Nordirland: Glücksspiel-Aufklärung steht auf dem Lehrplan

Schon Heranwachsende sollen in Nordirland den richtigen Umgang mit Glücksspiel erlernen, und zwar im Unterricht. Das Council for the Curriculum, Examinations and Assessment, das für die Gestaltung der Lehrpläne zuständig ist, hat nun Vorschläge gemacht, wie Glücksspiel-Aufklärungsarbeit im Unterricht für die Altersgruppe von elf bis 14 Jahren aussehen kann.

Stühle und Tische vor der Tafel in der Schule sind leer.

Glücksspiele sind längst ein Teil des Lebens vieler Heranwachsender. ©969209/Pixabay

Schulen werden aufgefordert

Schulen in Nordirland sind nun aufgefordert worden, das neue Curriculum zum Thema Glücksspiel für die Altersgruppe der Heranwachsenden von elf bis 14 Jahren zu verwenden. Erarbeitet, zusammengestellt und veröffentlicht wurden diese durch das Council for the Curriculum, Examinations and Assessment, kurz CCEA. In den Lektionen soll alles thematisiert werden, von Sportwetten und Rubbellosen bis hin zu Online Games, in denen heutzutage häufig glücksspielähnliche Elemente enthalten sind. Ganz neu ist das jedoch nicht.

Manche Schulen haben Prävention bereits auf der Agenda

Während noch ein flächendeckendes Curriculum fehlte, sind einige Schulen in Nordirland bereits selbstständig tätig geworden und haben das Thema selbstständig in die Klassenräume geholt. Ressourcen wie Lektionen wurden dabei von der NGO Gambling with Lives erstellt. Unter diesen Pionieren ist auch die Dundonald High School, die als einer der ersten Vorreiter damit begonnen hatte, Schüler und Schülerinnen zwischen 15 und 16 Jahren für die Gefahren von Glücksspiel zu sensibilisieren. Prävention in Schulen ist anderswo auch bereits Thema.

“Die Schulen haben sich traditionell auf Suchtmittel wie Drogen und Alkohol konzentriert und nicht auf süchtiges Verhalten. Es ist wichtig, dass junge Menschen auf die Gefahren und Schäden aufmerksam gemacht werden, die durch Glücksspiele verursacht werden können, vor allem in Nordirland, wo wir eine der höchsten Glücksspielquoten im Vereinigten Königreich haben.”Laura Haggan, Lehrerin an der Dundonald High School, BBC-Bericht

Film erzählt die Geschichte eines Betroffenen

Im Programm von Gambling with Lives ist auch ein Film enthalten, der Geschichte eines von Spielsucht betroffenen jungen Menschen erzählt. Seine Sucht beginnt mit dem Spielen an Automaten. Während sich sein mentaler Zustand immer weiter verschlechtert, hält er seine Probleme jedoch geheim. Dieses Bildungsprogramm wirft auch ein Licht auf die Marketingtechniken verschiedener Wettanbieter. Gambling with Lives setzt sich dafür ein, strengere Richtlinien für Glücksspielwerbung zu schaffen. In Deutschland versucht beispielsweise WestLotto sich mithilfe von Elterncamps an Aufklärungsarbeit.

Neue CCEA-Unterrichtsreihe spricht jüngere Menschen an

Die aus fünf Lektionen bestehende Unterrichtsreihe richtet sich diesmal an jüngere Schüler und Schülerinnen. In den Richtlinien der CCEA heißt es, dass Heranwachsende das Glücksspiel bereits als einen positiven Teil ihrer Welt wahrnehmen, in dem sie beispielsweise in Games davon profitieren können. Lehrkräfte sind deshalb dazu aufgerufen, auch die positiven Aspekte von Glücksspiel anzuerkennen, und trotzdem ihre Schützlinge darauf aufmerksam zu machen, welche Bedenken es gibt und welche Gefahren darin lauern können.

So sehen die fünf Unterrichtsstunden aus

Jede der fünf Unterrichtsstunden aus der Feder von CCEA liegen Schlüsselkonzepte und verschiedene Themengebiete zugrunde. Zu Beginn geht es um die Selbsterkenntnis, bei der Schüler und Schülerinnen ihre eigenen Freizeitaktivitäten unter die Lupe nehmen. In der zweiten Stunde geht es um die persönliche Gesundheit, bei der die Heranwachsenden lernen sollen, was es mit Glücksgefühlen und Wohlfühlhormonen auf sich hat, wie Glücksspiel sich auswirkt und wie eine Balance hergestellt werden kann. In der dritten Lektion geht es um Freizeit und Geld.

Heranwachsende sollen Freizeitaktivitäten als Produkte erkennen lernen

Im Rahmen der dritten Stunde sollen die Heranwachsenden Freizeitaktivitäten, die sie Geld kosten, als Produkte erkennen lernen, insbesondere Glücksspielaktivitäten wie Spielautomaten oder Lotterien. Am Ende soll ihnen nahegebracht werden, dass Glücksspiele keine Spiele im herkömmlichen Sinne sind, sondern das Wort irreführend ist. Anschließend geht es in der vierten Lektion speziell um Werbung und ihren Einfluss, bevor es zum Abschluss um Resilienz und Bewältigung von Problemen unter dem Schlüsselkonzept Selbstbewusstsein geht.

Auch Games werden thematisiert

Es geht in den Lektionen auch darum, eine Sensibilisierung für das Spielen von beispielsweise Videogames zu schaffen. Deshalb werden Produkte wie Skins oder Lootboxen, die ganz besonders umstritten sind, ebenfalls thematisiert. Diese Spielbestandteile können üblicherweise mit Echtgeld erworben werden und regen bewusst zum Kauf an. Sie werden auch deshalb mit problematischem Spielverhalten in Verbindung gebracht, weil oft erst nach dem Öffnen der sogenannten Lootboxen, wenn das Geld bereits ausgegeben ist, der Inhalt gesehen werden kann.

Auch immer mehr junge Menschen sind betroffen

Im Jahr 2018, so berichtet es die BBC, schätzte ein vom National Audit Office veröffentlichter Bericht, dass etwa 55.000 Heranwachsende zwischen elf und 16 Jahren in Großbritannien bereits spielsüchtig sind. Untersuchungen aus Wales kamen sogar auf Zahlen von bis zu 40 Prozent der Heranwachsenden zwischen elf und 16 Jahren. Weil immer mehr junge Menschen betroffen sind, eröffnete die NHS in England im Jahr 2019 die erste Glücksspielklinik speziell für Kinder und Jugendliche.

“Ich weiß, dass die Lehrerinnen und Lehrer viel zu tun haben, und Learning for Life and Work deckt viele große Themen ab, aber Glücksspiel ist eine Sucht, die behandelt werden sollte. Es ist auch die Zugänglichkeit, die ein großes Problem darstellt. Alle Ressourcen, die das Bewusstsein schärfen, sind sehr wichtig.”Barry Fennell, Programm-Manager bei Gambling with Lives in Nordirland, BBC-Bericht

Ähnliche Beiträge