen am Pranger

Kritik an der Glücksspielnovelle äußerte unter anderem der DoCV (Deutsche Online Casino-Verband), im Kreuzfeuer steht vor allem die Regel, dass Echtgeld-Spielautomaten getrennt von casinotypischen Tischspielen wie Blackjack oder Roulette angeboten werden müssen. Anstatt in Online Casinos könnten Tischspiele über das staatliche Lotteriemonopol laufen, sofern einzelne Bundesländer dafür Konzessionen vergeben wollen. Für die Regelung gebe es keine Rechtfertigung, so das Branchengremium, das neue Glücksspielgesetz sei inkohärent.

Das legale Angebot sei daher nicht attraktiv genug, um eine erfolgreiche Marktkanalisierung zu erzielen. Von der breiten Öffentlichkeit würden beide Sparten als Online Casino-Spiele angesehen, die Spieler würden erwarten, dass sowohl Spielautomaten als auch Tischspiele über dasselbe Portal laufen. Anstatt eines stabilen fairen Marktes, schaffe das Gesetz somit ein hybrides System, das Monopolstellungen begünstige.

Meinungen über Novelle gespalten

Auch der DSWV (Deutscher Sportwettenverband), der kürzlich die Vergabe der ersten deutschen Wettlizenzen begrüßte, kritisierte das neue Gesetz in Bezug auf viele ungeklärte Detailfragen. Es mangle zum Beispiel an technischen Ansprechpartnern, so das Kredo von Präsident Mathias Dahms. Gleichzeitig würde mit harten Strafen bei Regelverstößen gedroht.

Auch der Industrieverband für Wettintegrität IBIA meldete sich zu Wort und stellte das Verbot von Live-Wetten infrage. Es gebe keine Beweise dafür, dass Live- oder In-Play-Wetten das Risiko für problematische Spielweisen erhöhen, wie von den Gesetzgebern argumentiert wird. Ferner schütze das Verbot auch nicht vor illegalen Spielabsprachen, da diese vorwiegend von Asien ausgehen sollen.

Dementgegen lobten Branchenverbände wie der DAW (Deutsche Automatenwirtschaft) oder der DLTB (Deutsche Lotto und Totoblock) die neue Gesetzgebung. Jürgen Häfner, Geschäftsführer von Lotto Rheinland-Pfalz, erklärte, dass die Regelungen einen Beweis für die Bedeutung von Lotterien im erweiterten Spielemarkt darstellen. Dass sich die Chefs aller 16 Bundesländer einigen konnten, zeige, dass das neue Regulierungsmodell gut funktioniert. Der DAW begrüßte hingegen, dass mit der neuen Gesetzeslage erstmals qualitative Kriterien bei der Zulassung von Spielhallen zur Anwendung kommen.

Wie steht es um die Regulierungsbehörde?

Mit der Bewilligung der Ministerpräsidenten rückt die Eröffnung einer zentralen Glücksspielbehörde in den Blickpunkt. Klar ist, dass diese in Sachsen-Anhalt eröffnen soll. Gänzlich unklar ist hingegen die Finanzierung. Außerdem stellt sich die Frage, ob die neue Behörde eine Landesliegenschaft wird, ob man ein Gebäude anmietet oder baut. Zudem gibt es keine genauen Infos über die Arbeitsweise und die Herkunft der Belegschaft.

Georg Wacker, Geschäftsführer von Lotto Baden-Württemberg, forderte in diesem Sinne, dass die neue Instanz schnellstmöglich arbeitsfähig wird, der Unterschrift müssten Taten folgen. Der Kinder-, Jugend- und Verbraucherschutz habe dabei die oberste Priorität. Der GlüNeuRStV sei sonst nichts weiter als ein vielseitiges Papier. Ob es zu weiteren Kontroversen kommt oder ob sich die Legalisierung anders als geplant entwickelt, bleibt vorerst abzuwarten.

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