Milliarden für Infrastrukturprojekte: Macau will Abhängigkeit von Glücksspiel verringern
- Vier Großprojekte mit 4,2 Mrd. EUR Investitionsvolumen angekündigt
- Ziel ist eine Reduzierung der wirtschaftlichen Abhängigkeit Macaus vom Glücksspiel
- Vorteile der Hengqin-Zone sollen zur Ansiedlung internationaler Unternehmen genutzt werden

In Macau stehen Veränderungen an. © Jeffrey Lau/Pexels
Macau startet milliardenschwere Großprojekte zur Diversifizierung der Wirtschaft
Macaus Regierungschef Sam Hou Fai habe laut der Branchenpublikation iGamingBusiness [Link auf Englisch] vier bedeutende Infrastrukturprojekte angekündigt, mit denen die Wirtschaft der chinesischen Sonderverwaltungszone unabhängiger vom Glücksspiel werden soll. Derzeit würden rund 80 % der Steuereinnahmen aus dem Casino-Sektor stammen. Erst im August 2024 feierte die Stadt neue Rekordbesucherzahlen.
Dies stelle laut Sam ein strukturelles Risiko dar. Auf Dauer sei eine solche einseitige Abhängigkeit nicht tragbar – insbesondere angesichts wachsender Glücksspiel-Konkurrenz im asiatischen Raum und anderer internationaler Herausforderungen wie dem Handelskrieg zwischen China und den USA.
Macau – Sonderverwaltungszone mit Sonderrechten

Macau war eine portugiesische Kolonie. © Bjoertvedt/wikipedia
Seit der Rückgabe durch Portugal im Jahr 1999 ist Macau eine Sonderverwaltungszone (SAR) der Volksrepublik China – ähnlich wie Hongkong. Nach dem Prinzip Ein Land, zwei Systeme verfügt Macau über ein eigenes Rechtssystem, eine eigene Währung (Pataca), eine unabhängige Zoll- und Steuerpolitik sowie weitreichende wirtschaftliche und politische Autonomie.Dieser Status erlaubt es Macau, internationale Abkommen eigenständig abzuschließen, eine offene Wirtschaft zu betreiben und als Brücke zwischen China und dem Westen zu agieren. Auch im Rahmen der Greater Bay Area genießt Macau besondere Förderbedingungen, etwa durch die Zollfreiheit als Freihafen oder die Sonderregelungen der Hengqin-Kooperationszone.
Die neuen Großprojekte seien im Rahmen eines Medienevents vorgestellt worden und sollen innerhalb von acht bis zehn Jahren umgesetzt werden. Sie seien Teil einer langfristigen Strategie zur Förderung moderater wirtschaftlicher Diversifikation, wie sie auch im Fünfjahresplan und den Vorgaben von Chinas Präsident Xi Jinping verankert seien. Die Gesamtkosten würden sich auf 38,2 Milliarden Pataca/MOP (etwa 4,2 Milliarden EUR) belaufen.
Universitätsstadt Hengqin: Bildung für eine neue Wirtschaft

In der Bildungsstadt soll ein neuer Campus der Universität Macau entstehen. © doraemon.tvb/wikipedia
Das größte Vorhaben sei die Macau-Hengqin International Education City, für die nahezu 200 Milliarden MOP (etwa 22 Mrd. EUR) bereitgestellt würden. Der neue Campus der Universität Macau befinde sich dort bereits im Bau, der Betrieb solle 2028 aufgenommen werden. In einer zweiten Phase werde auch die Universität für Tourismus in die neue Hochschulstadt expandieren.
Die Anlage entstehe in der Kooperationszone Hengqin, einer Sonderentwicklungszone zwischen der Glücksspielmetropole Macau und dem chinesischen Festland. Ziel sei die Ausbildung hochqualifizierter Fachkräfte speziell für Tourismus, Freizeitwirtschaft und internationale Zusammenarbeit.
Die Bildungsstadt stelle laut Sam ein zentrales Element der Ein Zentrum, eine Plattform, eine Basis-Strategie dar, mit der Macau seine historische Rolle als Brücke zwischen China und Europa besser nutzen wolle.
Kulturviertel zwischen Macau-Halbinsel und Taipa geplant
Für den Bau eines internationalen Kultur- und Tourismusviertels seien 120 Milliarden MOP (etwa 13,2 Mrd. EUR) veranschlagt. Geplant sei, das Projekt auf dem Gebiet zwischen der Halbinsel Macau und Taipa zu platzieren. Dieses sei derzeit städtebaulich nicht ausreichend genutzt.
Herzstück des neuen Viertels sollen ein Nationalmuseum, ein internationales Zentrum für darstellende Kunst und ein Museum für moderne Kunst sein. Diese sollen als kulturelles Aushängeschild dienen. Gerechnet werde mit einer Bauzeit von zwei bis drei Jahren.
Sam habe die Hoffnung geäußert, dass Macau im kulturellen Bereich zu einem führenden Standort in Asien werden und internationale Aufmerksamkeit für Chinas kulturelles Erbe erzeugen könnte. Im gleichen Zuge habe er angekündigt, dass chinesische Staatsmuseen Exponate zur Verfügung stellen könnten.
Flughafenerweiterung und Logistikdrehscheibe

In der Greater Bay Area liegen zahlreiche Großstädte. © Ismoon/wikipedia
Der Macau International Airport soll für 60 Milliarden MOP (ca. 6,6 Mrd. EUR) erweitert werden. Eine Genehmigung der Zentralregierung liege bereits vor, erste Bauarbeiten würden schon laufen. Geplant sei eine Landgewinnung zur Erweiterung des Rollfelds sowie eine technische Aufrüstung der Flughafeninfrastruktur. Das Projekt soll Macau zu einem internationalen Luftverkehrsdrehkreuz am westlichen Perlflussufer machen.
Bereits jetzt würden über 50 internationale Flugverbindungen bestehen. Künftig wolle man aber zusätzlich die Zusammenarbeit mit dem auf Inlandsflüge spezialisierten Flughafen Zhuhai Jinwan in der nahegelegenen Stadt Zhuhai intensivieren, um gemeinsam Logistik- und Transportlösungen für den grenzüberschreitenden E-Commerce sowie die Hightech-Industrie in der Greater Bay Area bereitzustellen.
Die Greater Bay Area ist mit über 71 Millionen Einwohnern eine der größten Metropolregionen der Welt. Zu ihr zählen neben Macau und Hongkong auch Städte wie Shenzhen, Guangdong und Guangzhou.
Technologiepark: Raum für Forschung und Innovation
Zudem soll der geplante Macau Technology R&D Industrial Park zum Magneten für Forschungszentren internationaler Konzerne werden. Geplant seien maßgeschneiderte Infrastrukturen und Fördermechanismen, um Hightech-Unternehmen aus dem In- und Ausland dauerhaft in Macau anzusiedeln. Derzeit würden Studien zur Standortwahl, Betriebsform und politischen Unterstützung laufen.
Die Regierung werde externe Fachinstitute beauftragen, um ein tragfähiges Konzept zu erarbeiten. Ziel sei es, den Forschungspark in das Netzwerk der Greater Bay Area zu integrieren und Macau als Plattform für technologische Spitzenleistungen zu positionieren.
Sam betont Bedeutung Hengqins
Zur Unterstützung der Projekte kündigte Sam an, dass Macau neue zivil- und wirtschaftsrechtliche Regelungen schaffen werde, die speziell auf die Kooperationszone Hengqin zugeschnitten seien. So berichtet die lokale Zeitung The Macao News [Link auf Englisch]. Diese neuen Regelungen sollen Investoren höhere Rechtssicherheit, Vorhersehbarkeit und Stabilität bieten.
Macau kann nicht unversehrt bleiben, da der Wettbewerb im Tourismus und im Glücksspiel mit den Nachbarstädten zunimmt. Solche Risiken und Herausforderungen dürfen nicht außer Acht gelassen werden.–Sam Hou Fai, Regierungschef von Macau, iGamingBusiness
Macau müsse sich stärker mit Nachbarstädten vernetzen und realwirtschaftliche Aktivitäten in Hengqin fördern – derzeit hätten viele dort registrierte Unternehmen noch keine operative Tätigkeit aufgenommen.
Bereits jetzt seien aber sechs interdisziplinäre Leitungsgremien und Arbeitsgruppen im Einsatz, um eine effiziente ressortübergreifende Projektsteuerung zu ermöglichen. Weitere könnten folgen.