Gruppenwetten sind die Tupperpartys des digitalen Glücksspiels: Die unterschätzte Gefahr von Social Betting

  • Moderne Gruppenfunktionen erleichtern Gruppenwetten und sorgen für Tipp-Spaß in der Runde.
  • Doch die Gefahr von Gruppenwetten und sozialem Druck wird oftmals unterschätzt.
  • Wir fassen verschiedene Studien zusammen, stellen interessante Funktionen vor und sprechen mit Usern.
Vier Männer sitzen auf einer Couch und schauen auf ihre Smartphones. Einige jubeln, andere sind zerknirscht.

Gruppenwetten sind zwar nicht neu, aber dennoch brandaktuell. © OnlineCasinosDeutschland.com/ChatGPT

Social Betting: Neuer Wett-Trend oder schon lange dagewesenes Risiko?

In diesem Artikel werden wir uns der Gefahr von vermeintlich harmlosen Tipp-Runden unter Freunden widmen. Obwohl es diese schon lange gibt, ist die Gefahr aktueller denn je.

Tipp-Runden zur Bundesliga gibt es schon ewig. Freunde geben ihre Tipps darauf ab, wer welche Spiele gewinnt oder wer sich Ende der Saison zum Meister küren wird. Ob im Familien- oder Freundeskreis: Solche Tippspiele sind keine Seltenheit und gesellschaftlich akzeptiert.

In den vergangenen Jahren hat es jedoch einen Wandel gegeben. Denn die heutigen digitalen Möglichkeiten wirken sich auch auf die Tipp-Runden aus. Seien es Social-Betting-Plattformen, Ranglisten oder Gruppenfunktionen. Die traditionelle Tipp-Runde wird also um neue Social Features ergänzt.

Genau darin liegt die Gefahr. Die soziale Dynamik und der Gemeinschaftsaspekt könnten problematisches Glücksspiel fördern.

Auch du hast eine Tippgruppe mit deinen Freunden? Du hast noch nie daran gedacht, dass es sich dabei eigentlich um Glücksspiel handelt und ihr ein höheres Risiko für eine Glücksspielstörung haben könntet?

In diesem Artikel fassen wir alle Erkenntnisse und Beobachtungen rund um Social Betting für euch zusammen. Wir präsentieren euch Studien, die die Gefahr mit Zahlen belegen. Ihr erfahrt zudem, welche Erfahrungen wir gemacht haben, als wir uns in Tippgruppen eingeschleust haben und wie ein Mitglied einer privaten Tippgruppe die Gefahren einschätzt.

Unterschied zwischen Tipp-Runden mit und ohne Geldeinsatz

Für diesen Artikel haben wir uns gezielt in unserem Umfeld umgehört und gefragt, ob es dort Tippgruppen gibt. Tatsächlich haben sich viele Menschen gefunden, die mit ihren Freunden oder ihrer Familie ihre Tipps auf die 1. Bundesliga abgeben.

Dabei haben wir jedoch eine interessante Beobachtung gemacht: Ein Großteil von ihnen spielt dabei nicht um Geld. Es handelt sich größtenteils um Tipp-Runden zum Spaß. Dabei werden keinerlei Sportwetten platziert und es gibt auch keinen Geldeinsatz, wie uns beispielsweise ein Familienmitglied unserer Redakteurin mitgeteilt hat:

„Hallo Miriam, ich tippe mit meinen Kindern und meinen Enkeln privat auf Kicktipp die 1.und 2. Fußball-Bundesliga. Das ist aber alles just for fun, hat nichts mit Wetten zu tun, alles ohne Geld oder andere Dinge.“

Es scheint, als gebe es eine Art unsichtbare Linie zwischen Tipp-Runden aus Spaß und Tipp-Runden mit Geldeinsatz.

Studien bestätigen die Gefahr von Gruppenwetten

Dass von Gruppenwetten eine Gefahr ausgehen könnte, beschäftigt seit Jahren auch die Forschung. Obwohl es bisher keine spezifischen Studien zu dem Thema gibt, tauchen die Gruppenwetten in einigen Statistiken auf.

Um einen Überblick über die derzeitige Forschungslage zu erhalten, haben wir uns an das BIÖG (Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit) gewandt. Die Pressestelle hat uns freundlicherweise verschiedene Studien aus den letzten Jahren zukommen lassen.

Geselligkeit das dritthäufigste Motiv für Glücksspiel in Deutschland

Wir untersuchen in diesem Artikel die These, ob das Wetten in Gruppen einen Einfluss auf die Häufigkeit der Glücksspielteilnahme haben könnte. In Bezug auf diese Frage haben wir in der Survey Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland aus dem Jahr 2019 eine interessante Statistik gefunden.

Dieses bildet ab, wieso die Menschen am Glücksspiel teilnehmen. Wir fassen die Ergebnisse in einer Tabelle für euch zusammen:

Balkendiagramm mit den häufigsten Glücksspielmotiven nach Geschlecht.

Für Männer und Frauen sind Geldgewinne das stärkste Motiv für Glücksspiel. © OnlineCasinosDeutschland.com/Office

Die häufigsten Motive für Glücksspiele sind demnach Geldgewinne und Aufregung. Schon an dritter Stelle folgt die Geselligkeit. 22,6 % der Männer und 15,9 % der Frauen gaben in der Studie an, wegen der Geselligkeit am Glücksspiel teilzunehmen. Es scheint, als hätte dieses Motiv für Männer eine besonders hohe Bedeutung.

Diese Erkenntnisse decken sich auch mit Informationen, die wir auf dem Portal check-dein-spiel entdeckt haben. Es handelt sich dabei um ein Tool des Bundesinstituts für öffentliche Gesundheit, mit dem Spieler ihr Glücksspielverhalten bewerten lassen können. Auch dort werden soziale Gründe als Motiv für Glücksspiel aufgeführt:

“Soziale Motive: Dazu gehört beispielsweise das Spielen als Hobby oder um Zeit mit Freunden oder Freundinnen zu verbringen.” Check dein Spiel

Ihr möchtet mehr über das unterschiedliche Glücksspielverhalten von Männern und Frauen erfahren? In unserem Artikel “Männer dominieren, Frauen gewinnen: Wie Frauen das Glücksspiel strategisch neu definieren” findet ihr viele interessante Fakten!

Geselligkeit für Jugendliche besonders wichtiges Motiv

Aus der uns zugesandten Survey Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland geht hervor, welche Glücksspielmotive für welche Altersklassen die meiste Bedeutung haben. Die Teilnehmer der Studie wurden dabei in zwei Altersklassen (16 bis 17 Jahre und 18 bis 70 Jahre) unterteilt:

Balkendiagramm mit den häufigsten Glücksspielmotiven nach Alter.

Für Jugendliche steht beim Glücksspiel die Aufregung an erster Stelle. © OnlineCasinosDeutschland.com/Office

Es fällt auf, dass sich die Glücksspielmotive der zwei Altersgruppen deutlich unterscheiden. Während für ältere Spieler die Geldgewinne im Fokus stehen, ist es bei Jugendlichen das Gefühl der Aufregung. Es wird also nicht primär um Geld gespielt, sondern um ein bestimmtes Gefühl hervorzurufen.

Dies ist verwunderlich, denn Jugendliche zwischen 16 und 17 Jahren dürfen offiziell noch gar nicht am Glücksspiel teilnehmen. Davon gibt es nur wenige Ausnahmen, wie bestimmte Lotterien. Jugendliche dürften zudem weniger finanzielle Mittel zur Verfügung haben als ältere Spieler.

Auch in Bezug auf die Geselligkeit gibt es Unterschiede. Denn bei den Jugendlichen gaben 38,4 % an, dass die Geselligkeit ein wichtiges Motiv für Glücksspiel ist. Bei den 18- bis 70-Jährigen waren es lediglich 19,7 %.

Diese Zahlen könnten als beunruhigend eingestuft werden. Es scheint, als wären Jugendliche besonders anfällig dafür, sich in Gruppen zum Glücksspiel verleiten zu lassen. Da sie aufgrund ihres Alters ohnehin als gefährdete Gruppe angesehen werden, besteht hier sogar eine doppelte Gefahr für problematisches Glücksspiel.

Gruppenwetten schaffen ideales Umfeld für exzessives Glücksspiel

Weitere Erkenntnisse liefert der Glücksspielatlas 2023. In diesem wurde eine Übersicht mit Risikofaktoren für exzessives Glücksspiel zusammengestellt. Dabei handelt es sich um die Kategorien Umgebung, Glücksspiel und Person.

Besonders interessant sind die Umgebungsfaktoren:

  • Glücksspielunkritische soziale Werte und Normen (Glücksspiel-Akzeptanz)
  • Glücksspielaffinität der Peergruppe
  • Über- oder Unterforderung im Beruf
  • Mangel an Zukunftsperspektiven und Aufstiegschancen (finanziell, sozial)
  • Gesellschaftsstrukturen, die Entfremdungserleben und Sinnverlust begünstigen
  • Defizitäre Sozialbeziehungen
  • Fehlender familiärer Zusammenhalt
  • Ausbleiben von Verstärkungserleben im Alltag (u. a. Lob, Anerkennung, Wertschätzung)

Für unsere zentrale These ist direkt der erste Punkt, eine Umgebung mit glücksspielunkritischen sozialen Werten und Normen, entscheidend. Denn wer in der Gruppe wettet, befindet sich offensichtlich in einem Umfeld, das Glücksspiel akzeptiert. Durch das Wetten in der Gruppe wird Glücksspiel normalisiert und als selbstverständlich angesehen.

Demnach ist auch eine Glücksspielaffinität vorhanden, die ebenfalls auf der Liste der Risikofaktoren für exzessives Glücksspiel auftaucht. Es könnte also geschlussfolgert werden, dass Gruppenwetten das Risiko für eine Glücksspielstörung erhöhen könnten.

Hinzuzufügen ist darüber hinaus, dass auf der Liste der persönlichen Faktoren auch ein jüngeres Lebensalter als Risikofaktor aufgeführt wird. Im vorherigen Kapitel hatten wir bereits erläutert, dass die Geselligkeit bei Jugendlichen einen der wichtigsten Gründe für Glücksspiel darstellt. Der Glücksspielatlas belegt somit unsere These, dass die Kombination aus einem jungen Alter und Gruppenwetten besonders gefährlich sein könnte.

Wir haben uns in Tippgruppen eingeschleust

Wenn es um Gruppenwetten geht, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Es gibt sowohl private Tippgruppen (dazu kommen wir weiter unten) als auch Online-Communities, in denen gewettet wird. Wir haben uns gefragt, wie so etwas abläuft und ob das Wetten in der Gruppe tatsächlich dazu animiert, mehr zu wetten.

Dafür haben wir uns vor einigen Wochen in Tippgruppen in den sozialen Medien eingeschleust. Unsere Erkenntnisse fassen wir für euch in diesem Kapitel zusammen.

Zeitlich begrenzte Angebote sorgen für Druck

Als wir die letzten Wochen das Geschehen in verschiedenen Tippgruppen beobachtet haben, ist uns ein Punkt immer wieder aufgefallen. Es wird exzessiv mit zeitlich begrenzten Angeboten geworben. So sind bestimmte Prämien oder Quoten-Boosts nur noch für wenige Stunden oder Minuten verfügbar:

Screenshot aus einer Tippgruppe, bei der mit einem Angebot geworben wird, das nur noch 50 Minuten verfügbar ist.

Der zeitliche Druck wird hier durch auffällige Symbole unterstützt. © OnlineCasinosDeutschland.com/Telegram

Die Gruppenmitglieder sollen dadurch dazu animiert werden, ihre Wette schnell abzugeben. Es bleibt kaum Zeit, sich mit der Wette oder seinem Einsatz zu beschäftigen. Dadurch entsteht ein Druck, schnellstmöglich zu wetten.

Genau dieser Punkt findet sich im Glücksspielatlas als Risikofaktor für exzessives Glücksspiel. Denn eine hohe Geschwindigkeit in Kombination mit einer extensiven Vermarktung gilt als besonders gefährlich.

Andere User prahlen mit Riesengewinnen

Was sich wie ein roter Faden durch unsere Beobachtungen zieht, sind die Riesengewinne anderer User. In allen Gruppen, in die wir uns eingeschleust haben, prahlen andere User damit, enorme Summen gewonnen zu haben:

Screenshot aus einer Facebook-Gruppe, auf dem ein User seinen Gewinn von über 2.000 € präsentiert.

Solche hohen Gewinne könnten andere User zum Wetten animieren. © OnlineCasinosDeutschland.com/Facebook

Andere User könnten sich dadurch animiert fühlen, ebenfalls zu wetten. Sie hoffen, auch mehrere Tausend Euro gewinnen zu können. Denn wie wir wissen, sind Geldgewinne der Hauptgrund für Glücksspiel.

Auch hierzu finden sich Informationen im Glücksspielatlas. Dieser definiert Personen, die ein besonders hohes Risiko für eine Glücksspielstörung haben. Dazu zählt unter anderem auch ein niedriges Haushaltsnettoeinkommen. Das bedeutet also, dass Personen mit einem niedrigen Einkommen sich durch XXL-Gewinne anderer User besonders animiert fühlen könnten, zu wetten.

Bunte Emojis & Symbole sorgen für Aufmerksamkeit

Einer der wichtigsten Faktoren in Tippgruppen scheint die Aufmerksamkeit der User zu sein. Denn was uns immer wieder begegnet, sind bunte Emojis, auffällige Symbole und grelle Farben. Fast immer wird mit Flammen- oder Geld-Emojis gearbeitet:

Screenshot aus einer Telegram-Gruppe, in der mit bunten Symbolen und auffälliger Schrift gearbeitet wird.

Es ist schwer, die auffälligen Farben und Symbole zu übersehen. © OnlineCasinosDeutschland.com/Telegram

Auch positiv assoziierte Symbole wie grüne Häkchen kommen immer wieder zum Einsatz. Diese sorgen nicht nur für Aufmerksamkeit, sondern auch für positive Gefühle beim Betrachter.

Reißerische Sprache spricht die Emotionen an

Die gewählte Sprache in Tippgruppen ist auffallend locker, fast schon freundschaftlich. User bekommen das Gefühl, als würden sie sich mit einem Freund unterhalten, der ebenfalls gerne wettet und auf große Gewinne hofft:

Screenshot aus einer Telegram-Gruppe mit einer Nachricht in reißerischer Sprache.

Die freundschaftlichen Nachrichten und die gewählten Formulierungen animieren noch mehr zum Wetten. © OnlineCasinosDeutschland.com/Telegram

Dabei fällt auf, dass gezielt die Emotionen der User angesprochen werden. Es tauchen immer wieder Wörter wie einfach, schnell oder persönlich auf. Dadurch soll den Usern vermittelt werden, dass es sehr unkompliziert ist, die Wetten abzugeben, sie sich aber beeilen sollten. Begriffe, wie exklusiv oder VIP, sollen hingegen für einen besonderen Reiz sorgen.

Viele Nachrichten in kurzer Zeit verstärken den Druck

Insbesondere in Telegram-Gruppen ist uns aufgefallen, dass wir in kurzer Zeit sehr viele Nachrichten erhalten haben. Teilweise wurden stündlich Nachrichten mit guten Wettangeboten und zeitlich begrenzten Aktionen verschickt.

Wir haben den Eindruck erhalten, dass Menschen sich dadurch unter Druck gesetzt fühlen könnten, endlich zu wetten. Wer in der Gruppe ist, aber nicht wettet, der wird dennoch ständig mit neuen Angeboten und Gelegenheiten verführt.

Zwischenfazit: Tippgruppen können zum Wetten animieren

  • Zeitlich begrenzte Aktionen sorgen dafür, dass User schnell wetten, um keine Gelegenheit zu verpassen. Große Gewinne anderer Wett-Fans können dieses Gefühl verstärken.
  • Bunte Emojis, auffällige Symbole und eine reißerische Sprache verschaffen den Tippgruppen Aufmerksamkeit und verführen zum Wetten.
  • Eine hohe Dichte an Nachrichten kann den Druck zu wetten ebenfalls erhöhen.
  • Es lässt sich festhalten, dass solche Tippgruppen mehrere Risikofaktoren für eine Glücksspielstörung vereinen und dadurch besonders gefährlich sind.

Interview mit dem Mitglied einer privaten Tipprunde

Im vorherigen Kapitel haben wir uns mit verschiedenen Tipprunden in den sozialen Medien beschäftigt. Es gibt jedoch auch private Tippgruppen, bei denen sich Familien oder Freunde zusammenschließen und wetten. Wir haben uns gefragt, wie solche Gruppen ablaufen und ob den Mitgliedern die Gefahren bewusst sind.

Eine Person im Umfeld unserer Redakteurin ist leidenschaftlicher Fußball-Fan und hat mit seinen Freunden eine solche Tippgruppe. Wir haben ihm einige Fragen gestellt und interessante Antworten erhalten.

Um unsere Quellen zu schützen, geben wir die Antworten anonymisiert wieder.

Was hast du für eine Tippgruppe und wer sind die Mitglieder?

„Also ich habe eine Tippgruppe für die Bundesliga mit vier Kumpeln. Wir sind alle Fans vom BVB und kennen uns noch von früher. Für jeden Spieltag tippen wir die Ergebnisse aller Spiele und schauen dann am Ende, wer am besten getippt hat.“

Wie lang gibt es eure Bundesliga-Tippgruppe schon?

„Wir haben die Tippgruppe seit ungefähr drei Jahren, schätze ich. Vorher haben wir immer nur so über die Spiele und Ergebnisse gesprochen. Jetzt nutzen wir halt von unserem Buchmacher die Gruppenfunktion. Das ist einfacher.“

Was motiviert dich an der Tippgruppe: Freundschaft, Wettbewerb oder der Gewinn?

„Eindeutig der Wettbewerb mit meinen Kumpeln. Ich versuche immer, die besten Tipps abzugeben und unser Ranking anzuführen. Klar ist das Geld auch nicht ganz unwichtig, aber wir spielen immer nur mit kleinen Beträgen, deshalb ist mir das nicht so wichtig. Ich will einfach besser wetten als die anderen.“

Wie ist der Ablauf in eurer Tipprunde?

„Also Anfang der Woche gibt immer jeder seinen Tipp ab. Da quatschen wir dann auch so nochmal drüber, was jeder so meint. Dann geben wir die Wetten ab. Und wenn die Spiele am Wochenende dann laufen, schreiben wir auch nochmal darüber oder gucken sogar zusammen. Manchmal gehen wir auch zusammen ins Stadion, wenn wir Karten kriegen. Und wenn Wetten komplett schiefgehen, dann ist das bei uns natürlich auch Thema. Vor allem wenn der BVB involviert ist.“

Beeinflusst die Zugehörigkeit zur Gruppe die Höhe und Häufigkeit deiner Einsätze?

„Schwer zu sagen. Wir haben die Gruppe jetzt schon ein paar Saisons und ich weiß nicht, wie ich sonst wetten würde. Aber durch unsere Gruppe ist man natürlich dazu angehalten, jede Woche zu wetten. Auch, wenn einer im Urlaub ist oder so. Da ist man natürlich schon zu angehalten, ist klar.“

Wie unterscheidet sich für dich das Wetten in der Gruppe emotional von Einzelwetten?

„Schwer zu sagen. Ich wette nur mit meinen Jungs und schließe sonst gar keine Wetten ab. Aber wenn ich das jetzt machen würde, würde mir wahrscheinlich die Aufregung fehlen. Und ich könnte mich mit niemandem austauschen. Da ist ja dann gar kein Reiz dabei.“

Gibt es Momente von freundschaftlichem Druck, Neckereien oder Wettbewerb, die deine Wetten beeinflussen?

„Na logo. Wenn ein Spieltag durch ist und jemand krass verloren oder gewonnen hat, ziehen wir die Person natürlich damit auf. Damit ist zu rechnen. Aber halt nur freundschaftlich und die Jungs können das auch ab. Aber es wird natürlich niemand zum Wetten gezwungen oder so.“

Wie sorgt ihr innerhalb der Gruppe für verantwortungsbewusstes Spielen? Habt ihr selbst Regeln oder Limits?

„Also damit beschäftigen wir uns eigentlich gar nicht. Wir haben halt nur unsere Regel, dass man auf alle Spiele wettet an jedem Spieltag. Und wir setzen meistens jeder nur 10 € pro Spieltag ein. Außer es spielt jetzt Dortmund gegen Bayern oder Schalke, dann auch mal mehr. Verantwortungsbewusstes Spielen ist bei uns bisher kein Thema gewesen. Aber ich halte unsere Gruppe jetzt auch nicht für gefährlich oder so.“

Denkst du, dass Wetten in der Gruppe riskantes Verhalten eher verringert oder verstärkt?

„Das kommt auf die Gruppe an, würde ich mal sagen. Wir wetten ja nur um kleine Beträge und weil wir Fußball lieben. Wir wollen damit kein Geld verdienen und auch nicht groß Kasse machen. Uns geht es um den Spaß. Das finde ich eigentlich nicht riskant. Aber wenn Leute das quasi als Business ansehen, könnte es vielleicht schon riskant oder gefährlich sein.“

Was würde passieren, wenn jemand eure Tippgruppe verlässt?

„Das wäre schon irgendwie komisch. Wir sind eine eingeschworene Truppe und das macht schon echt Spaß mit den Jungs. Wenn einer nicht mehr mitmachen würde, würde ich das natürlich akzeptieren. Aber ich würde mich schon fragen, was dahintersteckt. Und er würde bestimmt auch ein paar Sprüche gedrückt bekommen.“

Umfrage zum Social Betting: Es herrscht Uneinigkeit

In Ergänzung zu dem Interview haben wir uns auch in den sozialen Medien umgehört und dort einige Umfragen gestartet. Überraschenderweise haben wir dabei kein klares Ergebnis erhalten.

Wir haben die User gefragt, ob sie lieber alleine oder in der Gruppe wetten. Dazu scheint es verschiedene Meinungen zu geben. Denn einige Menschen bevorzugen es, mit anderen zu wetten:

Comment byu/MiriamLovesSport94 from discussion ingambling

Übersetzung: Alleine zu wetten, ist eines der traurigsten Dinge, die ich mir vorstellen kann.

Andere gaben hingegen an, ausschließlich alleine zu wetten:

Comment byu/MiriamLovesSport94 from discussion ingambling

Übersetzung: Alleine. Ich muss etwas Abstand haben, damit ich klar denken kann.

Comment byu/MiriamLovesSport94 from discussion ingambling

Übersetzung: Alleine.

Wir haben uns gefragt, welche Schlüsse wir daraus ziehen können. Es scheint, als wäre es vielleicht eine Frage der Persönlichkeit oder der eigenen Vorlieben.

Wer viel Erfahrung mit Wetten hat und sich im Sport extrem gut auskennt, wettet vielleicht lieber alleine. Menschen, die hauptsächlich für den Spaß oder die Unterhaltung wetten, könnten hingegen in Gruppen besser aufgehoben sein.

Fördern Glücksspielanbieter mit ihren Funktionen Gruppenwetten?

Dass Gruppenwetten sehr beliebt sind, dürfte inzwischen auch bei Buchmachern angekommen sein. Deshalb ist es wenig verwunderlich, dass es bei vielen Wettanbietern integrierte Funktionen für Gruppenwetten gibt. Diese müssen also nicht mehr über Messenger oder Tabellen abgewickelt werden, sondern können direkt bei Buchmachern genutzt werden.

Zu den verbreitetsten Funktionen zählen folgende:

  • Tippgemeinschaften: Bei vielen deutschen Buchmachern findet ihr die Möglichkeit einer Tippgemeinschaft. Ihr schließt euch in Gruppen zusammen und wettet dann gemeinsam. Dabei können Wetten auch geteilt und verglichen werden.
  • Freunde einladen: Bist du bei einem Buchmacher registriert, kannst du deine Freunde in deine Gruppe einladen. Darüber ist es dann möglich, eine Gruppe bzw. Tippgemeinschaft zu gründen und sie mit weiteren Freunden zu teilen.
  • Ranglisten: Innerhalb der Gruppen gibt es auch Ranglisten, die den Erfolg der einzelnen Mitglieder abbilden. Dabei kann es auch bestimmte Challenges geben, die in der Gruppe erreicht werden sollen. Dafür könnt ihr dann zusätzliche Boni erhalten.
  • Gruppen-Chats: Um euch besser abzustimmen, könnt ihr die Gruppen-Chat-Funktion eures Buchmachers nutzen. Die Kommunikation muss also nicht über einen externen Messenger-Dienst erfolgen, sondern kann direkt bei dem Buchmacher ablaufen.
  • Copy Bets: Mitglieder einer Gruppe haben die Möglichkeit, die Wetten der anderen Mitglieder einzusehen und zu kopieren.

Auf den ersten Blick klingen diese Funktionen wie eine Erleichterung beim Wetten. Es sollte jedoch nicht vergessen werden, dass sie durchaus gefährlich sein könnten.

Denn die Tippgemeinschaften und Ranglisten sorgen für einen Konkurrenzkampf unter den Mitgliedern. Sie alle wollen am besten abschneiden und das Ranking anführen. Das verleitet zu besonders vielen oder hohen Wetten.

Dass es sogar integrierte Gruppen-Chats gibt, sorgt dafür, dass die Mitglieder noch mehr Zeit auf der Website des Buchmachers verbringen. Auch das könnte dazu verführen, mehr zu wetten.

So praktisch die Gruppenfunktionen also sind – sie können auch Gefahren bergen.

Soziales Umfeld kann bei Glücksspielstörung große Hilfe sein

Wir sind in den vorherigen Kapiteln darauf eingegangen, wie das soziale Umfeld das Risiko für eine Glücksspielstörung erhöhen kann. Wie immer hat die Medaille aber zwei Seiten, denn es kann auch genau das Gegenteil der Fall sein. Studien haben gezeigt, dass das soziale Umfeld auch eine große Hilfe sein kann.

Das könnte auch bei Tippgruppen der Fall sein. Vor allem im privaten Bereich haben die Mitglieder oftmals ein sehr enges Verhältnis und stehen im ständigen Austausch. Würde eines der Mitglieder immer mehr wetten, höhere Einsätze verlieren und die Kontrolle verlieren, könnte dies schnell auffallen. Demnach könnte dem Betroffenen auch schneller geholfen werden.

Es könnte also durchaus sein, dass Tippgruppen in Bezug auf riskantes Glücksspiel auch von Vorteil sein könnten. Die Mitglieder achten aufeinander und würden Anzeichen für eine Glücksspielstörung direkt erkennen.

Fazit: Die Gefahr von Gruppenwetten wird unterschätzt

Die Erkenntnisse aus diesem Artikel haben uns zu einem klaren Ergebnis gebracht. So unterhaltsam sie auch sein mögen – Gruppenwetten können gefährlich und mit einem höheren Risiko für problematisches Glücksspiel verbunden sein.

In der Überschrift haben wir Gruppenwetten mit Tupperpartys verglichen. Denn genau wie auf den beliebten Partys gibt es auch bei Gruppenwetten eine besondere Dynamik. Man könnte diese als Gruppenzwang oder Zugehörigkeitsgefühl beschreiben.

Die Freunde wetten auch alle, also wird es schon in Ordnung sein. Ich möchte nicht der einzige sein, der nicht wettet. Ich habe Angst, dann nicht mehr Teil der Gruppe zu sein.

Der Mechanismus von Gruppenwetten und Tipprunden ähnelt also tatsächlich dem der Tupperpartys. Wir schließen daraus, dass die Gefahr solcher Communitys enorm unterschätzt wird.

Tatsächlich ist verantwortungsvolles Spiel in keiner der von uns gesichteten Tippgruppen ein Thema. Die Funktionen der Buchmacher fördern dies zusätzlich. Allerdings finden Spieler bei Buchmachern auch umfangreiche Informationen zu verantwortungsvollem Spiel und es gibt zahlreiche Spielerschutz-Tools.

Wir kommen zu dem Schluss, dass die Gefahr von Gruppenwetten deutlich mehr im Fokus stehen sollte und auch spezifische Studien hilfreich sein könnten. Wie immer werden wir auch an diesem Thema dranbleiben und euch über Neuigkeiten informieren.

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