RUB-Studie zu Online Casino-Steuern

Mit Beginn des neuen Jahres rückt die ab Juli geplante Legalisierung des deutschen Online Glücksspiels in greifbare Nähe. Die Frage nach der optimalen Besteuerung des boomenden Marktes rückt immer mehr ins Zentrum. Kürzlich stellten die Länder ein Modell vor, dass einen Steuersatz von 8 Prozent auf die Einsätze an Online Spielautomaten vorsieht. Eine Studie der Ruhr Uni Bochum (RUB) stellt diese Idee nun vehement infrage.

Ein Hochhaus in der Bochumer Innenstadt.

Seit 2019 verfügt die Jurafakultät der Uni Bochum über ein Institut für Glücksspiel und Gesellschaft. ©Tama66/Pixabay

Ist das neue Steuermodell sinnvoll?

Seit Ende letzten Jahres bahnt sich eine Steuerdebatte um Online Casinos in Deutschland an. Die Finanzministerien von Nordrhein-Westfalen, Hessen, Bayern und Berlin preschten vor und präsentierten einen Entwurf, der 5,3 Prozent auf Online Poker und 8 Prozent auf die Einsätze an Online Spielautomaten vorsieht. Die Steuer für die Automaten würde damit bei jedem Spin (8 Cent pro Euro) anfallen.

Das vorgeschlagene Modell sorgte innerhalb der Branche sofort für Kritik, denn auf den regulierten Märkten Europas ist es üblich, die Steuern auf die Bruttospielerträge und nicht auf die Spieleinsätze zu erheben. Welche konkreten Folgen hätte die Einsatzsteuer für die Geschäftsprozesse seriöser Online Casinos am deutschen Markt? Ist die Steuer mit den Paragrafen des neuen Glücksspielgesetzes überhaupt vereinbar?

Der Beantwortung dieser Fragen hat sich nun die Ruhr Uni Bochum gewidmet. Das Insitut für Glücksspiel und Gesellschaft der Jurafakultät überprüfte, inwieweit das Modell mit den Leitsätzen des sogenannten Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrags (GlüNeuRStV) kompatibel ist und inwiefern eine erfolgreiche Kanalisierung in den legalen Markt gefährdet werden könnte. Die Ergebnisse sprechen eine klare Sprache.

Das RUB-Institut für Glücksspiel und Gesellschaft (GLÜG) wurde am 21. März 2019 offiziell eröffnet. Die Geschäftsführung hält Prof. Dr. Julian Krüper, spezialisiert auf Verfassungstheorie, Öffentliches Recht und interdisziplinäre Rechtsforschung. Der Jurist sieht in dem Institut einen zentralen Ort des Austauschs von Glücksspielpraxis, Politik, Verwaltung, Rechtsprechung und Wissenschaft. Auch die Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität und die sozialwissenschaftliche Fakultät der Uni Wuppertal sind an dem Projekt beteiligt. Untersucht wird das Thema Glücksspiel als soziales Phänomen, außerdem stehen sinnvolle Regulierungsstrategien im Vordergrund.

Kanalisierung in den legalen Markt gefährdet

Wie aus dem Untersuchungsbericht des Instituts hervorgeht, ist es das offizielle Ziel des GlüNeuRStV (§ 1 Satz 1 Nr. 2) eine geeignete Alternative zum nicht erlaubten Glücksspiel zu schaffen. Der natürliche Spieltrieb der Bevölkerung soll in geordnete und regulierte Bahnen gelenkt werden, was den unzureichend regulierten Schwarzmarkt eindämmen soll. Im Klartext zielt das Gesetz also auf eine erfolgreiche Kanalisierung in den legalen Markt ab.

Diese Kanalisierung bildet laut RUB die Grundvoraussetzung zur Erreichung aller weiteren Ziele, zum Beispiel Spieler-, Kinder-, und Jugendschutz sowie die Vermeidung von Spielmanipulationen. Darüber hinaus sei die Kanalisierung nur durch eine effektive Besteuerung des Sektors zu erreichen. Diese müsse die einzelnen Glücksspielformen berücksichtigen und gleichzeitig dafür sorgen, dass das legale Angebot für Spieler attraktiv genug bleibt.

Problem: Anpassung der Auszahlungsquote

Genau hier sehen die Forscher ein gravierendes Problem: Da die Steuer bei Online Spielautomaten nicht auf die Bruttospielerträge – das heißt, auf die Differenz zwischen Spieleinsätzen und Auszahlungen – erhoben werden soll, sondern auf die Spieleinsätze, also den eingesetzten Betrag pro Spiel, seien Anbieter dazu gezwungen, die Auszahlungsquoten, die sogenannte RTP (Return to Player), neu auszurichten.

Die RTP liegt bei seriösen Online Casinos eigentlich bei etwa 96 Prozent. Dies bedeutet, dass Spieler durchschnittlich 96 Prozent ihrer Einsätze zurückerhalten, während 4 Prozent an das Casino gehen. Die Einsatzsteuer von 8 Prozent sorge jedoch dafür, dass die Anbieter Verluste einfahren, sofern sie die Auszahlungsquoten nicht angleichen. Die Steuerlast würde die Einnahmen übersteigen. Die Einsatzsteuer wirke laut Studie wie eine Bruttospielertragssteuer von 200 Prozent.

Laut Untersuchungsbericht können Online Casinos unter einer derart hohen Steuerlast nicht wettbewerbsfähig bleiben. Die Anbieter müssten die RTP real auf 88 Prozent senken, was die Attraktivität der legalen Angebote stark vermindern würde. Die Erhebung der Einsatzsteuer würde außerdem in krassem Gegensatz zu den Regeln anderer regulierter EU-Länder stehen, wo eine Steuer auf die Bruttospielerträge erhoben wird. Spieler würden folglich bei diesen Anbietern spielen, das oberste Ziel des neuen Gesetzes, die Kanalisierung in den legalen Markt, wäre damit gescheitert.

Probleme auch in Sachsen-Anhalt

Abgesehen von dem Steuerproblem droht das neue Glücksspielgesetz zurzeit in Sachsen-Anhalt zu kippen. Ausgerechnet dort, wo die neue zentrale Glücksspielbehörde entstehen soll, äußerte die SPD-Fraktion Bedenken hinsichtlich des geplanten Einsatzlimits von 1.000 Euro pro Monat. Da Sachsen-Anhalt mit das niedrigste Pro-Kopf-Einkommen in Deutschland aufweise, sei zu schnell eine kritische Grenze erreicht. Man benötige Zeit für neue Verhandlungen, so das Kredo der Abgeordneten.

Das neue Glückspielgesetz wurde bereits von den 16 Länderchefs der Bundesrepublik bewilligt, nun müssen mindestens 13 der 16 Länderparlamente zustimmen. Die Stimme von Sachsen-Anhalt ist aufgrund seiner Sonderrolle jedoch zwingend erforderlich. Sollte es zu keiner Einigung kommen, droht ein jahrelanger Regulationsmarathon auf den letzten Metern zu scheitern. Ob es dazu kommt, bleibt vorerst abzuwarten.

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