Urteil: Novomatic muss 2,5 Mio. Euro an Ex-Problemspieler zahlen

Das Landesgericht Wiener Neustadt (LGWN) hat der Klage eines langjährigen Spielsüchtigen stattgegeben und den österreichischen Glücksspielgiganten Novomatic folglich zu einer 2,5 Mio. Euro-schweren Rückzahlung verpflichtet. Der Konzern legte unlängst Berufung ein.

Dass der aus Niederösterreich stammende Kläger und frühere Dauer-Problemspieler XY infolge der Verhandlung lieber anonym bleiben möchte ist verständlich – hochgradig suchtkrank hatte er zwischen 2002 bis 2012 an den Spielautomaten des börsennotierten Novoline- und Admiral-Inhabers Novomatic ein ganzes Vermögen verprasst.

Unfassbare zwei Millionen Euro habe der zehn Jahre lang andauernde Spielexzess letzten Endes gekostet, so der Kläger, der folglich bankrott und verschuldet zum letzten Grashalm griff und sich in Therapie begab. Nachdem XY erkannt hatte, dass sein Urteilsvermögen in dem besagten Zeitraum stark von seiner Spielsucht beeinträchtigt wurde, reichte er im August Klage gegen den globalen Marktriesen aus Gumpoldskirchen ein. Hätte XY in dieser Zeit überhaupt spielen dürfen?

Wie zu vermuten lautet die Antwort, Nein. Ein innerhalb der Verhandlung vorgelegtes, sogenanntes psychiatrisch-neurologischen Sachverständigen-Gutachten bescheinigt dem Ex-Zocker tatsächlich eine partielle, das heißt in diesem Fall, glücksspielbezogene Geschäftsunfähigkeit innerhalb des besagten Zeitraums.

Seinen obsessiven Spieldrang habe der Kläger demnach unmöglich kontrollieren können, heißt es. Besonders da XY der Zugang zu Spielautomaten jahrelang in keiner Weise verwehrt wurde. Novomatic-Slots fanden sich damals noch in fast jeder Bar des Landes, erst 2015 wurden sie außerhalb offizieller Spielhallen und Casinos verboten.

Angesichts der psychiatrischen Beweisgrundlagen plädierte die Klägerschaft folglich auf eine Rückabwicklung aller getätigten Einsätze, worin das Gericht ohne Umschweife einstimmte und XY obendrauf fast 500.000 Euro Zinsen gewährte.

Die Vorsitzenden begründeten den Urteilsspruch zudem mit einer weiteren Verletzung des Glücksspielgesetzes: Wie es heißt, hätten die vom Kläger bevorzugten Spiele – vorwiegend Action-, Würfel- und Slot-Spiele – zu Hauf die vorgeschriebenen Bagatellgrenzen überschritten. Pro Spiel wurden demnach zu hohe Beträge ausgeschüttet oder wiederum zu hohe Einsätze akzeptiert.

Novomatic tritt in Berufung

Es wirkt durchaus wie der Sieg Davids über Goliath: Die für XY wohl ebenso glückliche wie für Novomatic kostspielige Rückzahlung dürfte europaweit für Aufsehen sorgen. Dass der zu den weltweiten Branchenführern zählende Glücksspielkonzern in Revision tritt, ist demnach nicht überraschend. Man plane eine genaue Überprüfung der Sachlage, heißt es, obgleich das LGNW die Rechtskräftigkeit seines Urteils indessen bereits mehrfach bestätigte.

Im Hinblick auf gerichtlich angeordnete Rückzahlungen an Privatkunden sitzt Novomatic darüber hinaus nicht zum ersten Mal auf der Anklagebank. Einen ähnlichen Fall verlor die Aktiengesellschaft schon 2014 – hier sprach Österreichs Justiz einem Automaten-Zocker immerhin satte 800.000 Euro zu. Sämtliche Spielverträge wurden auch in diesem Fall für ungültig befunden. Ob und wie weit der 1980 gegründete Konzern im Fall XY das juristische Gaspedal durchzudrücken gedenkt, bleibt vorerst abzuwarten.

Klar ist dagegen: An einem zu knappen Budget werden die Pläne Novomatics nicht scheitern. Erst Anfang September präsentierte das heute rund 11.300 Mitarbeiter zählende Unternehmen einen H1-Rekordumsatz. Im Jahresvergleich stiegen die Umsatzerlöse aus Glücksspielautomaten demzufolge um mehr als 96 Prozent. Das exorbitante Wachstum sei vor allem der im Januar erfolgten Akquisition des Tech-Konzerns `Ainsworth Game Technology´ zu verdanken, lautete das Fazit zum Halbjahresabschluss.

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