Phil Ivey muss 10 Mio. US-Dollar zurückzahlen

Der zehnfache WSOP-Bracelet-Gewinner Phil Ivey, muss laut Gerichtsbeschluss eine sofortige Gewinnrückzahlung von umgerechnet 8,6 Mio. Euro an das Borgata Hotel Casino & Spa in Atlantic City, New Jersey, leisten – ohne weitere Aufschübe, heißt es. Der Prozess zieht sich schon seit 2012.

Dass Phil „No Home Jerome“ Ivey, der zurzeit vielleicht bekannteste Pokerspieler der Welt, den wahrscheinlich größten Pot seines Lebens auf Heller und Pfennig an Borgata zurückzahlen muss, ist bereits seit Dezember 2016 beschlossene Sache. Der inzwischen seit über sechs Jahren geführte Marathonstreit um die Legitimität, bzw. Illegitimität der „Punto Banco Baccarat“-Gewinne aus 2012, geht jedoch scheinbar erst jetzt in die letzte Runde.

Die Entwicklungen dürften dabei kaum im Sinne des 41-Jährigen Poker-Profis Ivey liegen. Der zehnfache WSOP-Bracelet-Gewinner (2000, 2002, 2005, 2009, 2010, 2013, 2014), World of Poker-Tour-Sieger 2008 und nicht zuletzt Poker-Hall of Famer, wird aktuell per Gerichtsbeschluss zur „unverzüglichen Rückerstattung“ der 10 Mio. US-Dollar-satten Gewinnsumme an das Borgata Casinohotel gezwungen. Bereits seit April 2014 hatte der MGM-angehörige Gastgeber aus Atlantic City gegen den in Las Vegas wohnenden Poker-Superstar geklagt. Gestellt werden Schadensersatzansprüche in Millionenhöhe. Zur Last gelegt werden Ivey Falschspiel und Betrug.

Zwei Mal hat Ivey unterdessen schon Revision eingelegt, die Rückzahlung ließ er zuletzt immer wieder aufschieben. Die geforderte Summe sei nicht zu erbringen, ohne dabei selbst „deutlichen beruflichen Schaden“ davonzutragen, lautete die eher fadenscheinige Begründung. Parallel dazu feierte Ivey sein internationales Comeback auf großem Fuß und spielte auf der diesjährigen WSOP in Las Vegas das $1.000.000 Big Drop Turnier.

Die unmittelbare Konsequenz der Inszenierung war nahliegender Weise eine gerichtliche Beschwerde von Seiten Borgatas: „Ivey kann zahlen“, lautete logischerweise das Kredo, welches jüngst auch durch Noel Hillman, oberster Richter am NJ-District Court (NJDC), der höchsten Justizinstanz New Jerseys, via Urteilsspruch bekundet wurde. Der Fall Borgata vs. Ivey läge hier nach eigenen Angaben schon seit Eröffnung auf dem Schreibtisch. Dass der Vorsitzende die Akte endlich schließen will, weshalb weitere Verzögerungen in Zukunft zu missbilligen seien, erscheint gerade im Hinblick auf Iveys finale Steilvorlage nur sinnvoll und verständlich.

Zur Vorgeschichte

Das Vergnügungs-Resort hatte das Poker-Ass 2012 zur Teilnahme an insgesamt vier Punto Banco Baccarat-Abenden nach Atlantic City eingeladen. Sein Erscheinen knüpfte Ivey hier vorab an eine Reihe exzentrisch anmutender Forderungen: Der Croupier sollte Mandarin sprechen können, zudem sollte eine mechanische Mischmaschine eigesetzt werden. Überdies legte der populäre ‚Special-Guest‘ auch die Spielkarten-Marke fest. Letzten Endes kreuzte Ivey in Begleitung seiner rückblickend eher zweifelhaften Partnerin, Cheung Yin Sun, auf.

Im Verlauf manipulierte das Pärchen die Spielserien zu ihren Gunsten, mittels der sogenannten Edge Sorting-Methode. Hierbei handelt es sich um eine Verfahrensweise, bei der minimale geometrische Unterschiede auf den Kartenrückseiten zum Spielvorteil genutzt werden – doch nur sofern entsprechende Vorbereitungen getroffen werden:

Yin Sun muss demnach dazu in der Lage gewesen sein, ebenjene Mikro-Differenzen zu klassifizieren. Im Wissen, dass die Muster auf den Kartenlängsseiten besondere Eigentümlichkeiten aufweisen, forderte sie den Croupier fortlaufend auf Mandarin dazu auf, hochwertige Karten umzudrehen. Die Längsseiten konnten somit ihre Position beibehielten, während schlechte Karten seitwärts aufgedeckt wurden. Erst einmal gesichtet, bliebt die Kartenabfolge durch die Nutzung der Mischmaschine obendrein dauerhaft gleich.

Genauere Details, zum Beispiel in punkto Informationsübertragung, sind an dieser Stelle (natürlich) nicht bekannt geworden. Sicher ist jedoch, dass Ivey an Yin Suns Erkenntnisse anknüpfen konnte und folglich damit begann, immer höhere Tischlimits zu platzieren – und infolgedessen zu kassieren – solange, bis knapp 10 Mio. US-Dollar „erschwindelt worden“ seien, empören sich die Gastgeber bis heute.

Spektakuläre Lektion

Wie es heißt seien Ivey zwar nicht die genauen Kartenwerte bekannt gewesen, dennoch ermögliche Edge Sorting (z. dt. Kanten-Sortierung) eine erheblich verbesserte Einschätzung hinsichtlich der Kartenrelevanz. Dass das glattweg dreiste System aufgeht, beweist zusätzlich der im Oktober 2017 abgeschlossene Crockford-Club-Prozess: Auch hier hatte Ivey 2012 über 9 Mio. Euro ‚mitgehen lassen‘. Auch hier geschah dies mit Hilfe von Edge Sorting. Auch in diesem Fall zog sich der Prozess über fünf Jahre lang hin.

Auf Grund seiner zwar durchaus spektakulären, doch gleichsam höchstunlauteren Methoden, ging die Poker-Persönlichkeit Phil Ivey auch aus diesem Verfahren, als Verlierer hervor. Der vermeintliche Millionen-Gewinn floss geradewegs in die Kassen des bereits 1828 in London gegründeten Edelcasinos zurück. Dass sich Borgata hier folglich ebenfalls als Opfer eines perfide-ausgefeilten Trickbetrugs sieht, erscheint angesichts der besagten Hintergründe mehr als nachvollziehbar. Die langjährige Forderung nach Schadensersatz dürfte infolge des aktuellen NJDC-Urteils, nun wohl endgültig zu ihrer hart erkämpften Rechtwirksamkeit gelangen.

Schlussendlich bleibt klarzustellen, dass Iveys wahrlich finessenreiche Vergehen, summa summarum nicht finessenreich genug waren. Dass sich die Sachverhalte darüber hinaus in derartig breitgefächerten, juristischen Sonder-Sphären verflüchtigen konnten, ist zuletzt vor allem den Einwilligungen der Veranstalter selbst geschuldet. In diesem Sinne enthält Phil Iveys skurrile Bedarfsliste zumindest eine Reihe äußerst lehrreicher Lektionen für die Zukunft. Ob das letzte Wort in dem Diskurs damit aber wirklich gesprochen ist, bleibt sicherheitshalber abzuwarten.

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