Neuer Chef bei Lotto Sachsen-Anhalt

Die Ermittlungen des Lotto-U-Ausschusses gegen Lotto Sachsen-Anhalt sorgten seit Juni 2019 regelmäßig für Schlagzeilen. Im Raum standen Verdächtigungen der Geldwäsche, illegalen Fördermittelvergabe und Vetternwirtschaft, was im Dezember 2020 zur fristlosen Entlassung der Lottochefs Maren Sieb und Ralf von Einem führte. Nun hat sich der Aufsichtsrat auf einen neuen Geschäftsführer festgelegt: Der Diplom-Kaufmann Stefan Ebert soll das verlorene Vertrauen wiederherstellen. Wie sehen die Entwicklungen im Detail aus?

Die Silhouette eines Geschäftsmannes am Bürofenster.

Gelingt es Ebert das Vertrauen der Bürger in die Lottogesellschaft zurückzugewinnen? ©mhouge/Pixabay

Stefan Ebert: 25 Jahre Erfahrung

Seit zwei Wochen liegt der Abschlussbericht des Lotto-U-Ausschusses unter Andreas Steppuhn (SPD) zur Überprüfung von Lotto Sachsen-Anhalt vor: Hiernach haben sich die Verdächtigungen der Geldwäsche, illegalen Fördermittelvergabe und Vetternwirtschaft nicht weiter verhärtet. Dennoch wurde dem Magdeburger Landtag empfohlen für mehr Transparenz zu sorgen, Umstrukturierungen vorzunehmen und die Lotto-Aufsicht zu verbessern – unter anderem indem mehr Personal eingestellt wird.

Die Reform wurde bereits im Dezember 2020 mit der fristlosen Entlassung der beiden Geschäftsführer Maren Sieb und Ralf von Einem eingeleitet. Längere Zeit war unklar, wer die langfristige Führung der Lottogesellschaft übernehmen wird, doch nun liegt ein neuer Beschluss des Aufsichtsrats vor: Schon ab Juni wird der Diplom-Kaufmann Stefan Ebert die Geschäftsführung der Lotto-Toto GmbH Sachsen-Anhalt übernehmen.

Laut Lotto Sachsen-Anhalt bringt der 53-jährige Magdeburger und studierte Betriebswirtschaftler mehr als 25 Jahre Erfahrung mit in die Chefetage. Diverse Führungspositionen hatte er bereits inne, unter anderem in den Bereichen E-Commerce, Projektmanagement und Controlling. Ebert arbeitete vor seinem Wechsel zu Lotto außerdem über zehn Jahren in Hamburg als Geschäftsführer von Tochterunternehmen großer Handelskonzerne.

Die Einstellung Eberts hat besondere Relevanz, denn die Überprüfung des Personalwesens war eine der Hauptaufgaben des Lotto-U-Ausschusses. Im Fokus stand (u. a.) die Besetzung von sieben Bezirksleiterstellen, die 2018 – obwohl die Stellen lediglich über Facebook und auf der Lottoseite ausgeschrieben waren – mit rund 1,5 Millionen Euro auf Provisionsbasis bezahlt wurden. Das Bewerbungs- und Auswahlverfahren wurde dabei nicht hinreichend dokumentiert. Ob es zu sogenannten Seilschaften kam, ist unklar. Die Bewerbungsdokumente wurden angeblich aus Datenschutzgründen von Lotto Sachsen-Anhalt vernichtet.

Lotto in ruhigem Fahrwasser halten

Zur Verpflichtung von Ebert äußerte sich jüngst der Lotto-Aufsichtsratsvorsitzende Thomas Webel: Mit dem neuen Geschäftsführer habe man einen gestandenen Manager für die Führung von Lotto Sachsen-Anhalt gewonnen. Man sei überzeugt, dass er mit seiner Erfahrung und seiner persönlichen Kompetenz einen großen Beitrag dazu leisten wird, die erfolgreiche Landesgesellschaft in ruhigem Fahrwasser zu halten.

Auch der neue Geschäftsführer blickt mit Spannung und Vorfreude auf seine zukünftige Tätigkeit: Laut Ebert sei die Arbeit bei Lotto Sachsen-Anhalt eine neue Herausforderung. In der Lottogesellschaft stecke ein enormes Potenzial hinsichtlich der Entwicklung in einem neuen Marktumfeld. Der Fokus seiner Arbeite liege auf der Gewährleistung eines ebenso sicheren wie und attraktiven Spieleangebots.

Das einhundertprozentige Landesunternehmen Lotto Sachsen-Anhalt bietet seit 1991 eine Vielzahl von Lotteriespielen und Wetten bei Oddset an. Laut eigenen Angaben seien aus den Spieleinsätzen inzwischen über 10.800 gemeinnützige Projekte in Sachsen-Anhalt mit einer Summe von 212 Millionen Euro gefördert worden. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen 89 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die meisten davon direkt am Hauptsitz in Magdeburg. Dieser ist Vertragspartner von rund 660 Lotto-Verkaufsstellen mit über 2.500 Angestellten.

Zu den Hintergründen der Untersuchung

Ebert muss das verlorene Vertrauen in die Lottogesellschaft Sachsen-Anhalt wiederherstellen. Grund sind eine Reihe dubioser Geschehnisse unter der ehemaligen Geschäftsführerin Maren Sieb, der im Abschlussbericht des Lotto-U-Ausschusses Verselbstständigung, Risikobereitschaft und übertriebene Umsatzorientierung vorgeworfen wird. Im Fokus standen vor allem fragliche Wettplatzierungen in einer Lottofiliale in Zerbst. Dort kam es 2017 innerhalb eines halben Jahres zu außergewöhnlich hohen Spieleinsätzen und Gewinnausschüttungen.

Neun Großspieler sollen über 100.000 Euro an Wetteinsätzen bei Oddset platziert haben. Auch die Gewinne waren auffallend hoch. Der Verdacht von Geldwäsche stand schnell im Raum, da die Vorgänge von der Geschäftsführung nicht hinreichend transparent gemacht wurden. Woher die Gelder ursprünglich stammen, ist bis heute ungeklärt.

Brisant ist, dass der Ehemann von Maren Sieb eine neuartige Lotto-Software mitentwickelt haben soll, was eine Reihe zusätzlicher Fragen aufwarf, die ebenfalls ungeklärt blieben. Die Filiale wurde inzwischen geschlossen. Finanzminister Michael Richter sprach eine außergewöhnliche Kündigung aus. Außerdem war die Rede von geschäftsschädigendem Verhalten und einem gebrochenen Vertrauensverhältnis.

Andere deutsche Lottogesellschaften hatten sich im Vorfeld zu den Vorgängen in Zerbst geäußert. So bekundeten Lotto Bayern und Lotto Niedersachsen sich bereits 2018 an Lotto Sachsen-Anhalt gewandt zu haben, um auf die außergewöhnlich hohen Spieleinsätze aufmerksam zu machen. Man habe Bedenken über geschäftsschädigendes Verhalten zum Ausdruck gebracht und ein Einsatzlimit vorgeschlagen. Auch hierauf hatte Lotto Sachsen-Anhalt nicht hinreichend reagiert.

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