Mystery Boxen in der Kritik: Handelt es sich um illegales Glücksspiel?

  • Der Hype um Mystery Boxen in Deutschland nimmt zu
  • Experten warnen vor Parallelen zum Glücksspiel
  • Minderjährige könnten durch das Angebot gefährdet werden
Mehrere Pakete in einem Lieferwagen

Nicht zustellbare Pakete werden oft als Mystery Boxen weiterverkauft (Symbolbild). © Claudio Schwarz/unsplash.com

Der Reiz der Überraschungspakete

Amazon-Retouren, nicht abgeholte Pakete oder nicht verkauftes Technik-Zubehör bei Media Markt und Saturn werden häufig als sogenannte Mystery Boxen im Internet oder stationär vermarktet. Die Zielgruppe sind Schnäppchenjäger, die darauf hoffen, dass der Wert der enthaltenen Waren den Preis der Mystery Box übersteigt. Teilweise können jedoch auch fast wertlose Gegenstände enthalten sein.

In Deutschland gibt es mittlerweile zahlreiche Automaten, in denen Waren vom Großhändler, nicht zustellbare Pakete oder Retouren gesammelt und verkauft werden. Steve Schuster, der einen dieser Automaten betreibt, sei der Auffassung, dass die Menschen wüssten, “worauf sie sich einlassen”, wie die Schwäbische Zeitung berichtet. Er beschreibe seine Käuferschicht als neugierig und risikofreudig.

Experte sieht Parallelen zum Glücksspiel

Michael Alexandridis, Leiter der Caritas Suchthilfen der Region Bodensee-Oberschwaben, habe jedoch seine Sorge an dem Geschäftsmodell zum Ausdruck gebracht. Er halte das Konzept besonders für Kinder und Jugendliche für problematisch, da diese “anfällig für psychologische Manipulationen” seien. Zudem könnten die Boxen unter anderem nicht jugendfreie Gegenstände enthalten.

Die Erwartungshaltung hinsichtlich des Inhaltes werde durch Online-Videos gesteigert, in denen die Pakete ausgepackt werden. Ähnlich wie bei den inzwischen verbotenen Casino Streams auf YouTube oder Twitch könnte der Eindruck entstehen, dass attraktive Gewinne zu erwarten seien. Allerdings würde der tatsächliche Warenwert des Großteils der Inhalte den Kaufpreis für die Mystery Boxen deutlich unterschreiten.

Laut Alexandridis gebe es klare Parallelen zum Glücksspiel – auch was die langfristigen Folgen betreffe. Er halte es für denkbar, dass die Spielenden sich in der Hoffnung auf lukrative Gegenstände finanziell übernehmen könnten. Der Suchtexperte habe erklärt, dass eine “seriöse Beurteilung potenzieller Risiken” notwendig sei, um das Gefahrenpotential der Mystery Boxen bewerten zu können.

Glücksspielstaatsvertrag hat viele unregulierte Lücken

Im Glücksspielstaatsvertrag werden Mystery Boxen nicht benannt, sodass nicht eindeutig geklärt zu sein scheint, ob diese als Glücksspiel gelten. Ähnliches gilt für sogenannte Lootboxen in Videospielen, die auf einem ähnlichen Prinzip basieren.

Die Anwendbarkeit des Glücksspielstaatsvertrages ist dann gegeben, wenn die Angebote konkret benannt sind. Beispielsweise sind Wetten auf politische Ereignisse nicht erlaubt, weil Wetten laut Glücksspielstaatsvertrag nur auf sportliche Ereignisse abgegeben werden dürfen.

Problematisch ist es jedoch, wenn bestimmte Angebote nicht näher im Glücksspielstaatsvertrag klassifiziert werden. Dazu gehören Mystery Boxen und Lootboxen. Die Rechtsprechung zu den Lootboxen hat gezeigt, dass verschiedene Gerichte in unterschiedlichen Ländern die Situation sehr unterschiedlich einstufen. Das lässt viel Spielraum für eine unregulierte Grauzone.

Automatenaufsteller sieht sich nicht in der Pflicht

Schuster vertrete die Auffassung, dass das Geschäft mit den Mystery Boxen kein Glücksspiel darstelle. Er sehe sich auch nicht in der Verantwortung, seine Zielgruppe in besonderem Maße zu schützen und habe die Situation mit einem Kassierer im Supermarkt verglichen, der nicht hinterfrage, ob er Diabetikern Schokolade verkaufen dürfe.

Ohnehin halte Schuster die Mystery Boxen nur für einen kurzen Trend, der schon bald wieder an Bedeutung verlieren könnte. Dennoch darf man gespannt sein, ob die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) sich der Thematik annimmt, zumal auch das Online-Geschäft wächst.

Sollten Mystery Boxen als Glücksspiel klassifiziert werden, könnte sich der Markt schnell verändern. Es könnte erforderlich sein, eine Lizenz der GGL erforderlich sein wird, um Mystery Boxen zu verkaufen. Ob kleine Automatenhersteller sich diese leisten können, darf angezweifelt werden.

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