Italien: Erster Entwurf des Anti-Spielsucht-Gesetzes vorgelegt

Im April 2022 legte die italienische Regierung das erste Anti-Spielsucht-Gesetz vor, das eine Behandlung dieses für die Nation so wichtigen Themas auf überregionaler Ebene vorsieht. Nach Angaben der Zeitung La Repubblica ist der Dreh- und Angelpunkt, wie die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen Regierungen, Forschungsinstituten und Einrichtungen des Gesundheitswesens abläuft. Die im Gesetz geplante Reduktion des Spielangebots wird von Anti-Glücksspiel-Initiativen begrüßt und unterstützt, denn dieser Schritt ist schon lange überfällig. Es geht um 20 Millionen Betroffene.

Vor blauem Himmel befreien sich Hände von Handschellen.

Indirekt oder direkt betroffen sind 20 Millionen Menschen in Italien. ©lechenie-narkomanii/Pixabay

Dramatische Entwicklungen der letzten Jahre

Dass der Schritt überfällig ist, lässt sich an der Entwicklung der letzten Jahre ablesen, die mehr als nur dramatisch ist. Die Zahl der Spielsüchtigen lässt sich auf circa 1,5 Millionen Menschen nach Schätzungen beziffern. Mindestens 1,4 Millionen gehören darüber hinaus zur Gruppe der Gefährdeten in der Risikogruppe und sind besonders vulnerabel. Die direkt Betroffenen schaden jedoch häufig nicht nur sich selbst. Die Auswirkungen ziehen ebenfalls besorgniserregend große Kreise.

Riesiges Ausmaß von Folgen

Die wirtschaftlichen und sozialen Schäden, die durch die hohe Zahl an Spielsüchtigen und Gefährdeten entstanden sind, haben inzwischen ein riesiges Ausmaß angenommen. Jeder der pathologisch spielsüchtigen Menschen, dessen Spielverhalten außer Kontrolle geraten ist, zieht durchschnittlich noch mindestens sieben weitere Personen mit in die Angelegenheit hinein. In der Regel kommen sie aus dem familiären, freundschaftlichen und beruflichen Umfeld. So summiert sich die Zahl der Menschen, die unter den Folgen leiden, auf etwa 20 Millionen.

Anlass zur neuen Gesetzgebung

Zur Neuordnung des Glücksspiels und genauer des Spielerschutzes braucht es ein neues Gesetz. Dessen Ziel muss es sein, zu vermeiden, dass ein Dominoeffekt entsteht und sich die Folgen wie eine Epidemie über das ganze Land verbreiten. Bislang unterlag die Regulierung von Glücksspiel dem Wirtschaftsministerium. Das soll sich jetzt ändern, da die Regierung erkannt hat, dass dies keine rein wirtschaftliche Angelegenheit ist, sondern ebenso – unter anderem – eine soziale, die angegangen werden muss.

Die Ziele der Gesetzesinitiative

Es geht in erster Linie darum, illegales und pathologisches Glücksspiel zu bekämpfen. Dabei soll jedoch der legale Glücksspiel-Sektor intakt gehalten werden, um Spieler und Spielerinnen nicht wieder dem Schwarzmarkt in die Arme zu treiben. Auch auf Steuereinnahmen aus der Glücksspielindustrie will der chronisch klamme italienische Staat natürlich nicht verzichten. Die Gesetzgebung soll weiterhin auch auf nationaler Ebene vereinheitlicht werden, um Übersicht zu schaffen und eine gemeinsame Linie zu finden.

Eine Vielzahl von Spielerschutzmaßnahmen

Eine der Hauptmaßnahmen, auf die die Regierung nun setzen will, ist dabei, Einzahlungs-, Zeit- und Verlust-Limits zu vereinheitlichen und zu verringern. Nur in Teilen des Landes gibt es bislang feste Obergrenzen. Im Süden Italiens zum Beispiel kann noch unbegrenzt gespielt werden, sogar an Spielautomaten, die ohnehin immer wieder in die Kritik geraten. Im legalen Online-Glücksspiel ist es aktuell noch so, dass Spieler und Spielerinnen ihre Limits selbst definieren. Das soll sich nun ändern.

Schaffung einer Plattform

Mit dem neuen Gesetz soll auch ein Komitee geschaffen werden, die als Plattform dienen soll. Dort treffen sich die jeweiligen Minister und Ministerinnen aus verschiedenen Ressorts, also Inneres, Arbeit, Wirtschaft, Sozialpolitik, Gesundheit, Familien und Regionales. Sie sollen von nun an gemeinsam über die Gesetzgebung von Glücksspiel beraten und Lösungen für die ins Haus stehende Epidemie der Folgen finden. Es ist ein gemeinsames Ziel, das auch zusammen bearbeitet werden muss.

Regionale Unterschiede

Das Gesetz soll auch auf die individuellen Kompetenzen eingehen, die die diversen Regionen in der Gesetzgebung haben. Damit ist die Zentralregierung zuständig für die Regulierung des Online-Glücksspiels, das eben dezentral ist. Die einzelnen Regionen hingegen regulieren das landbasierte Glücksspiel in ihrem Zuständigkeitsbereich selbst. An dieser Aufteilung soll sich jedoch mit dem neuen Gesetz nichts ändern. Ein gemeinsamer Auftrag ist es aber, dass die Regionen an einer Reduktion des individuellen Angebots arbeiten.

Zuspruch von gemeinnützigen Initiativen

Die Initiativen, die sich seit Jahren für einen Abbau der Spielautomaten einsetzen und sich gegen Spielsucht und ihre Folgen engagieren, begrüßen die Schritte der Regierung ausdrücklich. Darunter ist auch die Organisation Slot Mob, die sich besonders darüber freut, dass die Reduktion von Spielangeboten einen solchen Stellenwert bekommt. Ein Punkt, in dem die Initiative aktiv ist, ist die Auszeichnung von gastronomischen Einrichtungen, die sich bewusst gegen das Anbieten von Spielgelegenheiten entscheiden.

Es gibt weiteren Handlungsbedarf

Die bisherigen Bemühungen und Pläne gehen den Initiativen noch nicht weit genug. Auch über die staatlichen Konzessionen für internationale Glücksspielkonzerne sollte diskutiert werden, jedenfalls nach Ansicht der Verantwortlichen bei Slot Mob. Sie gehören ebenso auf den Prüfstand, wenn das Ziel wirklich ist, den Spielerschutz zu gewährleisten und Schaden von Nutzern sowie Nutzerinnen abzuwenden. Trotzdem ist man im Großen und Ganzen erst einmal zufrieden, dass diese längst überfälligen Schritte nun angegangen werden.

Vorwürfe gegen den Staat

Die Anti-Glücksspiel-Kampagne Mettiamoci begrüßt ebenfalls eine Reduktion des Glücksspielangebots sowie ein Gesetz, das hierzu motiviert. Dennoch machen die Verantwortlichen dem Staat auch Vorwürfe, dass er sich an Menschen mit Spielsucht und an der Glücksspielindustrie bereichert. Gerade in diesen Zeiten, in denen die Inflation steigt und der wirtschaftliche plus der soziale Abstieg große Sorgen vieler Bürger und Bürgerinnen sind, muss in dieser Hinsicht ebenfalls ein Umdenken erfolgen.

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