EGBA fordert Marktanpassung in Deutschland

Der europäische Glücksspielverband EGBA (European Gaming and Betting Association) warnt vor zu strengen Glücksspiel-Regulierungen und fordert die Bundesrepublik Deutschland zur Marktliberalisierung auf. Außerdem soll Deutschland die Pläne zur Durchsetzung eines neuen Glücksspielstaatsvertrags überdenken, bis ein grundlegend neuer Regulierungsrahmen entwickelt worden ist. Hier ein Überblick zum Geschehen.

Der Sitz der EU-Kommission in Brüssel.

Ein neuer Glücksspielstaatsvertrag wird derweil in Brüssel geprüft, die EGBA warnt jedoch vor der Inkraftsetzung. (©Pixabay)

Warnung vor Zahlungssperren

Der größte europäische Glücksspielverband EGBA hat der Bundesrepublik Deutschland zu einem „grundsätzlichen Umdenken“ in Bezug auf die Regulierung seines Glücksspielsektors geraten. Es wird argumentiert, dass die Pläne zur Durchsetzung eines neuen, nunmehr dritten Glücksspielstaatsvertrags erst weiter vorangetrieben werden sollten, wenn eine grundlegend neue Regulierungsausrichtung etabliert wurde – an dieser Stelle sollten die Arbeiten „intensiviert werden“, so das aktuelle Kredo des Interessenverbands.

Hintergrund der Forderung ist eine kürzlich zum ersten Mal erfolgte Zahlungssperranordnung des Bundeslands Niedersachsen gegen einen bis dato ungenannten Zahlungsdienstleister. Die Anordnung hat das Ziel, sämtliche Transaktionen zwischen deutschen Glücksspielkunden und europäischen Offshore-Anbietern dauerhaft zu unterbinden. Im Klartext wurde der Zahlungsdienstleister unter Androhung eines Strafverfahrens dazu angewiesen, zukünftig nicht mehr mit Unternehmen zu kooperieren, die Online Casinos, Online Poker und Lotteriewetten auf dem deutschen Markt anbieten.

Zum Verständnis: Das rund acht Millionen Einwohner zählende Bundesland Niedersachsen hat sich im Rahmen des Anfang des Jahres aktualisierten und bis zum 30. Juni 2021 verlängerten Glücksspielstaatsvertrags dazu verpflichtet, seine Zahlungsdienstleister mit Nachdruck an die deutsche Glücksspielgesetzgebung zu binden, vor allem, um seinen Markt für Sportwetten einzudämmen. Der verlängerte Glücksspielstaatsvertrag, der seit seiner Ratifizierung im Jahr 2012 durch diverse rechtliche Hürden immer wieder infrage gestellt wurde, soll als Blaupause dienen, bis die 16 Bundesländer der BRD ein neues, einheitliches Regulierungsmodell fertigstellen können.

Warnung vor „künstlichen Mauern“

Die EGBA riet der deutschen Regierung fortführend dazu, sich vermehrt auf die „Arbeit an der Schaffung eines neuen, effektiveren Gesetzesrahmens“ zu konzentrieren – diese Zielsetzung müsse folglich „im Mittelpunkt stehen“, anstatt zu versuchen, die Aktivitäten der europäischen Marktteilnehmer auf der Grundlage der veralteten Gesetzgebung zu unterbinden. EGBA-Generalsekretär Maarten Haijer diesbezüglich im Wortlaut:

“Restriktive oder verbietende Maßnahmen, zum Beispiel zur Zahlungssperre, sind ein Versuch künstliche Mauern um den wachsenden Online-Märkte zu errichten, dies kann ineffektiv und schädlich für den Spielerschutz sein. In Deutschland ist ein viel grundlegenderes Umdenken erforderlich, um die Online-Glücksspielpolitik an die digitalen Gegebenheiten des 21. Jahrhunderts anzupassen. Derzeit ist die Regulierungslage fragmentiert und weit hinter den Entwicklungen anderer europäischen Ländern zurückgeblieben.”

Liberalisierung gefordert

In Bezug auf den Spielerschutz verwies Haijer ferner darauf, dass der Versuch, die Spieler und Unternehmen durch Verbote einzuschränken, keinesfalls zu einer Eindämmung der Nachfrage und des Angebots führe. Die Spieler werden demnach auch „weiterhin nach iGaming-Webseiten suchen“, so das Statement des Generalsekretärs. Durch die Einschränkung Marktes würden die Verbraucher folglich zu nicht lizenzierten oder unregulierten Anbietern gedrängt, wo sie „einem viel größeren Risiko ausgesetzt“ seien. Die Lösung des Problems sieht Haijer naheliegenderweise in einer Liberalisierung des deutschen Onlinemarktes, im Zitat heißt es:

“Um dem abzuhelfen, sollten die deutschen Behörden eine attraktive und moderne Online-Glücksspielverordnung einführen, die anerkennt, dass viele Deutsche Kunden von Online Casinos sind und die sicherstellt, dass alle Spieler in einem sicheren und regulierten Umfeld spielen können.”

Vorbild Schleswig-Holstein?

Der nunmehr dritte modifizierte deutsche Glücksspielstaatsvertrag liegt seit Mai der EU-Kommission in Brüssel zur Prüfung vor. Die Bemühungen um die Entwicklung eines liberalisierten Regulierungsrahmens für den deutschen iGaming-Markt scheinen derweil an Fahrt zu gewinnen, wobei immer mehr Bundesländer eine Marktöffnung für sämtliche Produktvertikalen nach dem Vorbild Schleswig-Holstein befürworten.

Das nördlichste Bundesland ist zurzeit das Einzige, das über ein liberales Regulierungsmodell mit Lizenz- und Besteuerungssystem verfügt. Wie auf der Ministerkonferenz im vergangenen März beschlossen wurde, darf Schleswig-Holstein sein Modell bis 2021 weiterführen und soll darüber hinaus als Testmarkt für die BRD in puncto Glücksspielregulierung fungieren. Dass die Freigabe der Minister von der Regierung Schleswig-Holsteins unlängst als „Durchbruch“ gefeiert wurde, verwundert kaum. Der Fraktionsvorsitzender der örtlichen CDU, Hans-Jörn Arp, sprach diesbezüglich von „Anerkennung“ und einer „zukunftsweisenden Lösung“.

Dass auch der deutsche Fiskus von den Steuereinnahmen eines regulierten Online Glücksspielsektors profitieren würde, steht außer Frage: Schon jetzt verbucht die BRD in diesem Zusammenhang immer höhere Steuereinnahmen durch Sportwetten. Innerhalb der letzten fünf Jahre haben sich die Einnahmen des Sektors fast verdoppelt. Zwischen 2014 und 2018 wuchsen die Abgaben von 225 Mio. Euro auf satte 384 Mio. Euro.

Die Gesamtumsätze der Branche belaufen sich unterdessen auf rund 40 Mrd. Euro, obwohl offiziell nur der staatliche Anbieter Oddset Sportwetten vertreiben darf. Trotz der immer noch irreführenden Gesetzgebung hält der Staat also bereits die Haushaltskasse auf. Ob es ab 2021 wie angekündigt tatsächlich zu einer Ausdehnung des Schleswig-Holstein-Modells auf die gesamte BRD kommen wird, bleibt vorerst abzuwarten.

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