Berlin: Spielhallenreduktion auf 120

In Berlin wird es in Zukunft nur noch 120 Spielhallen geben. Innerhalb von vier Jahren sinkt die Zahl der Etablissements damit um drei Viertel. Die Senatsverwaltung geht derweil auch verschärft gegen Wettbüros vor. Obendrein fordert die Drogenbeauftrage der Bundesregierung, Daniela Ludwig (CSU), drastische Werbebeschränkungen für Online Casinos. Welche Details stecken hinter der Entwicklung?

Spielautomaten in einer Spielothek.

Die Reduktion der Spielhallen soll (u. a.) zu einer Verbesserung des Stadtbildes führen. ©djedj/Pixabay

Spielerschutz und Stadtpanorama im Fokus

Auf Basis der 2016 verschärften Richtlinien des Glücksspielstaatsvertrags setzt Berlin seine großangelegte Spielhallenschließung fort. Wie die örtliche Senatsverwaltung für Wirtschaft am Dienstag (23.06.) bekanntgab, werden von 496 Spielhallen die 2016 eine Lizenz beantragten, künftig nur 120 eine Betriebserlaubnis erhalten. Alle übrigen Etablissements müssen noch dieses Jahr schließen. Die Zahl sinkt damit innerhalb von nur vier Jahren um Drei Viertel.

Ende vergangenen Jahres gab es laut Senatorin Ramona Pop (Grüne) noch 305 Spielhallen. Zudem stünden in Gaststätten, Cafés und Vereinslokalen immer noch Tausende bis dato legale Geldspielautomaten. Die 42-jährige Politikerin erklärte, dass man mit der Umsetzung des Berliner Spielhallengesetzes, welches als strengstes in ganz Deutschland gilt, konsequent gegen die Gefahren von Glücksspielsucht vorgehen wolle.

Außerdem wolle man unterbinden, dass Kieze und Einkaufsstraßen weiterhin von Spielhallen dominiert werden. Durch eine kluge Regulierung ließe sich das Stadtpanorama deutlich verbessern. Auch der SPD-Abgeordnete und Stadtentwicklungsexperte Daniel Buchholz machte sich zuletzt für die Schließungen stark und sprach davon, dass die Spielstätten nicht nur Menschen mit problematischen Spielweisen gefährden, sondern auch den Kiez zerstören würden.

Regel für Mindestabstand ausschlaggebend

Grundlage der Durchsetzungsmaßnahme ist die neue Mindestabstandsregel. Diese besagt, dass Spielhallen einen Abstand von 200 Metern zu Oberschulen und Jugendeinrichtungen sowie einen Abstand von 500 Metern zu anderen Spielstätten einhalten müssen. Außerdem gilt ein Abstand von 2.000 Metern zu Spielhallen desselben Betreibers. Die Regel sorgte unter anderem dafür, dass 2019 über 50 Spielhallen der Vulkan-Stern-Gruppe dicht machen mussten.

Parallel wurden strengere Vorschriften im Bereich der Öffnungszeiten erlassen. Spielhallen müssen demnach zwischen drei und 11 Uhr morgen geschlossen sein. Darüber hinaus dürfen pro Halle nur noch acht, anstatt 12 Automaten aufgestellt werden. Obendrein wurden auch strengere Werbevorschriften eingeführt. Laut Gesetz dürfen Reklamen nicht auffällig sein. Zudem dürfen Speisen und Getränke in den Etablissements nicht mehr kostenfrei angeboten werden.

Regeln gelten auch für Wettbüros

Berlin treibt zurzeit nicht nur die Spielhallenschließungen voran, sondern auch die von Wettbüros. Im April hat der Senat das sogenannte Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag verschärft. Ab 01. Oktober gelten für 400 Berliner Wettbüros dieselben stringenten Vorgaben wie für Spielhallen. Viele bisher unklare Situationen sollen damit eindeutig geregelt werden.

Nachdem sich Wettbüros lange in einer rechtlichen Grauzone befanden, gelten nun keine langen Übergangszeiten mehr. Allen Anbietern, die sich nicht an die Mindestabstände halten, droht die Schließung zum 30. September. Daniel Buchholz erklärte, man habe die Regelungen für Wettbüros zu lange nicht umgesetzt. Infolge der Verschärfung könne mit einem Rückgang gerechnet werden, wie es auch bei den Spielhallen geschieht.

Auch Online Glücksspiel im Visier

Trotz der geplanten Regelulation des deutschen Online Glücksspiels ab Juli 2021, gerät der boomende Sektor zurzeit ebenfalls vermehrt ins Visier der Politik. Im Fokus der Debatte steht die Werbung der zurzeit nur in Schleswig-Holstein lizenzierten Anbieter. Anfang der Woche meldete sich hierzu die Berliner Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig (CSU), zu Wort und forderte eine drastischere Durchsetzung der Werbebeschränkungen.

Die erhöhte Bewerbung der Angebote werfe aus ethisch-moralischer Sicht Fragen auf und gefährde die Gesundheit von 500.000 registrierten Problemspielern in Deutschland. Ludwig bezog sich dabei auf Mediendaten des Marktforschungsunternehmens Nielsen Company. Die Agentur ermittelte, dass die Brutto-Werbeaufkommen der Betreiber in den Monaten Januar bis Mai um 58,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen sind.

Besonders stark habe dabei das Marketing im TV zugenommen. Im Vergleich zum Vorjahr seien die Ausgaben von 103 Mio. Euro auf 192 Mio. Euro angestiegen. Dies, obwohl Online Glücksspiele bis zur Inkraftsetzung der neuen Regeln immer noch illegal sind. Aus diesem Grund kam es erst vergangene Woche zur Aussprache eines Werbeverbots für Glücksspiele im Saarland.

DOCV kämpft gegen Vorwürfe an

Der Präsident des Deutschen Online Casinoverbands (DOCV), Dirk Quermann, hält dagegen und erklärte, dass die Verbandsmitglieder ihre Werbeausgaben bereits reduziert haben. Die Zuwachsraten seien auf nicht-organisierte Betreiber zurückzuführen, was für einen gegenteiligen Eindruck sorge. Ein generelles Verbot der Werbung wird abgelehnt. Eine erfolgreiche und sichere Kanalisierung könne es nur geben, wenn lizenzierte Anbieter auf seriöse Produkte aufmerksam machen dürfen.

Mit der bundesweiten Regulation ab Juli 2021 könnten derartige Konflikte von der Bildfläche verschwinden, denn der Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrag (GlüNeuRStV) sieht die Legalisierung von seriösen Online Casinos, Online Poker und Online Sportwetten vor. Zur Überwachung soll eine zentrale Glücksspielaufsichtsbehörde in Sachsen-Anhalt entstehen, die mit der Einhaltung höchster Spielerschutzstandards betraut wird. Zurzeit liegt die Deutsche Glücksspielnovelle in Brüssel zur Ratifizierung.

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