Morddrohungen und Hassnachrichten im Tennis: Sind Tennisprofis wegen verlorener Sportwetten in Gefahr?

Judy Murray, die Mutter der Tennisprofis Andy und Jamie Murray, hat davon berichtet, dass junge Tennisstars über die sozialen Medien Morddrohungen von Menschen erhalten würden, die Geld mit Sportwetten auf ihre Spiele verloren hätten.

Ein Tennisspieler macht sich zum Aufschlag bereit

Tennisspieler erhalten immer wieder Hassnachrichten von Fans, die mit Sportwetten Geld verloren haben. (Symbolbild) © Renith R/unsplash.com

Spieler werden nach Matches beschimpft

Die britische Zeitung The Telegraph berichtet darüber, dass Judy Murray in ihrer Zeit als Fed-Cup-Chefin des britischen Frauenteams zwischen 2011 und 2016 miterlebt hätte, wie Morddrohungen bei ihren Spielerinnen über soziale Medien eingegangen seien [Artikel auf Englisch].

Erst in diesem Jahr habe die Britin Emma Raducanu, die 2021 überraschend die US Open gewinnen konnte, Drohungen über Social Media erhalten, nachdem sie bei den Australian Open gescheitert war. Als Konsequenz habe sie Instagram und WhatsApp von ihrem Telefon gelöscht.

Doch Katie Boulter, die aktuell beste Spielerin Großbritanniens, habe erklärt, dass nicht nur nach Niederlagen, sondern auch nach Siegen Hassnachrichten von Glücksspielern eingingen. Allerdings sei sie der Auffassung, dass viele Spieler inzwischen gut damit umgehen könnten:

An den Tagen, an denen wir gewinnen und an den Tagen, an denen wir verlieren, werden wir ziemlich oft beschimpft. Es ist etwas, mit dem wir alle leben müssen, und wir lassen es schnell hinter uns. Katie Boulter, Tennisprofi aus Großbritannien, Quelle: The Telegraph

Die Hassnachrichten in den sozialen Medien kämen zudem nicht nur von Glücksspielern. Viele Spieler berichten, sie seien oft beleidigt worden – zum Beispiel wegen ihres Aussehens oder ihres Kleidungsstils. Besonders für junge Spieler könne dies laut Judy Murray eine sehr belastende Erfahrung sein.

Netzwerk für Sportwetten-Betrug im Tennis aufgeflogen

Es werde geschätzt, dass jedes Jahr weltweit rund 40 Milliarden GBP (ca. 46,3 Milliarden Euro) für Tenniswetten ausgegeben würden. Laut einer Untersuchung der Zeitung Washington Post vom September dieses Jahres werde etwa ein Viertel dieser Summe bei niedrigklassigen Spielen gesetzt. Hier sei das Risiko für manipulierte Ergebnisse besonders hoch [Artikel auf Englisch].

Die Washington Post habe im Rahmen ihrer Untersuchung ein Netzwerk von 181 Spielern aufgedeckt, das vom Armenier Grigor Sargsyan koordiniert worden sei. Er sei darauf spezialisiert gewesen, Matches bei kleineren Turnieren zu verschieben. Teilweise hätten sogar Spieler aus dem Netzwerk von Sargsyan gegeneinander gespielt, was kuriose Resultate ermöglicht hätte.

Der inzwischen verhaftete und verurteilte Sargsyan habe seine Schuld verharmlost und betont, er sehe sich eher als ein Robin Hood der Tenniswelt, weil er unterbezahlten Spielern einen Ausweg geboten hätte, dem System zu entkommen.

Die Schilderungen von Judy Murray und die Untersuchungen der Washington Post zeigen, dass Manipulationen in der Tennis-Szene ein ernstzunehmendes Problem zu sein scheinen. Auch wenn in der Vergangenheit schon Manipulationen bei großen Turnieren vermutet wurden, scheint besonders die niedrigklassige Turnierszene gefährdet zu sein.

Leidtragende sind neben den Spielern auch die Sportwetten-Anbieter, die eine faire Quote für den Ausgang der Matches ermitteln möchten und finanzielle Verluste verkraften müssen.

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