Facebook steigt in großem Stil in E-Sports ein

Am zunehmenden Hype um E-Sports will auch das größte soziale Netzwerk der Welt teilhaben. Facebook ist dazu eine Partnerschaft mit der ESL eingegangen und erhält exklusive Übertragungsrechte. Kann Facebooks später Einstieg gelingen?

Bereits im letzten Jahr zeigte das soziale Netzwerk seinen Nutzern Inhalte der Electronic Sports League (ESL). Doch 2018 soll mit beliebteren Formaten und besserer Streamqualität den Durchbruch für Facebook als Sender markieren. Dazu hat man sich die Exklusivrechte an der Counter-Strike Pro League sowie den ESL One Turnieren gesichert. Auch technisch hat man aufgerüstet, neuerdings wird in Full HD Auflösung mit 60 Bildern pro Sekunde gestreamt. Zusätzlich können Virtual Reality Brillen verwendet werden, die eine 360° Ansicht der Inhalte erlauben.

Durchwachsener Start

Die ersten Übertragungen haben bereits stattgefunden, seit einigen Tagen läuft die ESL One Genting in Malaysia. Gespielt wird das populäre Dota 2, ein Actionstrategiespiel im Modus 5 vs. 5. Doch noch ist das Interesse der Zuschauer überschaubar – maximal schauten sich 5.000 Menschen gleichzeitig den Stream an. Zwar waren die Voraussetzungen nicht optimal, Vorrundenspiele werden auch auf anderen Plattformen wenig beachtet. Hinzu kommt die, zumindest für das westliche Publikum, ungünstige Zeitverschiebung. Dennoch wecken die Zahlen Zweifel, ob das Angebot den hohen Erwartungen gerecht werden wird. Zumal zum Betrachten der Streams kein Facebook-Account notwendig ist.

Aufbauend auf unserer erfolgreichen Partnerschaft, glauben wir, dass Facebook die perfekte Plattform ist, um bestehendem und neuen Publikum die Pro League und ESL One Wettbewerbe näherzubringen.Nik Adams, Senior Vice President Global Media Rights & Distribution, ESL

Die Reichweite von Facebook ist zweifelsohne gewaltig. Bereits 2017 habe man insgesamt 300 Millionen Nutzer mit der ersten Welle von ESL-Inhalten erreichen können. Doch im Facebook Feed möglichst vieler Mitglieder zu erscheinen ist etwas anderes, als Zuschauer an eine Liveübertragung zu binden. Vor allem wenn sich um Spielestreams bereits eine eigene Kultur entwickelt hat.

Eine besondere Community

Die dominierende Webseite für Spielestreams ist twitch.tv, das mittlerweile zu Amazon gehört. Hier streamen Privatpersonen ihre Spiele genauso wie große Organisationen offizielle Turniere. Doch der Unterhaltungswert der Übertragungen besteht nicht nur aus den Videos, sondern wird von den Zuschauern selbst erzeugt. Via Livechat kommentieren diese permanent das Gezeigte oder tauschen zahllose Memes aus, die zur Erheiterung beitragen. Der Twitch Chat ist berüchtigt für seine anarchischen, kritischen, absurden und nicht selten beleidigenden Inhalte. So führen bereits kleine Fehler von Kommentatoren zu einer Welle an Schadenfreude und einer Menge von Nachrichten, denen kaum noch zu folgen ist. Die Teilnehmer animieren sich gegenseitig, Meldungen zu wiederholen oder teilen absurde Geschichten. Was im Stream gezeigt wird spielt bisweilen kaum noch eine Rolle. Vor allem in Werbeunterbrechungen findet so weiterhin Unterhaltung statt. Zur langfristigen Kommunikation nutzt dieses Publikum die Diskussionsplattform reddit, nicht Facebook. Dort machte sich auch direkt Häme über die schlechten Zuschauerzahlen auf Facebook breit – man verwies gleichzeitig auf Alternativen bei twitch.

Dieses anarchische Verhalten ist der Anonymität der Nutzer geschuldet. Und dieses, zumindest für viele Zuschauer, durchaus sympathische Chaos dürfte es auf Facebook mit seinem Klarnamenzwang in dieser Form nicht geben. Andererseits könnte hierin auch eine Chance für das soziale Netzwerk bestehen, ein erwachsenes Publikum anzusprechen, das mit der Infantilität eines Twitch wenig anfangen kann. Die etablierte Zuschauerschaft zu erobern, dürfte sich allerdings als schwierig erweisen. Es ist eher zu erwarten, dass diese die „exklusiven“ Inhalte Facebooks gleichzeitig auf anderen Plattformen verbreiten werden. Spätestens das Finale der ESL One am kommenden Sonntag wird zeigen, ob die Community der Gamer Facebook eine Chance gibt oder sich zum Boykott entschließt.

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