Westspiel-Mitarbeiter kämpfen um ihre Jobs

Die Mitarbeiter der vier nordrheinwestfälischen Spielbanken wehren sich gegen die geplante Privatisierung der landeseigenen Westspiel GmbH. Grund ist vor allem die Angst vor Jobverlusten, argumentiert wird unter anderem mit dem Spielerschutz. Die Regierung stellt sich bislang jedoch stur. Hier ein Überblick zum Geschehen.

Die Spielbank Dortmund, Hohensyburg.

Auch die Mitarbeiter der deutschlandweit bekannten Spielbank Dortmund, Hohensyburg, sind betroffen. (©Wikipedia)

Mehrarbeit statt Jobgarantie

Schon seit Mai letzten Jahres ist klar, dass die schwarze-gelbe Landesregierung NRW die staatliche Westspiel GmbH samt ihrer vier landbasierten Spielbanken (Aachen, Dortmund (Hohensyburg), Duisburg und Bad Oeynhausen) privatisieren möchte. Eine entsprechende Gesetzesnovelle liegt bereits seit September 2018 auf dem Tisch, bis Ende 2020 könnte demnach ein neues Spielbankgesetz in Kraft gesetzt werden. In diesem Zusammenhang wird zurzeit nach einem einzelnen Konzessionsinhaber für die vier Casinos gesucht. Zu vergeben sind obendrein zwei weitere Standorte, die sich der jeweilige Investor selbst aussuchen könnte.

Von dem Schritt betroffen sind rund 1.000 Mitarbeiter, darunter Croupiers, Kassierer, Techniker, Servicemitarbeiter und Verwaltungsangestellte. Diese wehren sich nun allesamt gegen den Verkauf des Unternehmens und kämpfen um ihre Arbeitsplätze. Neben der Angst vor dem Jobverlust wird unter anderem mit dem Spielerschutz argumentiert. Dieser würde in privaten Casinos nicht so ernst genommen wie in staatlichen. Scharf kritisiert wird hingegen sowohl das Management als auch die Regierung in Bezug auf die Forderung einer langfristigen Arbeitsplatzgarantie.

„Ich erkenne nicht, dass unsere berechtigten Interessen berücksichtigt werden“, schimpfte diesbezüglich Arbeitnehmervertreter Michael Jütte am vergangenen Dienstag (08.10.) gegenüber den Vertretern der SPD-Landtagsfraktion. Auch Jens Hashagen, Gesamtbetriebsratschef der Dortmunder Spielbank Hohensyburg, zeigte sich empört und betonte: „Es ist nicht geplant, uns irgendetwas zu geben“.

Ausschlaggebend für die schlechte Stimmung ist die Tatsache, dass sich die Regierung bislang weigert, den Mitarbeitern eine langfristige Arbeitsplatzgarantie auszustellen. Stattdessen fordere die Geschäftsführung inzwischen zweieinhalb Stunden Mehrarbeit pro Woche sowie einen Verzicht auf den regulären Kündigungsschutz. Schon seit 2015 sei es außerdem zu keinen Gehaltserhöhungen mehr gekommen.

Laut Aussagen der Sprecher versuche der NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper stattdessen die möglichen Konsequenzen der Privatisierung zu verharmlosen und herunterzuspielen. Der neue Gesetzesentwurf trage demnach „ganz maßgeblich dazu bei, die Interessen der Beschäftigten im Verkaufsprozess zu berücksichtigen“. Dies wird vonseiten des Betriebsrats jedoch massiv angezweifelt: Hashagen betont, dass die Anwaltskanzlei der zuständigen NRW-Bank den Angestellten lediglich einen Kündigungsschutz von zwei Jahren in Aussicht gestellt habe. Dies zudem nur unter der Voraussetzung, „dass wir zu Abstrichen bei den bisherigen Konditionen bereit sind“.

Dass unter den Mitarbeitern schon jetzt ein hoher Krankenstand von über 10 Prozent vorherrscht, verwundert den Betriebsratschef in diesem Sinne kaum: „Offenbar geht es der NRW-Bank und der Landesregierung allein um den Verkaufserlös, da stören die Mitarbeiter nur“, so das deutliche Fazit des Sprechers gegenüber der Tageszeitung WAZ (Westdeutsche Allgemeine Zeitung).

Privatisierung unwirtschaftlich?

Die Pläne zur Privatisierung der Westspiel-Casinos gab die NRW Landesregierung erstmals im Mai 2018 bekannt. Der Haushalts- und Finanzausschuss argumentierte den Schritt mit dauerhaft sinkenden Umsatzzahlen. Die angestrebten Geschäftszahlen seien demnach im Jahr 2016 abermals nicht erreicht worden, trotz Bruttospieleinnahmen von 80,4 Mio. Euro stand zu diesem Zeitpunkt ein Minus von 2,9 Mio. Euro ins Haus. Finanzminister Lienenkämper sprach in dem Zusammenhang von einem „dauerhaft defizitär und katastrophal geführten Unternehmen“, es sei „unglaublich viel Geld verbrannt“ worden, so das Kredo des Politikers. Die Westspiel-Gesellschaft solle daher „als Ganzes“ verkauft werden.

Der Betriebsrat des Unternehmens hält an dieser Stelle jedoch vehement dagegen und verweist darauf, dass zu diesem Zeitpunkt noch kein Geschäftsbericht für 2017 vorgelegen hat. In den vergangenen Jahren haben die Einnahmen der Spielbanken demnach wieder stark zugenommen, eine Privatisierung sei deshalb „wirtschaftlich sinnlos“. Im Gespräch mit der SPD-Delegation legte Arbeitnehmervertreter Jütte diesbezüglich aktuelle Zahlen vor.

Demzufolge hat sich der Bruttospielertrag von 79,6 Mio. Euro im Jahr 2015 auf 92,3 Mio. Euro im vergangene Jahr gesteigert. In diesem Kontext warnte Jütte davor, hier „Grundprinzipien des Spielerschutzes aufzuweichen“ und erklärte, dass die Vergütung von Mitarbeitern in staatlichen Casinos nicht umsonst unabhängig vom Umsatz festgelegt werde. Unterstützt wurde Jütte in diesem Punkt von SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty, der ebenfalls im Gespräch zugegen war und sich hier klar hinter der Westspiel-Belegschaft positionierte. Im Zitat hieß es:

“Das Argument der Landesregierung, dass das Geschäft defizitär sei, zieht jetzt nicht mehr. Aus sozialdemokratischer Sicht hätte es kein neues Gesetz gebraucht. Das Sozialkonzept für Spieler wird am besten von geschulten Kräften in sicheren Arbeitsverhältnissen gewährleistet. Als Privatbetreiber kann man die Kontrollfunktion in einer Spielbank nicht aufrecht halten.”

Apropos Privatbetreiber: Ganz oben auf der Liste potenzieller Privatanbieter positioniert sich zurzeit der inzwischen 85-jährige Merkur-Inhaber und ehemalige VDAI-Vorstandschef Paul Gauselmann, der seit Mai 2018 auch als offizieller Sportpartner der Landeshauptstadt agiert. „Wenn sich die gesetzliche Grundlage in NRW ändert und es Ausschreibungen geben wird, beteiligen wir uns natürlich“, so die Bekundung des deutschen Automatenkönigs. Ob es dazu kommt – oder ob die Initiativen der Westspiel-Mitarbeiter letztlich doch noch politischen Anklang finden, bleibt vorerst abzuwarten.

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