Österreich: Mafia-Millionen über Online-Wettbüros gewaschen

Das österreichische Bundeskriminalamt (BKA) hat in Wien über 37 Mio. Euro Schwarzgeld der italienischen Mafia konfisziert. Die horrende Summe entstammt aus kriminellen Geschäften in Italien und sollte in Österreich bei Online-Wetten „weißgewaschen“ werden. 

Das Gebäudes des Bundeskriminalamts in Wien.

Das österreichische Bundeskriminalamt hat im Zuge von vier Wohnungsrazzien über 37 Millionen Euro sichergestellt.

Das BKA Wien spricht von der „größten in Österreich sichergestellten Summe an Mafia-Geldern“ überhaupt. Konkret ist die Rede von 37,3 Millionen Euro, sichergestellt im Rahmen von vier großangelegten Wohnungsrazzien. Zum Verständnis: Der Fall ist laut BKA im Kontext eines großangelegten Zugriffs gegen die europäische Wettmafia wegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung zu bewerten.

Der erste Polizei-Schlag erfolgte schon Mitte letzten November – nicht nur in Österreich, sondern auch in Rumänien, auf Malta und den Antillen und (natürlich) in Italien.

Bereits hier kam zu insgesamt 68 Festnahmen, darunter Mafiamitglieder, Strohmänner und Firmenbesitzer. Zudem wurden 38 Unternehmen geschlossen und 24 Immobilien im Wert von über eine Milliarde Euro konfisziert. Dazu ist von der Sperrung von summa summarum 33 Online-Plattformen die Rede. Zusätzlich wurden allein 1,8 Millionen Euro auf zwei Privatkonten in Wien und Innsbruck beschlagnahmt, die Konten infolgedessen eingefroren.

Ins Rollen gebracht wurden die Ermittlungen ursprünglich durch Hinweise der italienischen Staatsanwaltschaft, Reggio di Calabria, unter dem Verdacht millionen-, wenn nicht gar milliardenschwerer Geldwäsche. Den Berichten aus Kalabrien zufolge handelt es sich bei der „Tätergruppe“ um drei „ganz große“ kriminelle Familienclans aus Süditalien.

Die Hinweise der österreichischen Ermittler deuten darauf hin, dass deren `Einkommen´ aus kriminellen Aktivitäten in der Alpenrepublik Österreich „weißgewaschen“ werden sollten. Das Land sei für die Mafiosi ein „Rückzugsort“, so der Verdacht des BKA, das an dieser Stelle nur von der Spitze des Eisbergs ausgeht.

Fundament Wettfirma

Investiert habe das organisierte Verbrechen auch in Österreich unter anderem in etwaige Immobilien und Wertpapiere sowie Stiftungen und Glücksspiele, insbesondere: Online-Wettbüros. Laut Aussagen des BKA-Untersuchungsleiters Andreas Holzer, bildet eine Wettfirma das Fundament der illegalen Geschäfte. Online Casinos in Deutschland hingegen scheinen nicht betroffen zu sein.

Derweil habe man noch weitere mögliche Geldbunker ins Visier genommen, so Holzer weiter, der darüber hinaus auch von Versicherungsbetrug und Erpressung spricht. Problematisch sei, dass die Clans nicht direkt kooperieren, sondern sich lediglich in gewissen Sektoren überschneiden. Man stehe unter „Zeitdruck“, so der Ermittler.

Das Geld sei „schmutzig“, zitieren indessen Medienberichte den seit Juni amtierenden Sprecher des BKA-Austria, Vinzenz Kriegs-Au. Dieser erklärte darüber hinaus, dass mehrere der im November in Italien festgenommen Verdächtigen, früher im Wett- und Glücksspielsektor Österreichs tätig waren.

Dass es sich demnach sehr wahrscheinlich um ein engmaschiges kriminelles Netzwerk handelt, ist naheliegend. Der Fall ist unlängst so brisant, dass sich auch Österreichs FPÖ-Innenminister Herbert Kickl äußerte, der 50-jährige Politiker im Wortlaut:

„Dieser Fall zeigt einmal mehr, wie wichtig die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität ist.“Herbert Kickl, Österreichischer Innenminister

Der Fall des Ex-Boxers T.

Der neapolitanische Ex-Boxer T. geriet in Schlagzeilen, als einer der Mitte November in Italien festgenommen Verdächtigen. Insgesamt erstreckte sich die Aktion hier über Kalabrien, Catania auf Sizilien, Bari in Apulien sowie die Hauptstadt Rom.

T. lebte allerdings mit seiner Lebensgefährtin I. über Jahre in Österreich, betrieb dort zwei erfolgreiche Online-Wettportale, hintergründig arbeitete die italienische Mafia. In Österreich war T. außerdem lange Zeit bei einer – laut Presseberichten – „großen Online-Wettfirma“ tätig. Diese stand ebenfalls unmittelbar im Fadenkreuz der Behörden. Fast ironischerweise war T. gleichzeitig in einer leitenden Position für die Organisation Federbet im Einsatz, die sich gegen die kriminelle Infiltrierung von Sportspielen einsetzt. gilt zwar nicht als „Teil eines bekannten italienischen Mafiaclans“, dennoch ist er in Italien nun wegen „Verbindungen zur Mafia“ angeklagt – was dort als (bekanntermaßen) schwerwiegendes Delikt gilt. Wie sich in dem Fall abermals glasklar zeigt, arbeitet die italienische Mafia nach wie vor mit etwaigen „befreundeten“ Unternehmen des europäischen Auslands zusammen – dies vor allem in punkto Geldwäsche, als sei es völlig normal.

Glücksspiel-Mafia auch auf Malta

Unlängst ist es kein Geheimnis mehr, dass die Gambling-Mafia auch im Steuerparadies Malta die Fäden in der Hand hält. Obgleich die maltesische Glücksspielaufsicht Malta Gaming Authority (MAG) die zunehmenden Vorwürfe europäischer Medien zuletzt im Oktober als „aufgewärmte Geschichten“ dementierte, ist das Dilemma wohl kaum zu ignorieren.

Die Vorwürfe basieren ursprünglich auf der Ermordung der investigativen Journalistin Daphne Caruana Galzia im Oktober 2017 durch eine Autobombe. Jahrelang, bis zu ihrem tragischen Tod, hat die Reporterin hinter den Kulissen der Glücksspiel-Hochburg Malta recherchiert – ihr Kredo: Die Mafia scheffelt jährlich Millionen über die Glücksspielinseln, während die Politik wegschaut. Fortführend berichtete sie über „Unwahrheiten, Korruption, Geldwäsche und Steuerhinterziehung“, riskierte ihr Leben.

Die Sorgen der europäischen Behörden scheinen in diesem Sinne berechtig: Zuletzt erhielten gar bereits gesperrte europäische Buchmacher ihre maltesische Lizenz, laut Insidern, unter skurrilen Begründungen zurück. Berichten der Süddeutschen Zeitung (SZ) zufolge breite sich das organisierte Verbrechen über Malta nach ganz Europa aus. Weitere Entwicklungen bleiben in der Sache abzuwarten.

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