Phil Ivey gegen Borgata Casino – Prozess geht in die nächste Runde

Die rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Phil Ivey und dem Borgata Casino gehen weiter. Pokerprofi Ivey hatte 2012 bei mehreren Besuchen in Atlantic City beim Baccarat 9,63 Millionen Dollar (etwa 9 Mio. Euro) gewonnen.

Phil Ivey am Tisch

©Matt Waldron, Lizenz Pokerprofi Phil Ivey

Die Rechtmäßigkeit der Gewinne ist zweifelhaft – Ivey hatte durch sogenanntes „edge sorting“ einen Vorteil erhalten. Das Borgata Casino verklagte den Pokerspieler auf Erstattung der Verluste. In den bisherigen Instanzen hat die Spielbank mit ihrer Forderung überzeugen können. Ivey wurde jeweils zur Rückzahlung verurteilt. Doch der vielleicht bekannteste Pokerspieler der Welt (10 „Bracelets“ bei der World Series of Poker) bleibt bei seiner Rechtsauffassung und möchte den Fall wenn nötig vor den obersten Gerichtshof bringen.

Der Fall beschäftigt die Gerichte seit Jahren

Die Fakten des Falles im Überblick: Phil Ivey spielte 2012 auf Einladung der Spielbank zusammen mit seiner Begleiterin Cheung Yin Sun bei vier Besuchen im Borgata Casino in Atlantic City „Punto Banco Baccarat“. Als Highroller hatte er zuvor eine Million Dollar als Sicherheit im Casino hinterlegt. Im Vorfeld hatte er an seine Teilnahme einige Bedingungen geknüpft: So solle der Croupier Mandarin sprechen können und eine mechanische Mischmaschine zum Einsatz kommen. Auch die Marke der verwendeten Karten ließ er festlegen. Unter denselben Voraussetzungen hatte Ivey bereits im britischen Crockford’s Casino 7,7 Millionen Pfund gewonnen. Auch das Borgata Casino gewährte ihm seine Forderungen.

Die Muster eines Kartendecks

©Christian Gidlöf Für Cheung Yin Sun wahrnehmbar: Minimalste Abweichungen des Kartenmusters

Zunächst setzte Ivey nur geringe Beträge, bis seine Partnerin das komplette Kartendeck durch „edge sorting“ vorbereitet hatte. Diese Vorgehensweise macht sich minimale Unterschiede der Kartenrückseiten zunutze. Die geometrischen Muster weichen an den langen Kanten einer Karte minimal ab. Cheung Yin Sun ist – im Gegensatz zu Ivey – in der Lage diese Abweichungen zu erkennen. Sie wies den Croupier auf Mandarin an, gute Karten so umzudrehen, dass die langen Kanten ihre Position behielten und schlechte Karten seitwärts aufgedeckt wurden. Durch den Einsatz der Mischmaschine wurde diese Anordnung auch beim Mischen der Karten nicht verändert.

Sobald das komplette Deck auf diese Weise für Yin Sun lesbar war, begann Ivey Einsätze in Höhe des Tischlimits (zunächst 50.000 Dollar, später 100.000 Dollar) zu platzieren. Die genauen Kartenwerte waren Ivey und Yin Sun zwar nicht bekannt. Sie konnten allerdings besser abschätzen, ob es sich um eine hohe und damit relevante Karte handelte oder um eine niedrige. Dieser Informationsvorsprung reichte aus, um dem Casino über vier Besuche hinweg beinahe neun Millionen Euro abzunehmen – ähnlich wie schon zuvor im Crockford’s Club in London.

Betrug oder valide Strategie?

In den bisher ergangenen Urteilen wurde zugunsten der Casinos entschieden. Zwar sei Ivey ehrlich gewesen und habe das Sortieren der Karten offen betrieben und auch nicht geleugnet. Auch dass die Spielbanken seinen Bedingungen zustimmten wird zu seinem Vorteil ausgelegt. Allerdings konstituiere „edge sorting“ einen Eingriff in den Spielablauf, der mit dem Markieren von Karten vergleichbar und somit unzulässig sei. Für den Pokerprofi ergibt sich daraus ein logischer Widerspruch:

Der erste Richter sagt, dass ich nicht unehrlich war und die Berufungsrichter stimmen zu. Dennoch ist die Entscheidung gegen mich gefallen. Kann mir jemand sagen, was ehrliches Schummeln sein soll?“Phil Ivey, Pokerprofi

Nach seiner Auffassung ist es Sache des Casinos, sich vor einem Spieler seines Kalibers zu schützen. Ebenso falle es in die Verantwortung der Spielbank, fehlerfreie Kartendecks zu verwenden und seiner Strategie somit vorzubeugen. Auch das Argument des zu starken Eingreifens in den Spielablauf lässt er nicht gelten. Für ihn verfolge der Einsatz „flirtwilligen Personals“ und der Ausschank alkoholischer Getränke dasselbe Ziel aufseiten der Casinos. Er hofft daher weiterhin auf anderslautende Urteile der höchsten Instanzen. In vergleichbaren Fällen wurde bereits zugunsten der Spieler entschieden, die sich beispielsweise nicht-gemischte Kartendecks im Casino zunutze machten.

Das Borgata Casino geht indes auch gegen den Kartenhersteller Germanco Inc. vor. Diesem seien die Unregelmäßigkeiten der Kartenrücken vorzuwerfen. Allerdings waren diese weder für Experten der Glücksspielbehörde noch des Casinos erkennbar – es erscheint also fragwürdig, ob die Klage erfolgreich sein kann. Hierin könnte dennoch eine Chance für Ivey bestehen. Es wäre möglich, dass er seine Gewinne behalten kann, wenn sich das Borgata seine Verluste bei Germanco anstelle des Pokerspielers zurückholen könnte.

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