Zukunft von Westspiel ungewiss

Die staatliche Casino-Gruppe Westspiel (NRW) hat ihre Pforten aufgrund der Covid-19-Pandemie geschlossen. Nach einer positiven Entwicklung im vergangenen Jahr werden nun Millionenverluste erwartet. Politiker der SPD und Grünen fordern daher eine Aussetzung der geplanten Privatisierung. Ist das Unternehmen samt seiner Mitarbeiter zu retten?

Der Brunnen der Westspiel-Spielbank Aachen.

Die Westspiel-Spielbanken (hier Aachen) zählen zu den bekanntesten deutschen Casinos. ©Bkowsky/Pixabay

Schließungen bis 19. April

„Die Gehälter für den März sind gesichert“, kommentiert ein Westspiel-Sprecher die derzeitige Ausnahmesituation. Durch die weltweite Covid-19-Pandemie kommt es auch bei der staatlichen Casino-Gruppe Nordrheinwestfalens zum Totalausfall. Das Glücksspielunternehmen hält seit dem 14. März alle vier Spielbanken und sämtliche Restaurants geschlossen. Durch die Gesundheitskrise entgehen Westspiel zurzeit millionenschwere Einnahmen.

Konkret betroffen sind die landbasierten Spielbanken in Aachen, Bad Oeynhausen, Duisburg und Dortmund (Hohensyburg), weitere Beteiligungen hält die Gesellschaft an Etablissements, die in Bremen und Bremerhaven stationiert sind. In Dortmund befinden sich außerdem zwei Restaurants sowie eine Tanzlokalität. Insgesamt zählt Westspiel rund 1.000 Mitarbeiter. Die Schließungen gelten bis mindestens zum 19. April.

Positive Bilanz 2018 und 2019

Die Verordnungen wirken sich umso schwere auf die Casino-Gruppe aus, da in den letzten beiden Jahren immer mehr Besucher gezählt wurden. Die Einnahmen wuchsen kontinuierlich, was für die Gesellschaft das Hauptargument war, von der geplanten Westspiel-Privatisierung abzusehen. Die Landesregierung Düsseldorf hatte den Betreibern mehrfach Misswirtschaft vorgeworfen und nach einem Käufer gesucht.

Die Zahlen aus 2018 sprechen jedoch eine andere Sprache. Hier erzielte Westspiel einen Bruttospielertrag von 107 Mio. Euro. Wie laut Spielbankverordnung vorgesehen, wurden mehr als 50 Mio. Euro an den Haushalt abgeführt. Dies entspricht knapp 9 Mio. pro Monat. Für 2019 liegen zwar noch keine offiziellen Zahlen vor, dennoch erklärte der Vorstand der zuständigen NRW-Bank, eine weitere „positive Entwicklung“ zu erkennen.

Privatisierung auf der Kippe?

Trotz der positiven Entwicklungen könnte die Covid-19-Pandemie Westspiel nun wieder in den Keller ziehen. Da unabhängig von der globalen Gesundheitskrise jedoch ein Aufwärtstrend ersichtlich sei, fordert die rot-grünen Oppositionsfraktionen nun die geplante Privatisierung zu verschieben oder sogar komplett aufzugeben.

„Wir sehen da keine Dringlichkeit. Das ist nicht eine Sache, die zur kritischen Infrastruktur gehört“, erklärte Monika Düker, Fraktionschefin der Grünen, gegenüber der Tageszeitung AZ. Demnach sei eine nach Ostern geplante Anhörung zur Änderung des Spielbankgesetzes wegen der erhöhten Vorsichtsmaßnahmen einfach in eine schriftliche Formalie umgewandelt worden.

Aufgrund vieler ungeklärter Fragen wolle man weiterhin auf eine ordentliche Verhandlung mit entsprechenden Experten beharren. Für die Verabschiedung des Gesetzentwurfes habe man einen Zeitplan erstellt, der in der momentanen Krise unmöglich einzuhalten sei. Die Grünen fordern an dieser Stelle eine klare Verschiebung. Zur Unterstützung wurde auch die SPD mit ins Boot geholt.

Diese hatte der schwarz-gelben Regierung ebenfalls vorgeworfen, einen zu hohen Zeitdruck in Bezug auf die Privatisierung auszuüben. Die Koalition hatte ihre Entscheidung 2018 getroffen und wollte die nötige Gesetzesänderung schnellstmöglich durchs Parlament kriegen. Um in Rekordzeit einen passenden Käufer zu finden, wurde sogar eine weitere Casino-Lizenz für einen beliebigen Standort versprochen.

Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Stefan Zimkeit, erklärte, dass für eine derartig hohe Geschwindigkeit „keine Notwendigkeit“ bestehe, auch die Privatisierungspläne der Regierung wären unnötig. Grünenchefin Düker sieht die Privatisierung ebenfalls kritisch. Viele wichtige Anliegen, zum Beispiel Standortgarantien, würden in den Plänen der Regierung nicht berücksichtigt.

Drohen Jobverluste?

Die Angestellten von Westspiel, darunter Croupiers, Kassierer, Techniker, Servicemitarbeiter und Verwaltungsangestellte, sehen das ähnlich. Bereits seit Oktober kämpfen die Mitarbeiter um ihre Jobs. Gefordert werden Standortgarantien für die einzelnen Spielbanken. Außerdem forderten Sprecher die Etablierung eines Mittelsmannes, der als Sprachrohr zwischen Westspiel und Düsseldorf fungieren soll.

Gegen die Privatisierung herrscht bei Westspiel zurzeit „geschlossene Solidarität“. Befürchtet wird ein Stellenabbau infolge der Privatisierung. Aus diesem Grund fordert Arbeitnehmervertreter Michael Hütte eine Arbeitsplatzgarantie. Die Interessen der Mitarbeiter würden bisher „an keiner Stelle berücksichtigt“, so das deutliche Kredo. Seit November letzten Jahres kam es daher vermehrt zu Demonstrationen unter Westspiel-Mitarbeitern.

Düsseldorf hält Kurs

Nordrheinwestfalens Finanzminister Lutz Lienenkämper hält jedoch dagegen. Zuletzt betonte der Politiker, dass der neue Gesetzesentwurf „ganz maßgeblich dazu beitrage, die Interessen der Beschäftigten im Verkaufsprozess zu berücksichtigen“. Vonseiten des Westspiel-Managements wird dies jedoch bezweifelt. Die NRW-Bank habe den Angestellten lediglich einen Kündigungsschutz von zwei Jahren in Aussicht gestellt, dies nur unter „Abstrichen bei den bisherigen Konditionen“.

Des Weiteren halten die Verantwortlichen an ihrem Hauptargument der Unwirtschaftlichkeit fest. Lienenkämper sprach von einem „dauerhaft defizitär und katastrophal geführten Unternehmen“, man habe „viel Geld verbrannt“. Auch hier halten die Spielbanken weiter dagegen. Zum Zeitpunkt der Überprüfung 2016 hätten keine Geschäftsberichte für 2017 und 2018 vorgelegen. Eine Privatisierung sei daher „wirtschaftlich sinnlos“.

Es bleibt ungewiss, wie sich die aktuellen Schließungen langfristig auf den Zustand der Westspiel GmbH auswirken. Klar ist, dass Finanzminister Lienenkämper eine schwache finanzielle Position des Unternehmens infolge der Corona-Krise dazu ausnutzen könnte, die Privatisierung weiter voranzutreiben. Die Entwicklungen bleiben vorerst abzuwarten.

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