Vom Lottosieger zum Bankräuber: Jim Hayes plant Autobiografie

Die Folgen seines Ruins machten den kalifornischen Ex-Lottomillionär, Jim Hayes, zum Bankräuber, als „PT Cruiser Bandit“ wurde er 2017 infolge seiner Verhaftung weltbekannt. Vom Gefängnis aus plant der 55-jährige nun seine Autobiografie „Lottery to Robbery“. Was nach Actionkino klingt, ist tatsächlich die Geschichte eines dramatischen Totalabsturzes.

Ein Foto zeigt den kalifornischen Bankräuber Jim Hayes.

Der unbewaffnete Bankräuber Jim Hayes tat nur so – und wirkte dabei nicht weniger bedrohlich. Heute sagt er „Geld kann dein Leben vermasseln“.

Wer hoch fliegt, fällt tief. Wohl kaum ein anderer altbackener Sinnspruch bringt die letzten 20 Jahren im Leben des Jim Allen Hayes präziser auf den Punkt. Im Jahr 1998 gewann der damals 35-jährige Nachtwächter aus Carpinteria, Kalifornien, USA, satte 19 Mio. USD (~ 16,5 Mio. EUR) im Lotto. Nach Steuerabzug blieben ihm rund 14 Mio. USD, die in 20 robusten Jahresraten á 684.000 USD ausgezahlt wurden. Mehr als genug, sollte man meinen. Hayes bekundete 1998 in der L.A. Times:

„Ich werde das Geld nicht verblasen.“

Fortan lebte der letztendlich heroinabhängige Obdachlose ein Leben in Saus und Braus, trug Rolex, lief auf Perserteppichen durch mehrere eigene Strandhäuser, feierte dekadente Glücksspielorgien an den Tischen der Reichen und Schönen in Las Vegas. Von seiner Ehefrau war er schnell getrennt. Stars aus Sport, Film und Musik zählte er jetzt zu seinen Freunden. Aus Insiderkreisen heißt es kurzum:

„Hayes hat ausgegeben wie verrückt.“

Dessen neue Liebe galt nun vor allem diversen Sportautos: Im Kaufrausch legte sich der Lottomillionär einen Fuhrpark aus Ferraris, Porsches und Corvettes zu. 17 Edelkarossen waren es am Ende, dazu einige Harleys. Eine ganz besondere Leidenschaft hegte Hayes außerdem für Lamborghinis, mit denen er sich regelmäßig auf etwaigen Rennstrecken erprobte. Nach eigenen Angaben bezahlte er gar Mario Andretti, Formel 1-Weltmeister 1978, um mit ihm auf der Piste Gas zu geben. Ein Leben auf der Überholspur im wahrsten Sinne. Allerdings ohne zu Tanken.

Talfahrt

Gelandet ist der Lotto-Überflieger letztlich im Gefängnis – verurteilt zu drei Jahren Haft plus drei Jahren Bewährung und einer Geldstrafe von 39.424 USD (~ 34.265 EUR), wegen elffachen Bankraubs in vier Bundesstaaten. Der unter dem Strich überraschend milde Urteilsspruch gegen den medial stilisierten PT Cruiser Bandit, erließ der oberste Bundesgerichtshof Kaliforniens (Los Angeles) im vergangenen März.

Das judikative Wohlwollen gegenüber Hayes scheint jedoch durchaus begründbar, denn die Gründe für den Ruin, vom Heroinkonsum bis zum Banküberfall, liegen nicht nur in seinem extravaganten Lifestyle. Bereits Ende der 1990er kam es zu ersten Kratzern im Lack. Infolge der Scheidung klagte die Millionärs-Ex-Frau dauerhaft 50% des jährlichen Jackpots ein. Fast gleichzeitig erlitt Hayes binnen weniger Monate drei Bandscheibenvorfälle. Die Folge: Schmerzmittelsucht.

Dass sich hier schon die Saat seiner aktuellen, eher zweifelhaften Reputation setzte, erkannte Hayes damals nicht, im Gegenteil – er investierte in einige wirtschaftliche Projekte, allesamt Flops, folglich machte er Schulden. Zudem benötige er immer mehr verschreibungspflichtige Medikamente. 2007 war er bankrott. Die Schecks der Lotterie wurden zwecks Schuldenabbau einbehalten. Bis zur letzten Rate 2015 ging keine Rate des Jackpots mehr an Hayes persönlich.

Mit seiner inzwischen zweiten Ehefrau zog der Ex-Lottomillionär nun vom Loft in einen Wohnblock –um mietfrei zu wohnen, übernahm Hayes die Hausverwaltung. Unterdessen erhielt er nach eigenen Aussagen insgesamt 38 Job-Absagen infolge. Beworben hatte er sich als Hotelmanager, abgelehnt worden sei aufgrund mangelnder Erfahrung. Nachdem Hayes Wohnkomplex obendrein durch ein Feuer zerstört wurde, zog er in die Garage eines Freundes und begann Heroin zu nehmen.

„Du brauchst nur die Cojones“

Hayes Gedanken kreisten nun zum ersten Mal um Bankraub. „Du brauchst nur die Cojones“, sagte er sich. Ab April 2017 begann er folglich damit seine durchaus eigenen Pläne in die Tat umzusetzen. In der Zentralbank seiner Heimatstadt, Carpinteria, erbeutete innerhalb weniger Minuten über 3.000 USD, der Clou dabei: Hayes nutzte keinerlei Waffen, außer die Macht der Suggestion.

Das dezente Spiel mit der Angst vor laufenden Kameras wurde schnell zum Markenzeichen des PT Cruiser Bandits, ebenso wie das namensgebende Chrysler-Modell des einstigen Hobby-Rennfahrers. Insgesamt erbeutete Hayes auf seinem fünf Monate langen Raubzug rund 55.000 USD. Das meiste davon gab er für Heroin aus.

Es scheint, als habe der frühere Multimillionär schon weit unseligere Talfahrten unternommen als die in den Knast. Aller Propaganda zum Trotz klickten die Handschellen im September 2017 nicht am Handgelenk eines Neo-Cowboys á la Big Lebowski, sondern, laut Polizei, an dem eines „mittellosen Junkies, der in einer Garage wohnte und sich mit einer der schlimmsten Süchte aller Zeiten beschäftigte“.

Klar und Clean

Jim Hayes selbst sitzt zum Zeitpunkt des Urteilsspruchs bereits seit sechs Monaten in der Zelle, mutmaßt über einen „Lotteriefluch“, definiert die „andere Seite“ des Geldes oder skizziert Eckpfeiler eines „vermasselten Lebens“. Seine Reflexionen plant er 2020, dem Jahr seiner Entlassung, unter dem Titel Lottery to Robbery – Lotterie des Raubüberfalls – zu veröffentlichen.

Unglücklich über den Knastaufenthalt ist der Pre-Senior angesichts aller besagten Irrungen und Wirrungen keineswegs: Jim Hayes scheint dazu gelernt zu haben und plant einen Neuanfang: Den Medien präsentiert er sich wach geläutert, endlich drogenfrei, lautet das Kredo. In einem Brief an das US-Nachrichtenportal The Daily Beast heißt es:

„Ich war pleite, krank und sauer auf die Welt, lebte in einer Garage mit meiner geliebten Katze, die mich hungrig anschaute. Das Gefängnis ist für mich ein schrecklicher Ort, trotzdem bin ich dankbar. Es hat mir das Leben gerettet.“

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