Österreich: Ligen drohen riesige Verluste

Die Glücksspielreform in Österreich ist in vollem Gange – eine neue Aufsichtsbehörde soll die Fallstricke der bisherigen Regulierung entflechten, parallel wird über drastische Beschränkungen debattiert. Darunter: Ein pauschales Werbeverbot für Glücksspielanbieter im Sport. Dagegen wehren sich nicht nur Verbände wie die OVWG (Österreichische Vereinigung für Wetten und Glücksspiel), sondern auch die Sportligen. Diesen drohen im Falle eines Sponsoringverbots millionenschwere Verluste. Mit welchen Entwicklungen ist zu rechnen?

Das Stadion und die Trainingsanlage des FK Austria Wien.

Die OVWG hatte der Regierung zuletzt mangelnde Transparenz bei der Reform vorgeworfen. ©hrryst/Pixabay

Kongress zum Thema Sport & Marke

Mit Blick auf die Glücksspielreform in Österreich hatte die OVWG Ende März mehr Transparenz von der Regierung gefordert. Sportligen und -verbände haben sich dieser Kritik nun angeschlossen und einen Protestbrief an Sportminister Werner Kogler verfasst. Hintergrund ist das geplante Sponsoringverbot für Glücksspielanbieter im Sport. Dieses würde millionenschwere Einbußen für die Ligen bedeuten, denn Buchmacher sind eine feste Größe im Finanzhaushalt.

Im Februar hatte Wien erstmals die Eckpfeiler der Reform skizziert, wodurch der Disput ausgelöst wurde. Neben dem Aufbau einer neuen Glücksspielbehörde und dem Shutdown nichtlizenzierter Online Casinos sorgte das pauschale Werbeverbot unmittelbar für Kritik vonseiten der Branche und des Sports. Bei einem aktuellen Kongress unter dem Title Sport & Marke wurde in Wien nun ausgiebig über das Thema diskutiert.

Zugegen waren Vertreter aus Glücksspiel und Sport, diese erklärten einstimmig, dass sowohl der Profi- als auch der Breitensport von den Partnerschaften mit Buchmachern abhängig seien. Sollte das Verbot des Wettsponsorings umgesetzt werden, würde eine erhebliche Budgetgrundlage des österreichischen Breiten- und Spitzensports ausfallen, so Christian Feichtinger, Geschäftsführer der bet-at-home ICE Hockey League.

Binnen letzter Monate ist es mehrfach zur Kritik an Österreichs Glücksspielregeln gekommen. Im Oktober 2020 sorgte eine Studie der Universitäten Osnabrück und Passau für Unmut, da die Forscher zu dem Ergebnis gelangten, dass das Glücksspielgesetz des Landes gegen das EU-Recht verstößt. In Auftrag gegeben wurde die Untersuchung von der OVWG, die schon seit Jahren kritisiert, dass EU-lizenzierte Online Glücksspielanbieter in Österreich diskriminiert werden. Auch im Zuge der jetzigen Reform ginge es der Regierung erneut darum, das staatliche Monopol der Casinos Austria zu schützen. Ein Loslassen vom veralteten Monopolmodell sei nicht in Sicht.

Damoklesschwert über der Branche

Laut Claus Retschitzegger, Präsident der OVWG, stelle die geplante Reform dem Sektor kein gutes Zeugnis aus – über der Branche hinge das redensartliche Damoklesschwert. Dabei mache das Online Glücksspiel inzwischen über die Hälfte der jährlichen Erträge aus. Im Falle von drastischen Blockaden hätten die Sportwettanbieter weniger Sponsoringgeld zur Verfügung. Im Umkehrschluss leide schließlich der Sport und die Vereine. Man sollte sich die zukünftigen Schritte daher gut überlegen, so der Vorsitzende.

Prinzipiell begrüße die OVWG die längst überfällige Reform in Österreich. Es mangle jedoch an der richtigen Perspektive und den richtigen Regulierungsinstrumenten. Ein zeitgemäßes spielerfreundliches Lizenzsystem müsse eingeführt werden. Dieses würde eine Win-win-Situation für alle Beteiligten schaffen. In vielen Ländern gebe es Beispiele für eine erfolgreiche Regulierung, zum Beispiel in Dänemark und Großbritannien.

Österreich bilde in Bezug auf die Lizenzierung ein Schlusslicht in Europa. Die Reaktionen vonseiten der Regierung seien sehr verhalten. Man hoffe auf ein Einlenken und einen offenen Dialog. Im neuen Gesetz stehe geschrieben, dass die Politik und die Wettanbieter nicht miteinander sprechen dürfen. Dabei sei ein Konsens sowie ein konstruktiver Austausch dringend erforderlich, um den Herausforderungen des digitalen Glücksspiels zu begegnen.

Der fehlende Dialog zwischen Branche und Politik wurde von OVWG-Präsident Retschitzegger massiv kritisiert: Bei der OVWG handle es sich schließlich um einen Steuerzahler und Arbeitgeber. Es sei daher gänzlich unverständlich, nicht in den aktuellen Diskurs miteinbezogen zu werden. Lediglich aus den Medien würde man über die neuesten Pläne erfahren. Dabei hätten die Änderungen am Glücksspielgesetz gravierende Auswirkungen auf die Mitgliedsunternehmen und den Breitensport. Ligen, Vereinen und Veranstaltern drohe ein Finanzdilemma. Ohne ein Onlineangebot gingen alleine dem Sportsektor mehrere 100 Millionen Euro verloren.

Vehemente Kritik am Glücksspielmonopol

Tatsächlich gehört Österreich, zusammen mit Norwegen und Finnland, zu den letzten Ländern in Europa, die noch an einem veralteten Glücksspielmonopol festhalten. Die Situation wird seit Jahren von Industrieverbänden wie der OVWG und der EGBA kritisiert – unter anderem betonte Raffaela Zillner, Generalsekretärin der OVWG, in einem Gespräch mit der Kronen Zeitung im Mai, dass die Regelungen nicht EU-konform sind.

Würde die Novelle in der momentanen Fassung freigegeben, so Zillner, würde dies bedeuten, dass es zukünftig nur noch einen einzigen Online Glücksspielanbieter in ganz Österreich gibt. Dieser wäre das staatliche Monopol der Casinos Austria, welches ein Online Casino über seine Plattform win2day betreibt. Alle anderen Anbieter, die in der EU lizenziert sind, würden mit etwaigen internationalen Firmen gleichgesetzt.

Betroffen wären Anbieter, die in Österreich Steuern zahlen und Arbeitsplätze generieren – diese würden gesetzlich genauso behandelt, wie Betreiber aus Asien oder der Karibik. Daher müsse man sich die Frage stellen, ob das Glücksspielmonopol wirklich den österreichischen Markt stärkt und dem Spielerschutz zugutekommt. Man fordere in diesem Sinne die Abschaffung des Monopols zugunsten eines modernen Lizenzsystems nach europäischen Standards.

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