Corona: Las Vegas kämpft ums Überleben

Trotz Impfungen und sinkender Infektionszahlen hat die Coronakrise das US-amerikanische Casinodelta Las Vegas weiterhin fest im Griff. Wie stark die Glitzerstadt unter der Pandemie leidet, zeigt ein aktueller Report von NTV. Demnach gleicht Las Vegas immer noch einer Geisterstadt, die Touristen, die wichtigste Einnahmequelle, bleiben schlichtweg aus. Die Verluste führten bereits zu Massenentlassungen. Bis zur vollständigen Erholung dürften Jahre vergehen.

Ein einzelnes Auto auf einer Straße in Las Vegas.

Geisterstadtatmosphäre: Normalerweise sind die Straßen von Vegas mit Autos und Touristen überfüllt. ©JulianaMalta/Unsplash

Von Las Vegas nicht mehr viel übrig

Es ist kein Geheimnis, dass der Glücksspieltourismus seit dem ersten Casino-Lockdown in Las Vegas zusammengebrochen ist. Auch nach der Wiedereröffnung sorgten Reisebeschränkungen, strenge Hygienevorschriften, Maskenpflicht und eine staatlich angeordnete Reduktion der Hotel- und Casinoauslastung für einen mehr als schleppenden Neustart. Die Auswirkungen der Pandemie führten unter anderem zu dauerhaften Schließungen und Massenentlassungen.

Wie ein NTV-Report zeigt, steckt die Casinometropole auch 2021 immer noch tief in der Krise: Die Einnahmen aus Casinos, Hotels, Show- und Messehallen lägen weit unter dem Normalniveau. Die Touristenzentren glichen einer Geisterstadt. Der Nachrichtensender spricht von einem schmerzlichen Stillstand, Anwohner von einer unheimlichen und bizarren Situation. Las Vegas sei nicht mehr wie früher, so das Fazit der Reporter.

Der bekannte Elvis-Imitator Jesse Garon äußerte sich vor Ort: Von Las Vegas sei nicht mehr viel übrig, ein derartiges Stadtbild habe er in über 27 Jahren nicht gesehen. Normalerweise würde man eineinhalb Stunden brauchen, um den Strip hinunterzufahren, jetzt benötige man lediglich 30 Minuten. Schon seit 1992 performt Garon in der Wüstenstadt und gehört längst zum festen Showensemble – dies sei jedoch nicht mehr sein Las Vegas.

Las Vegas liegt in Nevada – flächenmäßig einer der größten US-Bundesstaten, der aber nur rund drei Millionen Einwohner zählt. Die meisten davon leben in Clark County, wo auch Las Vegas liegt, welches seitjeher fast komplett auf den Tourismus ausgerichtet ist. Vor der Pandemie reisten jährlich etwa 42 Millionen Touristen in das Glücksspieldelta, 2020 waren es lediglich 19 Millionen. Für Las Vegas eine Katastrophe. Allein der Casinoriese MGM Resort hatte im September 18.000 Mitarbeiter entlassen. Laut Aussagen des Managements liegt die Auslastung des Unternehmens seit längerem bei unter 50 Prozent.

Las Vegas Strip ist wie ausgestorben

Elvis-Imitator Garon stellte den legendären Las Vegas Strip als Hauptindikator für den momentanen Zustand der Stadt heraus: Früher sei der Strip noch um drei Uhr morgens komplett voll mit Autos und Menschen gewesen, nun zähle man pro Block nur einige Fahrzeuge und fünf oder sechs Leute. Zudem hatte Garon vor der Pandemie jeden Tag mindestens eine Touristentour mit dem Auto gemacht – seit dem ersten Lockdown war es jedoch nur noch eine einzige.

Auch sein dritter Geschäftszweig – Hochzeiten in der berühmten Little White Chapel – ist zum Erliegen gekommen. Vor der Pandemie folgte dort Hochzeit auf Hochzeit, zehn Prozent aller Touristen, so Garon, würden nur nach Las Vegas kommen, um zu heiraten. Man könne sich selbst ausmalen, wie es nun um das Business bestellt ist. Inzwischen müsste Garon sogar Lebensmittelmarken einlösen und traue sich nur noch mit Hut auf die Straße.

Einwohner kämpfen ums Überleben

Las Vegas steht eigentlich für Glitzer und Glamour, Messen und Shows, Hotels und Gastronomie, Casinospiele und Poker. Aus der Luft schillert die Stadt zwar immer noch wie vor der Pandemie, am Boden bahnt sich jedoch ein Kampf ums Überleben an, wie ihn die Metropole noch nie erlebt hat. Geschlossene Geschäfte und die Anzahl an Obdachlosen nehmen zu.

In den Casinos ist nach wie vor nur eine Auslastung von 35 Prozent erlaubt. Viele Etablissements sind nicht mehr rund um die Uhr geöffnet, wie es vor der Pandemie der Fall war. Auch Pools, Bars, Restaurants und Clubs sind größtenteils dicht. Die Leidtragenden sind vor allem die Einwohner, die sich in Las Vegas Existenzen aufgebaut haben und vom Tourismus abhängig sind. Die Anzahl an Kündigungen wächst täglich.

Allein in den ersten drei Monaten der Pandemie hatten 250.000 Menschen ihre Jobs verloren. Der Wirtschaftsexperte Jeremy Aguero führt diese Jobverluste fast ausnahmslos auf den Zusammenbruch des Tourismus zurück. Las Vegas sei weit mehr als Hotels und Casinos – die Stadt lebe generell vom Gastgewerbe und von Freizeitangeboten. Wenn diese Sektoren ausfallen, seien zum Beispiel auch hunderte Taxifahrer oder Flughafenangestellte betroffen. Die Menschen müssten von einem auf den anderen Tag komplett neuanfangen. Die Arbeitslosenquote in Vegas sei inzwischen höher als jede andere Quote einer US-Großstadt, die jemals dokumentiert wurde.

Prozess der Erholung dauert Jahre

Aguero geht davon aus, dass es Jahre dauern wird, um die wirtschaftliche Stabilität in Las Vegas wiederherzustellen. Die schrittweise Wiedereröffnung von Las Vegas schenke zwar Hoffnung, doch gebe es für die Restaurierung keinen Notfallplan oder Rettungsknopf. Zumindest an den Wochenenden würden die Buchungen inzwischen langsam wieder steigen, wie der Nachrichtensender NTV berichtet.

Elvis-Imitator Jesse Garon hofft, bald endlich wieder zu performen. Seit acht Monaten habe er keinen Auftritt mehr gehabt. Geld verdiene er momentan nur durch Glücksspiel am Spielautomaten. Mehrmals habe er bereits darüber nachgedacht Las Vegas den Rücken zu kehren. Da die Zeit vor der Pandemie fantastisch gewesen sei, habe er diesen Schritt aber nicht übers Herz gebracht. Vegas müsse einfach zurückkommen, so das abschließende Kredo.

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