Rheinland-Pfalz: Spielhallen atmen auf

Die Spielhallenbesitzer des Bundeslandes Rheinland-Pfalz haben Grund zum Aufatmen: Der neue Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP sieht eine Übergangsfrist von sieben Jahren für die neue Mindestabstandsregel von 500 Metern zwischen Spielhallen vor. Die zeitnahe Umsetzung der Regel hätte zu Hunderten Schließungen und massenweise Entlassungen geführt. Könnte sich das Umdenken auch auf andere Bundesländer auswirken?

Eine Frau spielt an einem herkömmlichen Automaten.

Durch die Mindestabstandsregel standen in Rheinland-Pfalz über 2.000 Jobs auf der Kippe. ©ErikMclean/Unsplash

Ampelkoalition kommt Spielhallen entgegen

Durch einen Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP wurde ein sich anbahnendes Spielhallen-Fiasko in Rheinland-Pfalz zumindest vorerst abgewendet. Spielhallen und Wettbüros wird eine Übergangsfrist von sieben Jahren zur Umsetzung der umstrittenen Mindestabstandsregel von 500 Metern gewährt. Mehr als die Hälfte der Spielhallen hätte durch die Regel, welche im neuen Glücksspielgesetz (GlüStV) verankert ist, dauerhaft schließen müssen.

Die siebenjährige Übergangsfrist ist die Verlängerung einer bereits geltenden Ausnahmeregel – im Koalitionsvertrag ist allerdings die Rede von einer letztmaligen Übergangsphase. Im Vorfeld hatte die Spielhallenbranche davor gewarnt, dass der Mindestabstand zum Verlust von bis zu 2.500 Arbeitsplätzen führen könnte. Der Städtetag sah hingegen Steuereinnahmen zwischen 20 und 30 Millionen Euro pro Jahr gefährdet.

Der Branchenführer, die Löwen Entertainment Gruppe, begrüßte den Schritt der Ampelkoalition, während sich Kritiker und Suchtexperten enttäuscht zeigten: Man habe gehofft, die Anzahl der Spielhallen nehme zukünftig ab, stattdessen käme der Landtag der Glücksspielbranche stark entgegen, so die Landesstelle für Suchtberatung. Die Mindestabstandsregel sollte eigentlich ab dem 01. Juli mit der Inkraftsetzung des GlüStV greifen.

Die Mindestabstandsregel ist Teil des neuen deutschen Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV), welcher ab Juli gilt und jüngst von allen 16 Bundesländern bewilligt wurde. Die Entscheidung zur Einführung und zur Größe des Mindestabstandes obliegt den Bundesländern. Für Aufsehen sorgte diesbezüglich das Bundesland Nordrhein-Westfalen mit dem Beschluss, die Qualität von Spielhallen über die Einhaltung des Mindestabstandes zu stellen. Die DAW (Deutsche Automatenwirtschaft e. V.) begrüßte den Schritt, dieser käme dem regulierten Spieleangebot zugute. Darüber hinaus sieht der GlüStV die Regulierung von seriösen Online Casinos, Online Sportwetten und Online Poker vor.

Macht der Mindestabstand wirklich Sinn?

Der Landtag Rheinland-Pfalz hatte die Entscheidung zur Mindestabstandregel im Januar kurz vor Ende der Legislaturperiode vertagt. Grund waren weitere rechtliche Überprüfungen und eine Abschätzung der potenziellen Risiken und Verluste. Die Gesetzesnovelle sei in jedem Fall notwendig, um die Rahmenbedingungen für verantwortungsvolles Glücksspiel zu stärken, dennoch wolle man nach einer Lösung suchen, die alle Seiten zufrieden stellt.

Folglich entfachte im Landtag eine Debatte über die Frage, ob die Mindestabstandsregel tatsächlich Sinn macht. Während die Grünen sich um eine Zunahme von Spielsucht sorgten, befürchtete die FDP den Verlust von etlichen Arbeitsplätzen. Parallel dazu pendelte die SPD zwischen Befürwortung und Ablehnung des Gesetzes hin und her. Bei etwaigen Sitzungen des Innenausschusses konnte über Wochen hinweg keine Einigung erzielt werden.

Städtetag: Neues Gesetz irreführend

Auch der Direktor des rheinland-pfälzischen Städtetags, Michael Mätzig, zeigte sich besorgt über die Regel: Das neue Gesetz sei irreführend, so Mätzig. Zudem würde in dem Entwurf an keiner Stelle erwähnt, dass die Städte durch die Spielhallenreduktion zwischen 20 und 30 Mio. Euro an jährlichen Steuereinnahmen verlieren könnten. Auch, dass rund 2.500 Arbeitsplätze gefährdet sind, würde keine Erwähnung finden.

Laut Mätzig würden bei diesen Zahlen Grenzen überschritten, die vorab näher betrachtet werden müssen. Den Menschen, die ihre Arbeit in Zeiten von Corona verlieren, könne man wahrscheinlich kaum Alternativen bieten. Außerdem sei das Qualifikationsniveau unter Spielhallenmitarbeitern eher gering. Unter den Betroffenen seien viele ungelernte Kräfte und Minijobber.

Gravierende Folgen durch Mindestabstand

In Rheinland-Pfalz hätte der Mindestabstand von 500 Metern dazu geführt, dass 329 von 610 Spielhallen die Pforten dicht machen müssen. Trier wäre besonders hart getroffen worden: 20 von 22 Spielhallen wäre geschlossen worden. In der Region um Trier wären 36 von 72 Spielhallen betroffen gewesen. Dazu vier Spielhallen im Eifelkreis Bitburg-Prüm und in Bernkastel-Wittlich, sechs im Kreis Trier-Saarburg und zwei in der Vulkaneifel.

Ähnliche Entwicklungen haben sich auch in anderen deutschen Städten abgezeichnet – so zum Beispiel in Düsseldorf, wo die Spielhallenreduktion laut Merkur-Chef Paul Gauselmann zu einem Totalverlust geführt hätte: 30 von rund 100 Spielhallen wären von der Bildfläche verschwunden. Darüber hinaus wird eine Reduktion von 496 auf 120 Spielhallen in Berlin angestrebt. Die Etablissements würden den Kiez verunglimpfen, so das Kredo aus Politkreisen. Die Löwen Gruppe übte folglich scharfe Kritik: Der geplante Abbau sei eine Politik das Chaos, so das Unternehmen.

In Rheinland-Pfalz warnte der Städtetag außerdem davor, dass sich die Betreiber nicht mehr von der derzeitigen Coronakrise erholen könnten, wenn der Mindestabstand zusätzlich greift. Zu viele Kunden würden dann endgültig ins Internet abwandern. Daher solle den Spielhallenbetreibern die Möglichkeit eingeräumt werden, neue Konzessionen zu beantragen, um sich den künftigen Gegebenheiten anzupassen. Mit der neuen Frist scheinen die Anbieter nun jedoch erstmal verschnaufen zu dürfen.

Ähnliche Beiträge