1,3 Mrd.-Strafe gegen PokerStars?

Im Dezember 2020 hatte der Oberste Gerichtshof von Kentucky ein 2018 aufgehobenes Urteil über 870 Millionen US-Dollar gegen PokerStars überraschend wiederaufgerollt. Das zu Flutter Entertainment gehörende Unternehmen wurde zur Kasse gebeten und sollte obendrein noch Zinsen zahlen. Die Gesamtsumme der Strafe beläuft sich auf 1,3 Milliarden US-Dollar. Eine von Flutter beantragte Neuverhandlung wurde nun abgelehnt. Muss PokerStars die Summe zahlen?

Der Haupteingang des Obersten Gerichtshofs der USA.

PokerStars erklärte bis vor den obersten Gerichtshof der USA zu ziehen, um das Urteil abzuwenden. ©MarkThomas/Pixabay

PokerStars: Rechtliche Mittel voll ausschöpfen

Seit Dezember droht dem Online Poker-Weltmarktführer PokerStars eine 1,3 Milliarden US-Dollar schwere Strafe im US-Bundesstaat Kentucky. Die Summe bezieht sich auf die Altlasten eines Zeitraums, in dem Online Poker durch den sogenannten Unlawful Internet Gambling Enforcement Act (UIGEA) verboten war. Weil das Urteil überraschend wieder aktiviert wurde, prüfte PokerStars alle rechtlichen Gegenmaßnahmen und beantragte eine Neuverhandlung.

Die Neuverhandlung wurde nun vom Obersten Gerichtshof in Kentucky abgelehnt. In einer Pressemitteilung erklärte der PokerStars-Inhaber Flutter Entertainment sein Bedauern über die Entscheidung. Man sei enttäuscht über die Ablehnung des Antrags und bestreite weiterhin vehement die Grundlage des Urteils, so das Unternehmen. Zusammen mit seinen Rechtsberatern werde Flutter das Urteil erneut prüfen.

Dies beinhalte auch eine mögliche Berufung vor dem Obersten Gerichtshof der USA, dem United States Supreme Court (USSC). Die rechtlichen Mittel sollen voll ausgeschöpft werden, um das Urteil anzufechten und abzumildern. Des Weiteren gehe man davon aus, dass letzten Endes nur ein sehr begrenzter Teil der geforderten Summe gezahlt werden müsse.

Das ursprüngliche Urteil gegen PokerStars folgte 2015 auf eine Zivilklage des Staates gegen eine Reihe von Online Glücksspielanbietern, die gegen den 2006 verabschiedeten UIGEA verstoßen hatten. Einige Betreiber schlossen Deals mit dem Staat ab. PokerStars, welches damals noch von Isai Scheinberg und seinem Sohn Mark kontrolliert wurde, versuchten jedoch das Vorgehen von Kentucky anzufechten. PokerStars wurde später von The Stars Group (TSG) übernommen, 2018 wurde die Aufhebung des Urteils gefeiert. Laut Gericht würde der jetzt zurückgeforderte Betrag nicht einmal den tatsächlichen Schaden abdecken.

Ein guter Tag für Kentucky?

Die Wiederauslegung des Urteils kommt für PokerStars völlig überraschend. Vor allem weil die Strafe sich noch auf eine Zeit bezieht als PokerStars noch unter dem Dach von Amaya Gaming stand und Online Poker in den gesamten USA illegal war. Im Dezember stimmte der Oberste Gerichtshof von Kentucky mit 4:3 Stimmen plötzlich dafür, das Urteil, welches eine Schadensersatzforderung in Höhe von 870 Millionen US-Dollar darstellt, wieder auszurollen.

Die Summe ist bereits eine Verdreifachung des 290 Millionen US-Dollar schweren Urteils, welches Richter Thomas Wingate ursprünglich 2015 gegen PokerStars verhängte. Nun sollen sogar noch Zinsen dazukommen: Die Strafe beläuft sich inzwischen auf satte 1,3 Milliarden US-Dollar.

Kentuckys Gouverneur Andy Beshear sprach im Dezember von einem guten Tag für den US-Bundesstaat Kentucky. Er erklärte, dass die Summe dem über vier Millionen Einwohner zählenden Staat dabei helfen werde, sich von den schwerwiegenden Folgen der Coronakrise zu erholen. Ferner erklärte er, dass es sich um die rechtmäßige Rückerstattung unzähliger Dollars handle, die ein kriminelles Syndikat in dem Bundesstaat eingenommen habe.

Basiert Urteil auf veralteten Gesetzen?

Flutter betonte, dass sich die Gesamteinnahmen von PokerStars während des besagten Zeitraums (2006 bis 2011) auf nur etwa 18 Millionen US-Dollar beliefen. Aus diesem Grund wollte man erneut in Berufung treten und hatte eine Neuverhandlung beantragt. Das Gesetz, unter dem Kentucky den Schadensersatz verlangt, ist der sogenannte Loss Recovery Act (LRA), welcher es Dritten erlaubt, Glücksspielfirmen für die Verluste anderer Leute zu verklagen.

Diese Drittparteien können einen dreimal so hohen Wert – bemessen an den Verlusten der Spieler – verlangen, selbst wenn sich die Parteien überhaupt nicht persönlich kennen. Laut Kentucky hätten zwischen 2006 und 2011 mindestens 34.000 Spieler rund 290 Millionen US-Dollar verspielt. Dementgegen erklärte PokerStars, dass die Gesetze, auf denen das Urteil basiert, allesamt veraltet sind.

Das Gericht wies in diesem Zusammenhang das Argument von PokerStars ab, dass es der Staat versäumt habe, einzelne Einwohner samt Summen zu identifizieren, die tatsächlich Geld bei PokerStars verloren hatten. Eine ähnlich ablehnende Haltung nahm das Gericht gegenüber der Behauptung von PokerStars ein, dass der Staat keine Person im Sinne des LRA sei.

Inzwischen hat Flutter sich erneut rechtlich beraten lassen und argumentiert, dass das Urteil im Widerspruch zum modernen US-Gesetz stehe. Kentucky beziehe sich auf ein jahrhundertealtes Gesetz (LRA), weshalb das Urteil vehement zu bestreiten sei. Ob PokerStars die Summe nun tatsächlich zahlen muss, ist unklar. Die Entwicklungen bleiben abzuwarten.

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