Spielsuchtprozess: Banker veruntreut 1,7 Millionen Euro

Der stellvertretende Filialleiter einer Hamburger Haspa-Bank hat aufgrund seiner Spielsucht 1,7 Mio. Euro veruntreut. Der aktuelle Urteilsspruch des Amtsgerichts Hamburg Barmbek lautet zwei Jahre Bewährung. Das Geld muss der Zocker allerdings zurückzahlen.

„Ich bereue meine Taten zutiefst“, so der 44-jährige, gelernte Bankkaufmann, Lars I., der sich innerhalb des Untreueprozesses geständig zeigte. Angeklagt wurde er, weil er seinen eigenen Arbeitgeber über 13 Monate lang, zwischen 2013 und 2015, um satte 1,7 Millionen Euro erleichterte – um weiterhin mit Wertpapieren an der Börse zu zocken und angehäufte Schulden abzubezahlen. Der Tipp auf steigende oder fallende DAX-Kurse zu setzten, kam ursprünglich von einem Kollegen. Der Angeklagte erklärte:

„Ein totaler Teufelskreis. Um die Schulden abzubezahlen, nahm ich immer wieder Geld auf. Ich schaffte es nicht auszubrechen, der Druck zu gewinnen wurde immer größer.“

Laut eigenen Aussagen habe der Haspa-Mitarbeiter zu Anfang noch mit dem eigenen Geld gespielt, dann seinen Vater angeschnorrt. Nachdem dieser ihn abwies, begann er damit Kundenkonten zu fälschen. Den frei erfundenen Personen gewährte er Dispositionskredite und Privatdarlehen. Die gefälschten Konten – letztlich waren es 95 – räumte er anschließend selbst. Die erbeutete Summe von insgesamt 1,7 Mio. Euro bunkerte er auf zwei Privatkonten einer Münchener Bank.

Diagnose: Spielsucht

Der Angeklagte sprach ferner davon, in einer „komplett anderen Welt“ gelebt zu haben. Die Diagnose eines externen psychologischen Gutachters lautet diesbezüglich: Spielsucht. Die Rede ist im Wortlaut von der „typischen Dynamik eines Spielsüchtigen“. In diesem Sinne ging es dem Angeklagten eigentlich nicht darum sich „persönlich zu bereichern“, sondern ums Zocken an sich. Eine derartige Suchtdynamik sei „unmöglich zu kontrollieren“, heißt es.

Die Anfälligkeit für problematisches Spielen, sei insbesondere der „schwierigen Kindheit“ des Lars I. geschuldet. Im Bericht ist die Rede von einem „gefühlskalten Vater“, der „nicht umarmt werden“ wollte sowie von einer „alkoholkranken Mutter“.

Aus der problematischen Familiensituation seien demnach Minderwertigkeitskomplexe resultiert, die bis heute „nie kompensiert“ wurden und folglich erklären, wie das Spielverhalten des Bankers „so aus dem Ruder“ laufen konnte.

Eine zumindest eingeschränkte Unzurechnungsfähigkeit sei laut Gutachter im Fall Lars I. deshalb nicht auszuschließen. Aus eigenem Antrieb konnte der Angeklagte seine Spielsucht demnach nicht mehr kontrollieren – erst nachdem er aufflog kam er zur Vernunft. Infolge suchte er sich psychologische Hilfe und einen stationären Behandlungsplatz.

Lars I. hat den Psychiatrieaufenthalt inzwischen hinter sich und seine Spielsucht zum Erliegen gebracht. Im Sommer 2016 nahm er erfolgreich an einer Wiedereingliederungsmaßnahme in einer neuen Firma, Abteilung Personalwesen, in Mainz teil. Sein neuer Arbeitgeber habe ihm indessen bereits ein positives Zeugnis ausgestellt. Lars I. habe „Beachtliches geleistet“, so das Fazit des Gutachters.

Die Ansichten des Psychologen teilte schlussendlich auch die Staatsanwaltschaft Hamburg-Nord, die gar auf Freispruch plädierte. Mit einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren und 1,7 Mio. Euro Schulden – Lars I. muss das Geld an Haspa zurückzahlen – hat das Amtsgericht Barmbek dem Ex-Zocker aber dennoch einen gehörigen Denkzettel verpasst. Der Vorsitzende Richter kommentierte:

„Wir können uns nicht vorstellen, dass Sie gar nicht anders konnten, als so zu handeln.“

Es bleibt zu hoffen, dass Lars I. somit geläutert und dauerhaft gefestigt ins `normale Leben´ zurückkehren kann. Die Schulden waren es schließlich, die ihn einst erst so tief in die Misere trieben.

Im selben Kontext sorgte zuletzt ein Fall am Landesgericht Wiener Neustadt für Schlagzeilen. Ein Ex-Problemspieler gewann einen David gegen Goliath-Prozess gegen den österreichischen Marktriesen Novomatic. Der Konzern muss dem anonymen Kläger folglich satte 2,5 Mio. Euro zurückzahlen. Den Betrag hatte XY binnen 10 Jahren selbst an den Automaten des Konzerns verzockt – aufgrund seiner Sucht hätte er jedoch gar nicht spielen dürfen.

In diesem Sinne könnte der Fall Lars I. durchaus ein neues Licht auf die Konnotation zwischen Glücksspielen und Börsenspekulationen werfen. Weitere Entwicklungen sind hier jedoch abzuwarten.

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