Netzsperren in der Schweiz – wer trägt die Kosten?

Zum Schutz der heimischen Glücksspielindustrie wird in der Schweiz derzeit über ein neues Geldspielgesetz beraten. Dieses soll erstmals entsprechende Online Angebote ermöglichen. Die Lizenzen werden aber nur an bereits genehmigte stationäre Anbieter in der Schweiz vergeben. Um sicherzustellen, dass Schweizer Spieler nicht auf ausländische Webseiten ausweichen, sind sogenannte Netzsperren vorgesehen. Diese sind mit einigem technischen und finanziellen Aufwand verbunden. Die Schweizer Internetprovider möchten dafür entschädigt werden.

Weiterhin gibt es von netzpolitischen Verbänden und der Wissenschaft Bedenken an der Effektivität und Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen. Dennoch hat das Vorhaben bereits die ersten Verfahrensschritte überstanden. Das Gesetz, dessen Einführung für 2019 vorgesehen ist, wird derzeit in der Rechtskommission des Nationalrats diskutiert.

Internetprovider erwarten erheblichen Aufwand

Sollte das Geldspielgesetz in der geplanten Form in Kraft treten, würden den entsprechenden Dienstleistern Kosten zur Einrichtung und Aufrechterhaltung der Sperren entstehen. Wie die Neue Züricher Zeitung berichtet, möchten die Internetprovider diese Aufwendungen von der Glücksspielbranche erstattet bekommen. Der Provider-Verband „Suisse Digital“ habe sich in einem Schreiben an die Rechtskommission gewandt. Darin werde erneut betont, dass der Verband Netzsperren grundsätzlich für falsch hält. Sollten sie dennoch festgeschrieben werden, sollten die Profiteure der Maßnahme auch die Kosten übernehmen. Nach Auffassung des Verbandes sind dies die einheimischen Casinos und Lotteriebetreiber, die durch das Aussperren der internationalen Konkurrenz einen Wettbewerbsvorteil erhalten würden.

Weiterhin verlange „Suisse Digital“ im Gesetz ein Recht zum Aussetzen der Sperren für die Provider zu verankern. Dieses solle zum Tragen kommen, wenn durch das Aussperren die Netzqualität beeinträchtigt würde. Diese Befürchtung hängt mit technischen Problemen bei der Einrichtung von Netzsperren zusammen. Um eine einzelne Webseite „abzuschalten“ muss teilweise der Zugang zu dem gesamten Server verhindert werden – davon könnten dann weitere Inhalte betroffen sein, die mit Geldspielen nichts zu tun haben. Die Internetprovider möchten für solche Ausfälle nicht haftbar gemacht werden können.

Die Gründe für Netzsperren

Die Befürworter von Sperren für ausländische Anbieter führen ungleiche Wettbewerbsbedingungen als Begründung an. So seien die Schweizer Unternehmen wesentlich strengeren Vorschriften ausgesetzt als ihre europäische Konkurrenz. Der Wettbewerb sei dadurch zu Lasten der Schweizer verzerrt. Der freie Zugang zu ausländischen Webseiten müsse also über technische Maßnahmen verhindert werden.

Die Gegenseite argumentiert auf mehreren Ebenen: So seien Netzsperren zunächst ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Rechte der Internetnutzer auf freien Informationszugang. Ebenso würden die Provider in ihrer Wirtschaftsfreiheit eingeschränkt, da sie den Zugang zu Teilen des Internets für ihre Kunden sperren müssten. Neben den rechtlichen Aspekten werden aber auch technische Argumente eingebracht. Netzsperren seien so einfach zu umgehen, dass sie ohnehin wirkungslos wären. Selbst wenig technikaffine Nutzer könnten mit geringem Rechercheaufwand über Proxyserver ihre IP-Adresse verschleiern und weiterhin auf ausländischen Servern spielen. Oft reiche dazu die in jedem Browser verfügbare Funktionalität aus. Gleichzeitig wird die Entstehung eines ungewollten Präzedenzfalles befürchtet, aus dem weitere Branchen Netzsperren gegen ausländische Konkurrenz ableiten könnten.

Auch die Wissenschaft hat sich dem umstrittenen Thema angenommen. Die Fakultäten für Recht und Informatik der Universität Zürich haben das Gesetzesvorhaben in einem Gutachten ausführlich geprüft. Das Ergebnis fällt eindeutig zu Ungunsten der Netzsperren aus. Diese seien weder verhältnismäßig noch geeignet, um die angestrebten Ziele zu erreichen. Das Gesetz könnte also an Verfassungswidrigkeit scheitern.

Daher sprechen sich die Gegner der Sperren um den AG-Politiker und Nationalrat Beat Flach bereits jetzt für einen alternativen Weg aus. Der Geldspielmarkt der Schweiz solle geöffnet werden. So könnten sich ausländische Unternehmen um Lizenzen bewerben und denselben Bedingungen unterworfen werden, die bereits für die einheimische Industrie gelten. Damit werden weitere mögliche positive Folgen verbunden. Die Eidgenossen könnten so von höheren Steuereinnahmen durch Glücksspiel profitieren und die Entstehung eines Schwarzmarktes könnte effektiv verhindert werden.

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