Twitch und Glücksspiel: Könnten Casino-Streams bei jungen Menschen zur Spielsucht führen?

Laut offizieller Zahlen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) sollen rund 430.000 Personen in Deutschland von einer Glücksspielsucht betroffen sein. Besonders in der Gruppe der jungen männlichen Erwachsenen bis 25 Jahre sei dies besonders oft zu beobachten. Dies solle auch daran liegen, dass es sogenannte Casino-Streams auf der Streaming-Plattform Twitch gebe. Zudem seien glücksspielähnliche Mechanismen in Games integriert, die sich an ein jüngeres Publikum richten.

Ein Smartphone, auf dem gerade die Twitch-App lädt, liegt auf einem Schreibtisch

Inhalte auf dem Streaming-Portal Twitch sollen einen 19-Jährigen in die Glücksspielsucht getrieben haben. (Symbolbild) © Caspar Camille Rubin/unsplash.com

Gaming- & Streaming-Szene könnte Spielsucht fördern

Die Geschichte eines 19-Jährigen, die heute im Medienportal BuzzFeed veröffentlicht wurde, dokumentiert dessen Weg in die Glücksspielsucht. Eigenen Angaben zufolge, sei er das erste Mal mit glücksspielähnlichen Inhalten über das Streaming-Portal Twitch konfrontiert worden. Es habe sich dabei um inoffizielle Wetten im Spiel Counter-Strike gehandelt.

Später sei er über Casino-Streamer an virtuelle Slots herangeführt worden. Beim Spiel in digitalen Casinos und in Spielhallen habe er über die Jahre mehr als 10.000 Euro verzockt. Nur mit großer Mühe sei ihm der Ausstieg geglückt. Obwohl sich einige Größen der Branche klar gegen das Glücksspiel-Streamen positioniert haben, scheinen Casino-Streams weiterhin auf Twitch verfügbar zu sein.

Experten, wie der Psychologe Tobias Hayer, sehen den Reiz, den das Glücksspiel auf junge Menschen ausüben kann, unter anderem in biologischen Faktoren begründet: Der zur Impulskontrolle fähige präfrontale Kortex des Gehirns sei bei jungen Menschen noch nicht voll ausgereift. Dies könne das vermehrte Auftreten einer Glücksspielsucht bei jungen Menschen erklären. Es gebe auch Parallelen zum Alkohol- und Drogenkonsum.

“Beim Glücksspiel kauft man sich Emotionen. […] Einige überschätzen – und verzocken sich. […] Ich beschreibe das gerne mit einem neuen Auto, bei dem der Motor voll funktionsfähig ist – die Bremsen aber nicht.Diplom-Psychologe Tobias Hayer, über die Gründe für die Entwicklung einer Glücksspielsucht bei jungen MenschenQuelle

Ein verstärkender Faktor für eine sich langsam entwickelnde Spielsucht sei die Tatsache, dass eine junge Zielgruppe in Videospielen wie FIFA oder Coin Master an die Mechanik von Glücksspielen gewöhnt werde. Dies könne durchaus auch schon Minderjährige betreffen.

Hilft das OASIS-System gegen die Spielsucht in Deutschland?

Im Rahmen des Glücksspielstaatsvertrages ist die Einführung einer Sperrdatei mit dem Namen OASIS für auffällige Spieler vorgeschrieben worden. Das System ist mittlerweile bei allen lizenzierten Anbietern implementiert. Wer sich selbst oder einen Angehörigen vom Glücksspiel ausschließen möchte, kann dies über einen Eintrag in dieser Datenbank tun. Weder im Internet noch in stationären Glücksspieleinrichtungen dürfen gesperrte Spieler Zugang erhalten.

Einem auf ntv.de erschienenen Bericht zufolge, seien die Zahlen der gesperrten Spieler in den letzten Jahren sprunghaft angestiegen – von 47.000 Sperren Ende 2020 auf 153.500 Sperren Ende 2022. In tausenden von Fällen habe es auch eine Fremdsperre seitens Angehöriger gegeben..

Welche Maßnahmen werden ergriffen?

In der Politik und in den Medien werden verschiedene Maßnahmen diskutiert, um Menschen davon abzuhalten, ein problematisches Spielverhalten zu entwickeln. Hierbei scheint davon ausgegangen zu werden, dass nicht nur das explizite Glücksspiel ein Risikofaktor sei, sondern auch das Spielen von Videogames die sich an ein junges Publikum richten.

In den USA hat es kürzlich eine Klage gegen den Spielehersteller Nintendo gegeben, da dieser glücksspielähnliche Lootboxen an minderjährige Spieler verkauft haben soll. Auch in der EU wird die Thematik genau unter die Lupe genommen.

In Deutschland könnte aktuell ein mögliches Verbot für Glücksspielwerbung im Raum stehen, das auch auf Rückhalt in der Gesellschaft stoße. Durch den Glücksspielstaatsvertrag hat es auf diesem Gebiet bereits starke Einschränkungen gegeben.

Es bleibt abzuwarten, welche Maßnahmen in Zukunft durchgesetzt werden und wie erfolgversprechend sie tatsächlich sind.

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