Verliert Wynn seine Glücksspiel-Lizenz?

Aufgrund der Missbrauchsvorwürfe gegen Steve Wynn (77) fordert Nevadas Glücksspielbehörde, dass dem Casinomogul die Glücksspiel-Lizenz entzogen wird. Folglich attackieren die Anwälte des Wynn Resorts-Gründers die Behörde: Durch seinen Rückzug als CEO stelle Wynn für die Branche keine Gefahr mehr dar. Ist die Einschätzung realistisch?

 Das Casino eines Wynn Resorts in Las Vegas.

Die Skandale um Firmengründer Steve Wynn führten zu einem massiven Imageschaden bei Wynn Resorts. ©DanMSchell/Pixabay

Person mit unzureichender Integrität

Die Anwälte des ehemaligen Wynn Resorts-CEOs Steve Wynn befinden sich zurzeit in einem Disput mit Nevadas Glücksspielaufsichtsbehörde (Nevada Gaming Control Board, NGCB). Im Mittelpunkt steht die Frage, ob der Multimilliardär seine Glücksspiel-Lizenz infolge der gegen ihn gehegten Missbrauchsvorwürfe behalten darf. Die NGCB fordert seit Anfang Oktober den Lizenzentzug, die Juristen sind dagegen der Ansicht, dass die Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde mit Wynns Rückzug aus dem Unternehmen erloschen ist. Der früherer Casinomogul stelle demnach keine Gefahr mehr für Branche dar, so das Kredo der Juristen.

Die NGCB bewerte die Lage hingegen weitaus drastischer: Da Wynn rund 150 seiner weiblichen Angestellten über mehrere Jahre hinweg sexuell missbraucht haben soll, verfüge er nicht über die charakterliche Eignung, um jemals wieder in der Glücksspielbranche arbeiten zu dürfen. Diesbezüglich reichte die NGCB am 14. Oktober einen 23-seitigen Beschwerdebericht bei der Nevada Gaming Commission ein, hierin wurde nicht nur der Lizenzentzug gefordert, sondern auch eine Geldstrafe. Außerdem soll Wynn offiziell als Person mit unzureichender Integrität eingestuft werden. Zu den Gründen hieß es im Wortlaut:

“Wynn versäumte es, Diskretion und zuverlässiges Urteilsvermögen bei der Vermeidung von Vorfällen zu zeigen, die sich negativ auf den Ruf des Bundestaates Nevada auswirkten und die Entwicklung der Glücksspielindustrie beschädigten.”

Beschwerde mit fünf Punkten

Gegenüber der Washington Post betonte die NGCB, Wynn sei „ungeeignet, mit einem Glücksspielunternehmen oder der Glücksspielbranche in Verbindung zu stehen“. Die Beschwerde umfasst in diesem Sinne fünf Schwerpunkte: Erstens habe Wynn es versäumt, die Richtlinien seines eigenen Unternehmens in Bezug auf sexuelle Belästigung einzuhalten. Es spiele dabei keine Rolle, ob die sexuellen Kontakte einvernehmlich waren oder nicht, denn Wynns Firmenpolitik hat sexuelle Beziehungen zwischen Angestellten und Vorgesetzten generell untersagt.

Zweitens habe Wynn seine Macht als Geschäftsführer für rechtswidrige Handlungen ausgenutzt. Drittens habe er verschiedene Vorfälle im Kontext von sexueller Nötigung nicht dem Vorstand gemeldet. Stattdessen habe Wynn (viertens) versucht außergerichtliche Einigungen mit seinen Opfern zu erzielen, so zum Beispiel 2005: Hier hatte Wynn sich an einer Nagelpflegerin vergangen, folglich kam es nicht zu einem Prozess, sondern zu einer außergerichtlichen Einigung über einen Schadensausgleich von 7,5 Mio. US-Dollar.

Fünftens habe sich Wynn diversen strafrechtlichen Anhörungen zur Klärung der Situation entzogen, unter anderem war er im September 2018 nicht zu einem Gerichtstermin erschienen. Die ohnehin schon eingefrorenen Lizenzen des Glücksspielmagnaten seien unter den gegebenen Aspekten endgültig auszusetzen, so das Fazit der Behörde.

Zuständigkeit der NGCB erloschen?

Die Anwälte des Casinomagnaten gehen nun gegen die genannten Vorwürfe vor und sehen an dieser Stelle keinen Grund mehr für die Ermittlungen der Glücksspielaufsicht. Die Zuständigkeit der Behörde sei mit Steve Wynns Exit im April 2018 erloschen. Von der Nevada Gaming Commission fordern die Juristen daher, künftig alle Anliegen der NGCB in Bezug auf Wynn abzuweisen.

Darüber hinaus habe keine der beiden Instanzen die rechtliche Befugnis, um weitere Sanktionen gegen Wynn einzuleiten. Im Gespräch mit WSJ erklärten die Anwälte, dass Wynn der US-amerikanischen Glücksspielbranche keinen Schaden mehr zufügen könne. Im Zitat hieß es:

“Die spezifische Frage lautet: Hat die Gesetzgebung von Nevada ihre Glücksspielbehörden ausdrücklich oder stillschweigend dazu ermächtigt, eine Person zu disziplinieren, die nicht mehr an einem in Nevada stationierten Glücksspielunternehmen beteiligt ist und somit keine mutmaßliche Bedrohung mehr für die Branche oder die breite Öffentlichkeit darstellt? Unsere klare Antwort auf diese Frage ist: Nein.”

Ob die Juristen in der Sache Recht behalten, bleibt abzuwarten. Klar ist, dass Wynn seine charakterlichen Eignungen nicht abgesprochen werden können, bis die Zuständigkeit in dem Fall eindeutig geklärt ist. Bis zum 27. November hat die NGCB nun Zeit, auf die Offensive der Juristen zu reagieren. Außerdem soll es am 19. Dezember zu einer Anhörung aller Beteiligten vor einem Ausschuss der Nevada Gaming Commission kommen. Hier könnte über Wynns endgültige Zukunft in der Glücksspielwelt entschieden werden.

Rekordstrafe gegen Wynn Resorts

Während sich der eigentliche Missetäter immer weiter zu entziehen scheint, musste sich das Management von Wynn Resorts bereits im letzten Februar wegen Versäumnissen und Mitwissenschaft verantworten. Es kam zur Verhängung einer 20 Mio. US-Dollar Rekordstrafe. Zum Vergleich: Das bisher höchste Bußgeld gegen einen US-Casinokonzern lag bei 5,5 Mio. US-Dollar, was die Schwere von Wynns Vergehen nochmals unterstreicht.

Laut Staatsanwaltschaft beschreibe dies jedoch „nicht einmal annähernd, das wahre Ausmaß der Übergriffe“. Des Weiteren war sogar die Rede von Parallelen zum organisierten Verbrechen. Dass Wynns Vergehen überhaupt zu Tage traten, ist im Übrigen einem investigativen WSJ-Bericht aus Januar 2018 zu verdanken. Der gesamte Konzern leidet seitdem unter einem massiven Imageschaden. Zurzeit strebe man einen „Paradigmenwechsel“ an, so das jüngste Statement der Unternehmensführung.

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