Gesetz gegen Spielhallen in Bulgarien?

Ein bulgarischer Gesetzentwurf könnte das Aus für 75 Prozent aller Verkaufsstellen für Glücksspiele und sämtliche Spielhallen bedeuten. Ausnahmen würden lediglich noch für eine begrenzte Anzahl von Casino Resorts in der Nähe der Landesgrenzen gelten. Welche Details stecken hintern den Plänen?

Die Statue des Löwen am bulgarischen Parlamentsgebäude.

Sofia befindet sich zurzeit im Kampf gegen den Glücksspiel-Tycoon Wassil Bozhkow. ©Petto123/Pixabay

Im Interesse der Gesellschaft

Bulgarien hat Pläne zur Schließung aller Spielhallen entworfen. Ende vergangener Woche wurde in der Nationalversammlung ein Gesetzentwurf vorgelegt, der alle Spielhallen im Land verbieten würde, mit Ausnahme von maximal 10 integrierten Casinos in Fünf-Sterne-Hotels, die sich in einem Umkreis von zwei Kilometern von den Landesgrenzen befinden müssen. Dies würde das Aus für etwa 600 Casinos und Spielhallen bis 2025 bedeuten.

Der Entwurf wurde von Valeri Simeonov präsentiert, Vorsitzender der nationalkonservativen Partei Nationale Front für die Rettung Bulgariens. Laut Berichten des Branchenmagazins iGamingBusiness hofft Simeonow nun auf hinreichende Unterstützung im Parlament. Das Gesetz sei laut Simeonow die natürliche Fortsetzung des Kampfes gegen den immer noch flüchtigen Glücksspiel-Tycoon Wassil Bozhkow, womit im Februar die Verstaatlichung der Sofortlotterie einherging.

Simeonov sieht in der Umsetzung daher ein klares Zeichen gegen Korruption, Steuerhinterziehung und Schutzgelderpressung. Der Gesetzentwurf stehe im Interesse der bulgarischen Gesellschaft. Sofern Einstimmigkeit herrscht, könne man innerhalb kürzester Zeit klare Ergebnisse erzielen und einen bedeutsamen Beitrag leisten.

30.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel

Der bulgarische Glücksspielverband BGA (Bulgarian Gambling Association) hält an dieser Stelle vehement dagegen und kritisiert, dass die Umsetzung des Plans zum Verlust von 30.000 Arbeitsplätzen und zur Schließung von 75 Prozent der Betriebe führen würde. Langfristig hätte das Gesetz außerdem negative Folgen für den Glücksspielsektor, den Staatshaushalt und die Staatsanwaltschaft.

Zum letzten Punkt erklärte der Vorstandsvorsitzende des BGA, Angel Iribozov, dass die Änderungen zu einer Zunahme des illegalen Glücksspiels führen. Außerdem käme es sowohl direkt als auch indirekt zu einer Belastung des Staatshaushalts. Erstens durch den Wegfall der Betriebe und Steuern, zweitens durch die Zunahme der Arbeitslosigkeit. Aus diesen Gründen müsse der Gesetzentwurf Thema einer öffentlichen Diskussion werden.

Des Weiteren wird eine sozio-ökonomische Bewertung der möglichen Auswirkungen des Gesetzes auf die Industrie gefordert. Kritisiert wird an dieser Stelle vor allem, dass der Gesetzentwurf die Entwicklung eines regulierten Glücksspielgeschäfts in Bulgarien behindert. Laut Iribozov sorgen die Pläne für eine Verschlechterung des Wettbewerbsumfelds und der unternehmerischen Initiativen. Das Gefühl der Voreingenommenheit gegenüber der Branche würde verstärkt.

Neue Regulierungsbehörde geplant?

Ein weiterer neuer Glücksspielgesetzentwurf wurde von der ebenfalls konservativen GERB-Partei vorgeschlagen. Dieser gestaltet sich weitaus liberaler und sieht vor, die bestehende Regulierungsbehörde durch eine neue, vom Finanzministerium unabhängige staatliche Glücksspielagentur zu ersetzen. Außerdem wollen die GERB-Abgeordneten das für den staatlichen bulgarischen Sport-Totalisator (BST) geltende Online Casino-Verbot aufheben.

Der Sport-Totalisator erhielt im Januar bereits ein Monopol für Lotterien. Grund war das ebenfalls von Simenov eingebrachte Gesetz zum Verbot privater Lotterien, zu denen auch die Sofortlotterie des flüchtigen Glücksspielmoguls Wassil Bozhkow gehörte. Dieser ist laut Staatsanwaltschaft der gefährlichste Mann Bulgariens, ihm wird unter anderem Bestechung und Auftragsmord in vier Fällen vorgeworfen.

Bozhkow plant Rückkehr als Politiker

Im Februar wurde Bozhkow in den Vereinigten Arabischen Emiraten kurzeitig festgenommen. Derweil befindet er sich in einem selbstauferlegten Exil in Dubei. Der 63-jährige, der einst zu den reichsten Menschen Osteuropas zählte, bestreitet das Fehlverhalten und beschuldigt die Regierung von Premierminister Bojko Borissow der Erpressung. Aktuell plant er angeblich die Rückkehr nach Bulgarien, um die Regierung zu entmachten.

„Ich habe vor, in die Politik zu gehen“, gab Bozhkow laut Bloomberg in einem Telefonat aus Dubai zu Protokoll. Man brauche ein neues politisches Projekt, Borissow müsse gestürzt werden. Allerdings ist Bozhkow inzwischen zur Zielscheibe der Behörden im ärmsten und korruptesten Land der EU geworden. Seine Chancen auf Erfolg stehen daher eher schlecht.

Bulgarischer Markt unter Druck

Der bulgarische Glücksspielsektor durchlebt momentan eine turbulente Zeit, denn der Einfluss des Glücksspiel-Tycoons Bozhkow auf den Markt war enorm. Im Februar trat Alexander Georgiev als Leiter der staatlichen Glücksspielkommission (SCC) des Landes zurück, nachdem er von der Polizei im Zusammenhang mit einer laufenden Untersuchung gegen Bozhkow festgenommen worden war.

Außerdem zeichnen sich auch die Auswirkungen von Covid-19 ab. Die EU-Kommission schätzt, dass das Bruttoinlandsprodukt Bulgariens in diesem Jahr um ganze 7,2 Prozent sinken wird. Entgegen den Ansichten Bozhkows nahm die öffentliche Zustimmung gegenüber Regierungschef Borissov während der Krise um 10 Prozentpunkte zu. Parlamentswahlen stehen erst wieder im kommenden Frühjahr an, wenn das volle Ausmaß der Corona-Krise deutlich geworden ist.

Die oppositionellen Sozialisten forderten am Montag (08.06.) eine parlamentarische Untersuchung von Bozhkows Beziehungen zur Regierung. Nächste Woche soll eine landesweite Petition starten, um öffentliche Unterstützung für den Rücktritt der Regierung Borissow zu erhalten. Der Ministerpräsident wurde schon wiederholt zu seinen Verbindungen zu Bozhkow befragt. Die Entwicklungen bleiben abzuwarten.

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