US-Urteil hebt Sportwettverbot auf

Ein Foto des 68jährigen Obersten US-Bundesrichters Samuel Alito.

Der vorsitzende USSC-Richter Samuel Alito sieht seine Aufgabe als erfüllt an. Er selbst stammt aus Trenton, New Jersey. (Bildquelle)

Infolge einer mehrjährigen Klagewelle des US-Bundesstaats New Jersey hat der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten (United States Supreme Court, USSC) das bundesweite Sportwettverbot annulliert, was der hiesigen Wettindustrie womöglich einen gigantischen Markt eröffnet. Sportwetten waren bislang in nur vier von fünfzig US-Staaten legal.

Seit Montag (14.05) ist amtlich, was seit Jahren in juristischer Schwebe hing: Der in Washington D.C. sitzende USSC – die höchste rechtsprechende Instanz der Vereinigten Staaten von Amerika – hat mit einer Mehrheit von 7 zu 2 der Verfassungsklage des US-Bundesstaats New Jersey stattgegeben. Das US-Bundesverbot gegen Sportwetten gilt somit als verfassungswidrig und außer Kraft gesetzt. Bis dato waren lediglich Oregon, Delaware, Montana und natürlich Nevada von dem seit 1992 geltenden „Berufs- und Amateursport-Schutzgesetzt“ (Professional and Amateur Sports Protection Act, PASPA) ausgeschlossen.

Auf Basis des 10. Zusatzartikels zur Verfassung der Vereinigten Staaten – „Die Machtbefugnisse, die von der Verfassung weder den Vereinigten Staaten übertragen noch den Einzelstaaten entzogen werden, bleiben den Einzelstaaten oder dem Volke vorbehalten.“ – dürfen fortan sämtliche der 50 US-Bundesstaaten autonom über ihre Sportwettregulierungen entscheiden und sogenannte ‚State Laws‘ darüber erlassen. Der Oberster Bundesrichter der USA, der 68jährige Samuel Alito bestätigt:

„Unsere Aufgabe ist es, das vom Kongress erlassene Gesetz auszulegen und zu entscheiden, ob es mit der Verfassung vereinbar ist. PASPA ist es nicht. Eine Legalisierung von Sportwetten ist eine wichtige politische Entscheidung, aber nicht unsere. Der Kongress kann Sportwetten zwar direkt regulieren, aber wenn er sich dafür entscheidet, ist jeder Staat frei, eigenständig zu handeln.“

Kleiner großer Vorreiter: New Jersey

Ein Panoramafoto des Obersten Gerichtshofs der USA in Washington D.C.

The United States Supreme Court, der Oberste Gerichtshof der USA, fällte das Urteil, von dem Sportwettanbieter träumten. (Bildquelle)

Neben diversen führenden Glücksspielanbietern hat sich insbesondere jener viertkleinste US-Bundesstaat New Jersey jahrelang für einen landesweiten, regulierten Sportwettmarkt stark gemacht. Erste Verfassungsbeschwerden des nordöstlich gelegenen Küstenstaats gingen bereits 2012 unter Ex-Gouverneur Chris Christie (amt.2010-2018) in Washington D.C. ein.

Das Hauptargument für die Liberalisierung sieht Christie seither in der Ausbreitung illegaler Sportwetten, nach Schätzungen der American Gaming Association (AGA) werden in den USA pro Jahr etwa 150 Mrd. US-Dollar illegal auf Sportevents verwettet. Darüber hinaus betont Christie bis heute die Pflicht der Bundesjustiz, die Freiheitsrechte der Bevölkerung zu wahren – der Wunsch nach Sportwetten sei demnach niemandem auszuschlagen. Der bekennende Freund Donald Trumps twittert demgemäß in Anbetracht des aktuellen Entscheids:

„Ein großer Tag für die Rechte der Staaten und ihre Bürger, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Die Bürger von New Jersey wollten Sportwetten und die Bundesregierung hat kein Recht, ihnen das zu verwehren. Der Oberste Gerichtshof stimmt uns heute zu. Ich bin stolz darauf, für die Rechte der Menschen in NJ gekämpft zu haben.“

Auch Christies Nachfolger, der amtierender NJ-Gouverneur Phil Murphy, gibt sich zufrieden infolge der letztendlichen Urteilsverkündung des USSC. Der frühere Investment-Banker lässt Motivation und Vorfreude bezüglich der anstehenden Zusammenarbeit mit den Gesetzesgebern verlauten und will „in sehr naher Zukunft“ einen Korpus zur Sportwettregulierung ausfeilen. Diesbezüglich hat unlängst auch die AGA ihren Tatendrang bekundet:

„Wir wollen mit allen Interessengruppen, Staaten, Städten, Sportligen und Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten, um ein neues regulatorisches Umfeld zu schaffen und von dieser Gelegenheit profitieren. Wir wollen Fans gewinnen und die lokale Wirtschaft ankurbeln.“

Ganz im Sinne des Ex-Gouverneurs Christie hält der Interessenverband der US-Glücksspielindustrie eine Aufhebung des Sportwettverbots für längst überfällig. Zukünftig sehen die Branchenvertreter einen florierenden Milliardenmarkt auf dessen Fundament die USA „eine Führungsrolle für den Rest der Welt“ übernehmen könnte.

„Die heutige Entscheidung ist ein Sieg für die Millionen von Amerikanern, die auf sichere und regulierte Weise auf Sportereignisse setzen wollen. Laut einer Umfrage der Washington Post glauben 55 Prozent der Amerikaner, dass es an der Zeit ist, das Bundesverbot für Sportwetten zu beenden“, so heißt es.

Wettlauf in Progress

Ein positiver Aktienchart des Glücksspielkonzerns 888 Holdings infolge der Aufhebung des US-Sportwettverbots.

Ein klarer Fall von Wachstum: Die Aktie der 888 Holdings infolge des kürzlichen US-Urteils. (Bildquelle)

Wie der New Yorker Medienriese Bloomberg berichtet, könnte sich der US-Markt für legale Sportwetten bereits binnen weniger Wochen auf breiter Ebene etablieren – die Aktien der internationalen Big-Betting-Player boomen bereits jetzt schon:

An der London Stock Exchange (LSE) hat sich der Marktwert des Ladbrokes Coral-Inhabers GVC Holdings über 7,5% gesteigert. Der britische Traditionsbuchmacher William Hill, der in Nevada die höchste Anzahl an Sportwettbüros betreibt, kann 11% Wachstum verzeichnen, während der irisch-britische Wettgigant Paddy Power Betfair infolge des US-Urteils um satte 12% zulegt.

LSE-Spitzenreiter ist mit einer Zuwachsrate von exorbitanten 16% jedoch die 888 Holdings. Folglich „begrüßt“ CEO Itai Frieberger die aktuellen Entwicklungen – die potenziellen Wachstumschancen auf dem US-Markt seien für 888 „beträchtlich“, wie der Geschäftsführer sagt.

Übersee sind die Aktien der größten US-Casino-Hotel-Resort-Kette Caesars Entertainment mit einer Zuwachsrate von 9 % in die Höhe geschossen. Der Automatenhersteller Scientific Games aus Las Vegas, der auch virtuelle Wett-Terminals produziert, verzeichnet gar einen Anstiegt von über 14%.

Ebenso wie der kanadische Pokerstars-Inhaber The Stars Group (14,3%). Seit der Übernahme des britischen Buchmachers SkyBet im vergangenen April gilt die in Toronto sitzende Aktiengesellschaft mit einem Marktwert von über 4 Mrd. US-Dollar als größtes börsennotiertes Glücksspielunternehmen der Welt. Erst vor kurzem hatte der Konzern im Rahmen seiner Q1-Ergebnispräsentation auf eine Öffnung des US-Sportwettmarkts spekuliert.

Abseits aller Mutmaßungen hängt es jedoch zunächst an den einzelnen US-Staaten schnellstmöglich eine rundum zufriedenstellende Regulierungen vorzunehmen. Indessen stößt die Liberalisierung des Sportwettmarktes bei weitem nicht überall auf Zuspruch: Vertreter der US-Sportliegen NBA und NFL sehen die Integrität ihres Sports durch Wetten gefährdet, der Bundesstaat Utah warnt vor den Gefahren des Internets, obendrauf beklagen Juristen, dass PASPA „nicht mit einem Skalpell beschnitten“, sondern „per Axt“ zerschlagen wurde.

Die Entwicklungen bleiben also vorerst „aufregend“ – wie es Paddy Power Betfair-CEO Peter Jackson ausdrückt.

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