Neue Branchenlösung für TV-Werbung

Gemeinsam mit dem Deutschen Verband für Telekommunikation und Medien (DVTM) und dem Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) hat das Innenministerium von Schleswig-Holstein ein Selbstregulierungskonzept für Werbung von Online Casinos im TV ausgearbeitet. Über die Regulierung der Reklamen wurde in den letzten Monaten immer wieder diskutiert. Ist das neue Modell die Lösung?

Ein Kind steht vor einem eingeschalteten Fernseher.

Ein Ziel der Regulierung ist die Gewährleistung des Kinder- und Jugendschutzes. ©mojzagrebinfo/Pixabay

17.000 Minuten pro Monat

Die Regulierung des deutschen Online Glücksspiels ist in vollem Gange. Nach monatelangen Diskussionen um die TV-Werbung der bis dato nur in Schleswig-Holstein lizenzierten Betreiber, hat das örtliche Ministerium für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung nun eine entsprechende Branchenlösung vorgestellt. Ein neues Selbstregulierungsmodell, das konkrete Beschränkungen enthält, wurde in Kooperation mit dem DVTM und dem ZAW erarbeitet.

Ziel des Projekts ist die Sicherstellung einer verhältnismäßigen bundesweiten TV-Werbung der 11 lizenzierten Online Casino-Anbieter. Für diese werden die TV-Werbeminuten künftig auf höchstens 17.000 Minuten pro Monat begrenzt. Die Anzahl der TV-Werbeminuten wird damit sowohl ins Verhältnis zur Branche gesetzt als auch auf den Länderanteil Schleswig-Holsteins reduziert.

Überwachung der Lizenznehmer

Laut DVTM stellt die Rahmenbedingung von 17.000 Minuten das absolute Maximum dar, welches die in Schleswig-Holstein lizenzierten Anbieter, darunter zum Beispiel DrückGlück, Sunmaker oder Wunderino, zusammengenommen nutzen dürfen. Die Vorgabe stellt darüber hinaus sicher, dass das Ausmaß der TV-Werbung in Schleswig-Holstein, dem der bundesweiten TV-Werbung entspricht oder dieses sogar überbietet.

Um sicherzustellen, dass die Vorgaben eingehalten werden, werden der DVTM und der ZAW die Werbeaktivitäten ihrer Mitglieder überwachen. Zu diesem Zweck sollen neutrale Mediendaten genutzt werden. Die Verbände werden der Glücksspielbehörde von Schleswig-Holstein regelmäßig Berichte zu den Aktivitäten der Betreiber übersenden. Diese werden folglich genau überprüft, sollten Vorschriften missachtet werden, drohen Sanktionen.

Wie DVTM in einer Pressemitteilung erklärte, sind auch Kritiker, die zurzeit von einem enormen Anstieg der Glücksspielwerbung im TV ausgehen, dazu angehalten, die Datenerhebungen regelmäßig zu überprüfen. Dr. Andreas Blaue, der federführende Vorstand des Projekts, erklärte, dass sich das neue Modell stringent logisch sowie auf Basis neutraler Mediendaten von Nielsen Media Research einfach kontrollieren lässt.

Fake-News über Glücksspielwerbung?

Wie Blaue weiter erklärte, gewährleistet das neue Modell komplette Transparenz und Fairness für alle Beteiligten. Schon 2019 habe man die Werbezeit der lizenzierten Online Casinos im bundesweiten TV drastisch reduziert. Auch innerhalb der Corona-Krise habe sich das Volumen nicht erhöht. Von Industrieverbänden wie der Deutschen Automatenwirtschaft (DAW) und vonseiten der Politik würden Fake-News über eine angebliche Zunahme des Werbevolumens verbreitet.

Die Parolen, welche sich in Köpfen festsetzen würden, sorgen, laut Renatus Zilles, Vorstandsvorsitzender des DVTM, für einen Schaden der Branche und der Bürger. Das neue Selbstregulierungskonzept sei daher vor allem ein Beweis für die Leistungsfähigkeit des eigenen Verbandes. Dieser wolle ebenso pragmatische wie verantwortungsvolle Konzepte miteinander verknüpfen, anstatt Branche, Politik und Bürger gegeneinander auszuspielen.

Des Weiteren erklärte Zilles, dass das neue Konzept Modellcharakter für die künftige Regulierung der Werbung nach dem Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrag (GlüNeuRStV) besitzt, welcher ab Juli 2021 in Kraft treten soll. Geplant ist die bundesweite Legalisierung von Online Casinos, Online Sportwetten und Online Poker. Zurzeit liegt die Glücksspielnovelle in Brüssel zur Ratifizierung bereit. Zudem müssen die einzelnen Bundesländer zustimmen.

Debatte um Glücksspielwerbung

Die Debatte um die bundesweite Online Glücksspielwerbung hat binnen letzter Monate immer mehr Fahrt aufgenommen. Da die Unternehmen bisher nur in Schleswig-Holstein lizenziert sind, werden teils sogar komplette Werbeverbote außerhalb der Lizenzregion gefordert. Zuletzt meldete sich hierzu die Berliner Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig (CSU), zu Wort und forderte eine drastischere Durchsetzung von Werbebeschränkungen.

Laut Ludwig gefährden die Reklamen rund 500.000 registrierte Problemspieler in Deutschland. Sie argumentierte mit Mediendaten von Nielsen Company. Hiernach seien die Brutto-Werbeaufkommen der Betreiber in den Monaten Januar bis Mai um 58,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Besonders habe das Marketing im TV zugenommen. Im Vergleich zum Vorjahr seien die Ausgaben von 103 Mio. Euro auf 192 Mio. Euro angestiegen.

Werbeverbot im Saarland

Im Saarland wurde auf Beschluss der Landesmedienanstalt (LMS) bereits ein Werbeverbot gegen zwei in Schleswig-Holstein lizenzierte Betreiber verhängt. Die Namen wurden nicht genannt, es soll sich aber um zwei marktführende Unternehmen handeln. Laut LMS seien diese in der Vergangenheit schon häufiger für ihre TV-Reklamen kritisiert worden. Der frühere LMS-Direktor Uwe Conradt hatte den Betreibern zuletzt im September 2019 Regelverstöße vorgeworfen.

Außerdem hatte die LMS die Betreiber dafür kritisiert, den Spielerschutz zu gefährden, da die Reklamen zu Sendezeiten ausgestrahlt würden, in denen Minderjährige zuschauen. Die Regierung Schleswig-Holsteins geriet dabei ebenfalls unter Beschuss. Diese solle sicherstellen, dass ihre Werbung nur über regionale und nicht über bundesweite Kanäle geschaltet wird.

Es bleibt abzuwarten, ob weitere Bundesländer ähnliche Werbeverbote für Glücksspiele aussprechen, was im klaren Widerspruch zur geplanten Regulierung stehen würde. Diese hätte laut Experten bessere Kontrollmöglichkeiten und einen stärkeren Spielerschutz zur Folge. Eine erfolgreiche Kanalisierung in den legalen Sektor kann jedoch nur entstehen, wenn seriöse Anbieter auf sichere Produkte aufmerksam machen dürfen.

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