DGOJ-Chef: Glücksspiel unproblematisch

Die neuen spanischen Glücksspielregeln, darunter drastische Werbeverbote, sorgen weiterhin für Schlagzeilen: Laut Mikel Arana, Chef der Regulierungsbehörde DGOJ (Dirección General de Ordenación del Juego), stellen Glücksspiele in Spanien kein Problem für die öffentliche Gesundheit dar. Hierfür bezog sich der Vorsitzende nicht nur auf eigene Untersuchungen, sondern auch auf eine aktuelle Studie der Universität Madrid. Wie sehen die Ergebnisse aus?

Eine Person blickt auf das Spielfeld des FC Barcelona.

Das Verbot von Wettsponsorings trifft vor allem den spanischen Spitzenfußball. ©EdgarChaparro/Unsplash

Kaum Schäden durch Glücksspiel?

Bei einer Telefonkonferenz, die von der Madrider Arbeiterkommission (CCOO) organisiert wurde, hat DGOJ-Chef Mikel Arana Stellung zu den im Oktober 2020 in Kraft gesetzten neuen Glücksspielregeln des Landes bezogen: Hiernach stellen Glücksspiele in Spanien momentan kein Problem für die öffentliche Gesundheit dar. Dennoch müsse dafür gesorgt werden, dass problematische Spielweisen nicht zunehmen.

Die neuen Regularien sind umstritten und warten unter anderem mit drastischen Werbebeschränkungen für private Anbieter auf. Es gilt ein Verbot von glücksspielbezogenem Sponsoring und Boni. Dazu kommt ein umfassendes Verbot audiovisueller Glücksspielwerbung. Ausnahmen gelten lediglich zwischen 01:00 und 05:00 Uhr morgens. Besonders im Sportbereich, wo Wettsponsorings inzwischen festverankert sind, werden millionenschwere Verluste befürchtet.

Trotz des harten Durchgreifens der Regierung sieht Mikel Arana kein Grund zur Besorgnis: Laut Prävalenzstudien der Regulierungsbehörde, würde die überwiegende Mehrheit der Menschen, die spielen, dies nur als Freizeitbeschäftigung tun. Es käme kaum zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen, egal ob im Online Casino oder in der Spielhalle. Dies bedeute aber nicht, dass man aufhören sollte, die Spieler daran zu hindern, ihr Spielvolumen zu erhöhen.

Besonders kritisch sehen spanische Branchenverbände wie Jdigital die Tatsache, dass nur private Glücksspielfirmen von den strengen Maßnahmen betroffen sind, nicht jedoch die staatlichen Lotterien ONCE und SELAE. Die Branche wirft der Regierung daher vor, eine Politik zum Vorteil der Staatsanbieter zu betreiben und sich dabei nicht auf Daten, Fakten oder Studien zu stützen. Es würde, so Jdigital, mit bewusster Willkür und Unverhältnismäßigkeit gehandelt – private Anbieter seien Opfer von Faktenverzerrungen, während die Staatsanbieter die größten Marktanteile besitzen.

Studien bestätigen DGOJ-Chef

Mehrere Studien bestätigen die Aussagen von DGOJ-Chef Mikel Arana, unter anderem der neueste nationalen Drogenbericht des Landes: Hiernach liegt die Prävalenz von problematischen Spielweisen in Spanien bei unter 0,5 Prozent der Bevölkerung im Alter von 15 bis 64 Jahren. Die Zahl soll seit 2015 nicht mehr gestiegen sein, es sei sogar ein Abwärtstrend zu verzeichnen.

Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangt eine aktuelle Studie der Universität Madrid: Demnach liegt die Quote des problematischen Glücksspiels in Spanien bei lediglich 0,3 Prozent, eine der niedrigsten Quoten weltweit. Der Wert kommt zustande, obwohl, so die Studie, 84,9 Prozent der Befragten angeben, jedes Jahr an irgendeiner Form des Glücksspiels teilzunehmen.

Darüber hinaus geht aus Untersuchung hervor, dass die Mehrheit der spanischen Bürger 2019 bei den staatlichen Lotterien ONCE und SELAE gespielt hat: 25,8 Millionen Spieler nahmen an der Weihnachtslotterie teil, 14,5 Millionen an der El Niño-Lotterie, 14 Millionen an den Primitiva-Lotterien und 8,5 Millionen an Rubbellos-Spielen der Marke ONCE.

Die Rubbellose von ONCE erwiesen sich dabei das zweite Jahr in Folge als die beliebteste Form des Glücksspiels, an der 9,9 Prozent der spanischen Bevölkerung teilnahmen. Rubbellose sind auch das Produkt, das mit 50,5 Prozent der Spieler unter 35 Jahren das jüngste Publikum anzieht.

Wie aus den Daten des spanischen Werbeverbandes AEA hervorgeht, generieren die staatlichen Anbieter ONCE und SELAE derweil rund 65 Prozent aller spanischen Glücksspieleinnahmen. Darüber hinaus tätigen die Anbieter 34 Prozent aller glücksspielbezogenen Werbeausgaben. Die Firma ONCE steht dabei an elfter Stelle der Unternehmen, die 2019 am meisten Geld für Werbung ausgegeben haben: 49 Mio. Euro wurden investiert, was mehr als ein Drittel der 145,6 Mio. Euro ausmachte, die die gesamte Glücksspielindustrie 2019 ausgab.

Verstoßen Regeln gegen EU-Recht?

Davon geht der größte europäische Glücksspielverband EGBA (European Gaming and Betting Association) aus. Die drastischen Verbote würden gegen das EU-Recht verstoßen, da die staatlichen Betreiber ONCE und SELAE Vorteile aus der Gesetzgebung ziehen könnten. Die beiden Unternehmen seien von den künftigen Regeln gänzlich ausgeschlossen, während private Anbieter stark beschränkt werden.

EGBA-Generalsekretär Maarten Haijer forderte die spanische Regierung im November mit Nachdruck dazu auf, die harten Maßnahmen zu überdenken. Trotz eines Booms des Online Glücksspiels im zweiten Quartal 2020 seien die staatlichen Lotterien unangefochtener Marktführer. Zudem mangle es an fundierten Daten, Zahlen und Fakten, die die Stringenz der Regelungen rechtfertigen.

Jdigital erklärte, dass die Regelungen wahrscheinlich zu mehr Schaden als Nutzen führen werden. Bereits vor den neuen Beschränkungen sei Spanien einer der am strengsten regulierten Märkte Europas gewesen – sollten die lizenzierten Anbieter nicht mehr ausreichend für ihre seriösen Produkte werben dürfen, drohe eine Abwanderung der Kundschaft in den Schwarzmarkt. Ob es angesichts dieser Argumente zu einem Einlenken der Regierung kommt, bleibt abzuwarten.

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