Prozess um Pokerstar Phil Ivey geht weiter

Das US-Bundesgericht New Jersey hat eine Genehmigung erteilt, Phil Iveys Vermögenswerte in Nevada zu beschlagnahmen. Es geht um eine Gewinnrückzahlung von mindestens 10,16 Mio. US-Dollar an das Borgata Hotel Casino in Atlantic City. Der Betrugsprozess gegen den Pokerstar läuft bereits seit 2012. Nach wie vor weigert sich Ivey zu zahlen.

Ein Foto des weltbekannten Pokerstars Phil Ivey.

Der weltbekannte Pokerstar Phil Ivey – bereits seit 2012 steht er wegen Falschspiels am Pranger.

Vermögensfahndung in Nevada

Die juristische Schlacht um das Betrugsurteil gegen den zehnfachen WSOP-Bracelet-Gewinner Phil „No Home Jerome“ Ivey geht in die nächste Runde und damit über die Staatsgrenzen New Jerseys hinaus: Nachdem festgestellt wurde, dass Ivey im redensartlichen Garden State keine Vermögenswerte besitzt, hat die Muttergesellschaft des Borgata Hotel Casino in Atlantic City – Marina District Development Co. LLC – nun eine gerichtliche Verfügung erwirkt, die es erlaubt Iveys Vermögen im US-Bundesstaat Nevada anzufechten.

Hier darf ab sofort offiziell nach dem Vermögen des Pokerstars gefahndet werden. Ivey selbst ist wohnhaft in Las Vegas, sein Vermögen wird auf über 100 Mio. US-Dollar geschätzt. Die Behörden sowie das Borgata gehen davon aus, dass Ivey zumindest einen Teil seines Vermögens in dem Glücksspielstaat angelegt hat. Nachdem festgestellt wurde, dass Ivey in New Jersey lediglich über ein „Null-Dollar-Bankkonto“ verfügt, wurde die Meldung über den Gerichtsbeschluss zuerst über die bekannte Pokernachrichtenseite Flush Draw veröffentlicht.

Der Anordnung des Supreme Court New Jersey geht eine Status-Konferenz am 24. Januar voraus, ebenso eine Vorladung Phil Iveys, die für den 30. Januar 2019 angesetzt wurde. Hier sollten Iveys Geldschulden an das Borgata – umgerechnet rund 8,6 Mio. Euro – offiziell hinterlegt werden. Die Gerichtstermine sind jedoch bisher nur leerer Bestandteile der Akte des Falls. Derweil wird vermutet, dass der Poker-Promi zu den Anhörungen erst gar erschienen war. Von Seiten Iveys Anwalt Louis M. Barbone gibt es hierzu bislang kein Statement.

Das Ergebnis des Nichterscheinens ist jetzt eine sogenannte „einseitige Anordnung“, mit der die Urteilsvollstreckung auf Nevada ausgedehnt wird. Der Bundesrichter Noel L. Hillman leitete die Ausweitung auf Anfrage der Borgata-Mutterfirma ein, wobei bisher „kein Widerspruch gegen den Antrag eingereicht oder angenommen“ wurde. Weder Ivey noch sein Anwalt protestierten gegen die Einreichung.

Anstelle den Aufforderung nachzukommen – die bereits seit 2016 an Ivey gerichtet werden – unternahmen Ivey und sein Anwalt Versuche den Kläger von der Durchsetzung des Urteils abzuhalten indem ein sogenannter Supersedeas-Bond, eine „dazwischentretende Anleihe“ hinterlegt wurde, womit Iveys Vermögenswerte „ausgeweicht“ werden sollten. Im Vorfeld war Ivey bereits zweimal erfolglos in Revision getreten. Dass sich Richter Hillman angesichts dieser Entwicklungen „gezwungen sah“ die Ausweitung der Vollstreckung auf Nevada auszudehnen, verwundert kaum.

Zum Verständnis

Das Glücksspiel-Resort Borgata Hotel Casino & Spa in Atlantic City hatte Phil Ivey 2012 zu insgesamt vier Punto Banco Baccarat-Spielen nach Atlantic City eingeladen. Das Poker-Ass knüpfte sein Erscheinen jedoch im Vorfeld an eine Reihe außergewöhnlicher Forderungen: Eine mechanische Mischmaschine sollte eingesetzt werden, auch die Spielkarten-Marke legte Ivey fest. Zudem sollte der Croupier Mandarin sprechen können. Ivey erschien letzten Endes in Begleitung seiner Partnerin Cheung Yin Sun. Diese sitzt seither wegen Pokerbetrugs in Millionenhöhe mit auf Iveys Anklagebank.

Das Pärchen manipulierte die Spielserien folglich zu ihren Gunsten: Konkret geht es um die Anwendung der sogenannten Edge Sorting-Methode. Hierbei handelt es sich um ein verbotenes Verfahren das minimale Unterschiede auf den Kartenrückseiten und Längsseiten nutzt, um sich Spielvorteile zu verschaffen.

Iveys Freundin Yin Sun war dazu in der Lage die minimalen Differenzen – zum Beispiel besondere Eigentümlichkeiten auf den Kartenlängsseiten – zu erkennen. Folglich wiess sie den Croupier auf Mandarin kontinuierlich dazu an, hochwertige Spielkarten aufzudecken. Die Längsseiten der Karten konnten somit ihre Position beibehalten. Die schlechteren Karten wurden hingegen seitwärts aufgedeckt. Als das Konzept erst einmal stand, blieb die Kartenabfolge für den Rest des Spiels gleich. Eine Folge der Nutzung der vorab geforderten Mischmaschine.

Wie genau die Informationsübertragung zwischen Ivey und seiner Freundin im Detail zustande kam, ist bis heute ungeklärt. Der Tatbestand des Betrugs gilt jedoch bereits seit 2016 als gesichert: Ivey konnte die Erkenntnisse seiner Freundin Yin Sun partizipieren und demzufolge immer höhere Limits am Tisch platzieren. Unter dem Strich wurden auf diese Weise „über 10 Mio. US-Dollar erschwindelt“, wie es von Seiten Borgatas heißt. Auch wenn Ivey die genauen Werte der Karten nicht wusste, sei ihm durch das Edge-Sorting-Prinzip (Kanten-Sortierung) eine „erheblich verbesserte Einschätzung der Kartenrelevanz“ möglich gewesen.

Pokerstar am Pranger

Phil „No Home Jerome“ Ivey gilt derweil als wohl bekanntester Pokerspieler der Welt. Neben seinen zehn WSOP-Bracelets (2000, 2002, 2005, 2009, 2010, 2013, 2014) gewann Ivey außerdem die World of Poker-Tour 2008. Zuletzt wurde er in Poker-Hall of Fame aufgenommen. Trotz seines millionenschweren Vermögens und obgleich Ivey erst 2018 in Las Vegas am WSOP-$1.000.000 Big Drop Turnier teilnahm, verweist der Pokerprofi seit 2016 darauf, dass die geforderte Summe nicht zu erbringen sei, ohne selbst „deutlichen beruflichen Schaden“ zu nehmen.

In punkto Falschspiel steht Ivey überdies nicht zum erstem Mal am Pranger. Bereits im Oktober 2017 kam es zum Crockford-Club-Prozess. In dem Londoner Edeletablissement hatte Ivey ebenfalls 2012 und ebenfalls mit Hilfe des Edge Sorting-Systems umgerechnet über 9 Mio. Euro abkassiert. Der Prozess zog sich über fünf Jahren, am Ende verlor Ivey auch in diesem Fall und musste den Gewinn zurückzahlen. Parallel dazu wurde das Urteil im Fall Borgata im September 2018 abermals durch den Supreme Court New Jersey bestätigt: Phil Ivey muss zahlen.

Wie es in dem Fall weitergeht, bleibt vorerst abzuwarten. Klar ist indessen, dass Ivey eventuell sogar mit noch erheblich höheren Einbußen gegenüber dem Casino rechnen muss: Wie es von Seiten des Poker-Nachrichten-Portals Flush Draw heißt, hat Borgata bereits im Oktober 2017 eine dreifache Schadensregulierung beantragt. Dieser wurde, sofern Ivey nicht umgehend einlenkt, von Seiten des Gerichts stattgegeben.

Die geforderte Summe beliefe sich damit auf exorbitante 30 Mio. US-Dollar. Dass Pokerstar Ivey angesichts der jüngsten Entwicklungen freiwillig einen Geldkoffer statt Pokerkarten auf den Tisch legen wird, gilt jedoch als eher unwahrscheinlich.

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