Weg für Online-Lizenzen in Slowakei frei

Eine empfindliche politische Niederlage des slowakischen Präsidenten Andrej Kiska im Machtkampf mit Parlament und Regierung beschert Bewerbern um Lizenzen für den Betrieb von Online Casinos in der Slowakei demnächst günstigere Rahmenbedingungen.

Ein Porträt des slowakischen Präsidenten Andrej Kiska, der ein Redemanuskript haltend hinter Mikrofonen auf einer Bühne steht.

Der slowakische Präsident Andrej Kiska musste eine Niederlage einstecken.

Mehr Spielerschutz angemahnt

Das slowakische Parlament überstimmte ein Veto des Präsidenten, der ein Gesetz zur Regulierung des Glücksspiels verschärft sehen wollte. Kiska, ein parteiungebundener Seiteneinsteiger in die Politik, hatte das schon verabschiedete Gesetz kurz vor Weihnachten mit seinem präsidialen Veto gestoppt.

Der Präsident verlangte Nachbesserungen im Interesse strengeren Spielerschutzes. Unter anderem wollte er sichergestellt sehen, dass Bankrotteure vom Glücksspiel ausgeschlossen werden. Das war nicht ganz ohne Ironie, denn der erfolgreiche Geschäftsmann Kiska hatte seine erste Firmengründung einst in die Pleite gesteuert. Er wollte mit seinem Veto auch erreichen, dass staatliche Einnahmen aus dem Glücksspiel direkt in Hilfs- und Beratungsangebote für Spielsüchtige fließen.

“Ich habe einige Vorbehalte, die die Fehlerhaftigkeit des verabschiedeten Gesetzes beweisen“Andrej Kiska, Präsident der Slowakischen Republik

Opposition hilft Regierung

All diese Wünsche hat das slowakische Parlament, der Nationalrat, nun abgeschmettert, indem es Kiskas Veto kippte. Die dafür notwendige Mehrheit kam mit Hilfe von Abgeordneten der bürgerlichen Opposition zustande. Einen solchen Erfolg der sozialdemokratisch geführten Regierung unter Peter Pellegrini hatten Branchen-Insider im Dezember noch für höchst unwahrscheinlich gehalten. Finanzminister Peter Kazimir kann seinen kurzfristig gestoppten Gesetzentwurf nun umsetzen, bevor er im März in den Sessel des Präsidenten der slowakischen Nationalbank wechselt.

Die Schlappe des eigenwilligen Präsidenten öffnet den Weg für eine Liberalisierung der Rahmenbedingungen für Online Glücksspiel in der Slowakei, die sich an dem Vorgehen Dänemarks, Schwedens, Tschechiens und Rumäniens orientiert. Finanzminister Kazimir hält das neue Regelwerk für so beispielhaft, dass er es seinem montenegrinischen Kollegen Darko Radunovic kürzlich erst bei einem Arbeitsbesuch in der Balkanrepublik als Vorbild empfahl.

Kurswechsel des Finanzministers

Noch 2017 hatte das slowakische Finanzministerium renommierten Branchengrößen drastische Strafen angedroht, sollten sie ihre Angebote Spielern in der Slowakei im Internet zugänglich machen. Nun erwartet eine neu zu schaffende Aufsichtsbehörde voraussichtlich bereits ab 1. März Bewerbungen für Lizenzen.

Sowohl nationale wie auch ausländische Firmen dürfen Anträge einreichen. Die Lizenzen zum Preis von drei Millionen Euro sollen zehn Jahre gelten und mit einer Option auf Verlängerung um weitere fünf Jahre einhergehen. Möglicherweise werden sie schon ab 1. Juli ausgegeben.

Herkömmliche Casinos und Spielhallen müssen in der Slowakei infolge des neuen Gesetzes veränderte Bestimmungen für das Aufstellen von Spielautomaten beachten. Künftig gilt eine Höchstgrenze von 15 Automaten in einer Spielstätte, und die müssen alle vom selben Hersteller stammen. Bars und Restaurants dürfen überhaupt keine Automaten mehr aufstellen.

In der Vergangenheit hatten Spielstätten in der slowakischen Hauptstadt Bratislava davon profitiert, dass im nahen Wien das so genannte kleine Spiel an Automaten nicht mehr gestattet ist. 2016 zählte Pressburg, eine Stadt mit einer knappen halben Million Einwohner, mehr als 200 Spielhallen. Eine Initiative, das Glücksspiel in der Stadt zu verbieten, löste erbitterte Debatten und Demonstrationen aus. Noch dürfen Spielbetriebe in Bratislava operieren, aber ihre Konzessionen laufen aus. Die Zulassung von Glücksspiel ist in der Slowakei Sache der Gemeinde.

Der Staat kassiert ab

Auf die Einnahmen aus dem Betrieb von Online Casinos werden 22,07 Prozent Steuern fällig. Präsident Kiska hatte sich daran gestört, dass die Regierung sich auf keinen Verwendungszweck für die Mehreinnahmen festlegen wollte. Außerdem hatte er die Befürchtung mangelnden Datenschutzes geäußert. Die vorgesehene Übermittlung von Kopien der Ausweispapiere der Kunden sei nicht sicher genug.

Kiska hat sich in der Vergangenheit mehrere Scharmützel mit der Regierung geliefert und beklagt, dass der Politikstil in seinem Lande reformbedürftig sei. Das einstige östliche Musterland Slowakei ist in den Ruch der Korruption geraten. Durch seine Niedrigsteuer-Politik hatte es nach dem EU-Beitritt 2004 internationale Investoren angelockt. Mittlerweile klagen Unternehmen über mangelnde Rechtssicherheit und unzuverlässige Behörden.

Vergangenes Jahr löste die Ermordung des investigativen Journalisten Jan Kuciak in dem 5,5-Millionen-Einwohner-Land in der Mitte Europas eine regelrechte Staatskrise mit Bürgerprotesten und Regierungssturz aus. Auch die EU wurde hellhörig und schaute sich genauer an, was mit ihren Subventionen in der Slowakei geschah – und war entsetzt.

Kiska, seit 2014 im Amt, konnte sich als unbelasteter Newcomer und Menschenfreund positionieren, der nicht zur slowakischen Politikerkaste gehörte. Trotz hohen Zuspruchs in Umfragen kandidiert er bei der Präsidentenwahl im März nicht erneut. Jedoch ist es nicht ausgeschlossen, dass er sich weiter politisch betätigt, möglicherweise mit der Gründung seiner eigenen Partei. Der Philantrop und Millionär könnte also in der Zukunft bei der Gesetzgebung doch noch ein Wörtchen mitzureden haben.

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