Bundesgerichtshof-Empfehlung zu Sportwetten-Verlusten: Droht eine Klagewelle?

Immer wieder klagen Spieler gegen vermeintlich illegale Glücksspiel-Anbieter in der Hoffnung, ihre Verluste zurückzuerhalten. Inzwischen ist der Bundesgerichtshof (BGH) involviert und hat eine Empfehlung ausgesprochen. Ein finales Urteil steht jedoch noch aus.

Hauptgebäude des BGH im ehemaligen Erbgroßherzoglichen Palais

Der Bundesgerichtshof (BGH) muss entscheiden, ob Spieler Verluste bei illegalen Online-Sportwettenanbietern einklagen können. © Bundesgerichtshof

Betano-Fall landet vor dem BGH

Der Fall mit dem Aktenzeichen I ZR 53/23 soll am 02. Mai 2024 vor dem BGH verhandelt werden. Dabei gehe es um die Klage gegen ein österreichisches Sportwetten-Unternehmen, das mit seiner Marke Betano in diesem Jahr als Sponsor der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland auftreten wird.

Schon vor dem angesetzten Verhandlungstermin habe der BGH einen ausführlichen Hinweisbeschluss veröffentlicht, der zwar kein Urteil darstelle, aber als Handlungsempfehlung für Gerichte unterer Instanzen verstanden werden könne.

Was sagt der Hinweisbeschluss des BGH aus?

In dem Hinweisbeschluss habe der BGH klar dazu Stellung bezogen, dass vor 2022 das Abgeben von Sportwetten im Internet nicht legal gewesen sei.

Viele Anbieter seien mit der Vermutung auf den Markt gedrängt, dass sie mit europäischen Lizenzen die rechtliche Grauzone in Deutschland umgehen könnten. Besonders zwischen 2012 und 2021 sei diese Praxis zu beobachten gewesen.

Aus dem Hinweisbeschluss des BGH sei jedoch zu entnehmen, dass die bestehenden Verträge zwischen Sportwetten-Anbietern und ihren Kunden vor dem Jahr 2022 als nichtig anzusehen seien. Folglich könne eine Rückerstattung der Wettverluste erfolgen.

Generelles Urteil wird kritisch gesehen

Die Münchner Anwaltskanzlei Hambach & Hambach habe gegenüber dem Fachmagazin iGaming Business betont, dass der BGH dem deutschen Staat keinen Gefallen tue [Artikel auf Englisch], wenn er ein pauschales Urteil im Sinne der Verbraucher fällen würde.

Dies könne dazu führen, dass heutzutage legale Anbieter in die Insolvenz getrieben würden und der Schwarzmarkt indirekt profitiere. Außerdem müssten Steuern zurückerstattet und das komplexe Lizenzgeflecht auf Bundes- und Länderebene vor 2021 entwirrt werden.

Viele Anbieter, die in den letzten Jahren vor der Legalisierung des Online-Glücksspiels in Deutschland auf dem Markt aktiv waren, hätten ihren Sitz zudem in Curaçao, Gibraltar oder Malta und beriefen sich auf die Dienstleistungsfreiheit innerhalb der EU.

Experten schätzen die Aussichten von Verfahren gegen Glücksspielanbieter aus diesen Ländern als sehr gering ein. Ein Grund dafür ist ein umstrittenes Gesetz, das maltesische Unternehmen vor der juristischen Vollstreckung von Urteilen aus dem Ausland schützen soll.

Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen

Der BGH selbst habe bestätigt, dass ein rechtskräftiges Urteil noch ausstehe. Ein solches könnte nur getroffen werden, sofern es zu einer tatsächlichen Verhandlung komme, wie sie im Betano-Fall für den 02. Mai 2024 geplant sei.

In der Vergangenheit seien jedoch zahlreiche Verhandlungen kurz vor dem Termin abgesagt worden und die Parteien hätten sich auf einen Vergleich geeinigt. Kritiker bemängeln, dass es sich dabei um eine Praxis handeln könnte, einer finalen Urteilsverkündung aus dem Weg zu gehen, die als Präzedenzfall Wirkung entfalten könnte.

Darüber hinaus darf nicht vergessen werden, dass die Sportwetten-Anbieter beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Revision gehen können. Ohne ein generelles BGH-Urteil gäbe es dafür keine Veranlassung. Doch es scheint realistisch zu sein, dass die Sportwetten-Anbieter jedes juristische Mittel nutzen werden, bevor sie sich widerstandslos einer Klagewelle hingeben.

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