WSOP-Main Event: John Cynn siegt nach 442 Blättern

Der Pokerweltmeister 2018 kommt aus den USA und heißt John Cynn. Der 33-Jährige konnte sich in einem rund elfstündigen Rekord-Finale gegen seinen Landsmann Tony Miles durchsetzen und somit satte 8,8 Mio. US Dollar (~ 7,5 Mio. Euro) einsacken. Auf der 49. World Series of Poker (WSOP) in Las Vegas traten insgesamt 7.874 Spieler an.

Ein Pressefoto des WSOP-Siegers 2018 John Cynn

Der Pokerweltmeister 2018, John Cynn, siegreich nach fast 11 Stunden, erklärte sich angesichts des epischen Finalspiels selbst für „bekloppt“ und „völlig erschöpft“. (Bildquelle)

Der längst andauernde Final Table in der $10.000 No Limit Hold’em-Geschichte der WSOP, bestehend aus Michael Dyer, Tony Miles und John Cynn, begann ebenso rasant wie überraschend: Mit dem Ausschied des vielfavorisierten „Monsters“ Michael Dyer, der insgesamt zwar ein äußerst dominantes Turnier gespielt hatte, schlussendlich aber nur als Shortstack in die Finalrunde einzog – unter dem Druck, schnellstmöglich zu verdoppeln. Shortstacks sind die ‚Ärmsten‘ am Pokertisch und können die Zwangseinsätze in der Regel nicht lange stemmen.

Entsprechend aggressiv eröffnete Dyer mit gleich drei All-Ins, doch endete sein Angriffsspiel bereits in der 20. Hand, nach einem Call durch Chipleader Miles. Dyer brauchte als River einen König, erhielt jedoch eine Dame, welche sein Schicksal besiegelte und ihn mit einem prallen 3,75 Mio. US Dollar-Preisgeld (~ 3,2 Mio. Euro) nach Hause schickte. Was dann folgte, war ein Mammut-Heads-Up ad infinitum zwischen WSOP-Neuling Tony Miles und John Cynn, der 2017 zumindest noch mit Platz Zehn abgeschnitten hatte.

Nachdem Miles zuerst noch seinen Abstand (203.500.000 zu 190.300.000) vergrößern konnte, übernahm Cynn nach 156 Blättern erstmals die Führung – doch nur um sie schon wenige Züge später wieder zu verlieren: Miles sicherte sich zwei Pots hintereinander, womit Jäger und Gejagter erneut ihre Rollen tauschten. So ging es hin und her über viele Stunden, bis es schließlich vermehrt John Cynn gelang, seinen gewonnenen Vorsprung weiter auszubauen.

Main-Event-Marathon

Mit Blatt 435 stellte sich der bisherige Rekord des Main Events 2008 ein. Noch immer stand kein Sieger fest – gar gelang es Tony Miles nochmals seinen Rückstand zu verkürzen – doch fiel die endgültige Entscheidung schließlich im 442. Blatt:

Cynn raiste zunächst auf 9 Millionen, callte anschließend Miles Re-Raise auf 34 Millionen, woraufhin dieser mit Doppel-König, Fünf floppte und nochmals 32 Millionen setzte. Cynn callte jedoch abermals. Nach einer Acht am Turn jammte Miles zuletzt auf 114 Millionen. Cynn überlegte eine Minute, dann callte er per Kreuz König und Kreuz Bube, womit er Tony Miles – der jetzt sein Blatt aus Kreuz Dame und Herz Acht präsentierte – den finalen Stoß versetzte. Es war vorbei.

Der Gewinner des über zehnstündigen Poker-Marathons hieß John Cynn aus Indiananopolis, Indiana – fortan Pokerweltmeister 2018, Träger des begehrtesten Bracelets der Pokerwelt sowie Gewinner von 8,8 Mio. US-Dollar. Als Sieger in schwerem Kampf zeigte sich Cynn entsprechend emotional, dennoch sei das Preisgeld nicht die einzige Motivation seines Pokerspiels, wie der neue Champ gegenüber Pokernews betonte:

Das Geld ist sehr wichtig, aber ich denke immer daran, dass ich es nicht brauche, um glücklich zu sein. Gleichzeitig denke ich, dass es für mich praktisch gesehen, die Dinge viel einfacher machen wird, mir Dinge ermöglicht, die ich im Leben machen will. Auch für meine Eltern, die sich so viel Geld gar nicht vorstellen können. Es wird definitiv lebensverändernd sein. John Cynn, Pokerweltmeister 2018

„Ein großartiger Champion“

Mit einem $ 5 Mio. dicken Preisgeldbatzen bedacht, geht auch der aus Jacksonville, Florida stammende Tony Miles alles andere als leer aus. Damit kann der 30-Jährige auf ein mehr als lukratives WSOP-Debut zurückblicken, mit dem er sich zugleich von Null auf Platz Zwei der WSOP-Weltrangliste befördert hat. Miles schien angesichts der Niederlage zwar mitgenommen, dennoch lobte er Weltmeister Cynn wie auch das Finale im Allgemeinen, besonders in Anbetracht der nervlichen Ausdauerleistung:

„Wir haben nur wenig bis gar nicht geschlafen – die Nerven und die Angst, die man nachts fühlt – es ist fast unmöglich, zu einer guten Nachtruhe zu finden. Dann kommst du hier rein und du musst fast 11 Stunden im Heads-Up kämpfen. Es war ein Krieg und es war unglaublich. Ich bin mir sicher, dass dies eines der besten Heads-Ups in die Geschichte war. Ich habe eine Menge Respekt für Cynn. Er wird ein großartiger Champion sein und ich freue mich wirklich für ihn.“

Die 1970 begründete World Series of Poker gilt als größtes Live-Pokerturnier der Welt und wird jährlich in Las Vegas, seit 2005 im Rio All-Suit Hotel and Casino ausgetragen. Der Gesamtpreis-Pool betrug dieses Jahr unglaubliche 74.015.600 Mio. US-Dollar, gespielt wurde über 13 Tage am Stück, was insbesondere für die Final-Spieler enormen physischen wie kognitiven Stress bedeutet.

Der frischgebackene WSOP-Champion John Cynn hatte sich gar zu Beginn des Finales schon über „ziemlich heftige Erschöpfung“ beklagt – „das Adrenalin hält dich am laufen“, erklärte er und behielt Recht damit: In der Tat liefen beide Finalisten gegen Ende zur absoluten Höchstform auf, wodurch sich sämtlichen Pokerfans dieser Welt ein unerwartet spannendes Kopf-an-Kopf-Duell und nicht zuletzt episches Finale bot, an welchem sich zukünftige Final Tables wohl noch eine ganze Zeit lang zu messen haben.

Der beste Deutsche des Turniers, Michael Feil, schnitt übrigens auf Platz 65 mit einem Preisgeld von umgerechnet immerhin knapp 93.000 Euro ab.

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