Deutschland: Experten prognostizieren höhere Steuereinnahmen

Nachdem nun knapp ein Jahr vergangen ist, seit der neue Glücksspielstaatsvertrag – kurz GlüStV – am 01. Juli 2021 in Kraft getreten ist, ist es Zeit, die erste Bilanz zu ziehen. Noch lässt die Lizensierung der virtuellen Automatenspiele auf sich warten, doch nach Expertenmeinungen kann Deutschland damit rechnen, wachsende Steuereinnahmen aus dem Online Glücksspiel zu generieren. Steuerrechtsexperte Prof. Jens M. Schmittmann gibt eine optimistische Prognose ab, die in der vergangenen Woche im Handelsblatt veröffentlicht wurde.

Die Stühle vor Spielautomaten sind leer.

Klassische Spielhallen könnten steuerlich benachteiligt sein. ©Bru-nO/Pixabay

Grundlage sind Daten des Finanzministeriums

Prof. Schmittmann begründet seine optimistische Prognose über die in Zukunft wachsenden Steuereinnahmen durch Online Glücksspiel mit zugrundeliegenden Daten aus dem Bundesfinanzministerium. Nach Informationen der Behörde sind im vergangenen Jahr durch Steuern auf virtuelle Automatenspiele circa 156,8 Millionen Euro und durch Poker zusätzliche 9,7 Millionen Euro eingenommen worden. Doch in den ersten sechs Monaten des Jahres 2022 ist das Steuervolumen noch einmal beträchtlich gewachsen, Tendenz steigend.

Steuerzuwachs im Jahr 2022 steigt

Bereits in den ersten drei Monaten des Jahres 2022 sind durch die Steuer auf virtuelle Automatenspiele rund 140 Millionen Euro in die Staatskasse geflossen. Durch die Steuer auf Onlinepoker wurden zusätzliche 7,8 Millionen Euro generiert. Das ist schon fast die gleiche Hausnummer wie im gesamten letzten Jahr. Es ist also zu erwarten, dass für 2022 noch ein weiteres deutliches Wachstum kommen wird. Für die Branche sind das gute Nachrichten.

Glücksspielstaatsvertrag regelt Besteuerung

Der Glücksspielstaatsvertrag von 2021 schafft nicht nur neue Rahmenbedingungen für das Online Glücksspiel, sondern regelt auch die Besteuerung, also die von Anbietern zu zahlenden Abgaben. Bei virtuellen Automatenspielen sowie beim Onlinepoker liegt dies bei 5,3 Prozent des Bruttospielertrags. Bei der noch ausgesprochen umstrittenen Sportwettensteuer liegt die angedachte Steuer in der gleichen Höhe. Obwohl einige der neuen Regulierungen noch umstritten sind, scheint die finanzielle Seite bislang zu stimmen.

Sportwettensteuer ist umstritten

Seit ihrer Einführung im Jahr 2012 hat die Sportwettensteuer bereits diverse rechtliche Streitigkeiten losgetreten. Darin wurde erstmals die Sportwettensteuer von 5 Prozent eingeführt. Die Klage einer Online Buchmacherin aus 2015 wurde vom Bundesfinanzhof in oberster Instanz im Jahr 2021 abgewiesen. Die aktuelle Fassung, die im Einklang mit dem Glücksspielstaatsvertrag erstellt wurde, ist am 01. Juli 2021 in Kraft getreten. Damit wurde die Steuer auf 5,3 Prozent angehoben, was auch auf Einsätze im Casino erhoben wird.

Viele offene Fragen zur Sportwettensteuer

Es ging lange Zeit darum, dass die Bemessungsgrundlage der 5 Prozent unklar war. Der Nennwert der Wettscheine sowie der Spieleinsatz, die als Ausgangspunkte benannt wurden, wurde nie richtig definiert. Der neue Paragraph enthält nun eine Erläuterung der Bemessungsgrundlage, die jedoch wiederum Fragen aufwirft, statt bloß Antworten zu geben. Es wird wohl noch einige Zeit dauern, bis hier endgültige Klarheit herrscht.

Steuerrechtsexperte sieht Risiken

In der Analyse von Prof. Schmittmann gibt es jedoch nicht nur Lob und gute Nachrichten, sondern auch Risiken, die er benennt. Er mahnt an, dass beispielsweise sichergestellt werden muss, dass die Anbieter von Online Glücksspiel ihren Pflichten in der Steuererklärung auch vollumfänglich nachkommen. Wenn dies nicht geschieht, gibt es die Gefahr eines sogenannten strukturellen Vollzugsdefizits. Damit könnte durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine Verfassungswidrigkeit der Steuer auf Online Glücksspiele führen.

Noch offene Fragen zu klären

Laut Prof. Schmittmann ist noch ungeklärt, ob die Anbieter ihren Pflichten in Punkto Steuererklärungen und -abgaben im Inland nachkommen, und darin liegt auch die Gefahr. Aktuell sieht es jedoch noch gut aus, denn in Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt haben Gerichte kein entsprechendes Vollzugsdefizit erkannt. Wie es sich aber tatsächlich ausgestaltet, werden erst die kommenden Monate und Jahre zeigen. Weitere Probleme sieht Steuerrechtsexperte Prof. Schmittmann jedoch bei der Umsatzsteuer.

Ungleichbehandlung des klassischen Glücksspiels

Der Grund, dass die Umsatzsteuer noch für Probleme sorgen könnte, ist die Ungleichbehandlung des klassischen Glücksspiels in Relation zum Online Glücksspiel. In Spielbanken und Casinos vor Ort müssen Betreiber nämlich eine Umsatzsteuer von 19 Prozent entrichten, die beim Online Glücksspiel gar nicht erst anfällt. Das Gleiche gilt auch für die Vergnügungssteuer, die von vielen Gemeinden – aber nicht von allen – erhoben wird. Dadurch könnten Spielhallen steuerlich benachteiligt werden.

Finanzgericht Münster sieht Verstöße

In dieser Benachteiligung sieht das Finanzgericht Münster bereits einen Verstoß gegen den umsatzsteuerlichen Grundsatz der Neutralität. Nach EU-Recht hat es daraus abgeleitet, dass es eine Steuerbefreiung für Spielhallenbetreiber geben muss. Die Revision gegen das Urteil ist momentan beim Bundesfinanzhof anhängig. Den Finanzämtern drohen empfindliche Steuerverluste, falls das oberste Finanzgericht das Urteil bestätigt. Es ist bislang fraglich, ob die wachsenden Online Glücksspiel-Steuereinnahmen beim Online Glücksspiel diese Einbußen kompensieren können.

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