UK: Aufklärung zu Spielsucht soll Schulfach werden

Ein Praxisversuch in Großbritannien hat gezeigt, dass Aufklärungsarbeit zum Thema Glücksspiel problematisches Spielverhalten mindern kann. Die Initiatoren möchten das Bildungsprojekt zum Pflichtstoff machen.

Schüler vor Schulgebäude

Der britische Thinktank Demos fordert, Glücksspielaufklärung an Schulen zu unterrichten. (Bildquelle)

Der überparteiliche britische Thinktank Demos führte probeweise Unterrichtseinheiten an weiterführenden Schulen durch. Das Projekt wurde von der Organisation GambleAware finanziert. Den Schülern wurden dabei die Gefahren des Glücksspiels erläutert und Anlaufstellen bei Problemen genannt. Die Kinder sollten lernen, das Risiko der Spiele abzuwägen, Manipulationen durch Gamblingunternehmen zu erkennen und impulsives Verhalten zu kontrollieren. Insgesamt vier Unterrichtsstunden wurden dafür aufgewendet, das Projekt fand an mehreren Einrichtungen statt und erreichte insgesamt 650 Schüler.

Aus dieser Testgruppe gaben vor Beginn des Projektes 41 % an, im letzten Jahr Glücksspiel betrieben zu haben. Nach zwölf Monaten wurde diese Zahl mit der einer Kontrollgruppe, die keinen Aufklärungsunterricht erhalten hatte, verglichen. Dabei zeigte sich ein deutlicher Rückgang des Spiels um Geld bei den Teilnehmern der Bildungskampagne. Der Anteil derer, die Kartenspiele mit Echtgeldeinsätzen betrieben, hatte sich halbiert. Für die Initiatoren der Untersuchung ergibt sich daraus eine klare Handlungsanweisung an die Politik: Das Thema Glücksspiel muss Teil des Lehrplans werden, und zwar im Bereich der Sozialkunde.

Glücksspiel ist allgegenwärtig

Spielsucht wird in Großbritannien zunehmend problematisiert. Eine liberale Gesetzgebung hat im letzten Jahrzehnt vor allem zu einer deutlichen Zunahme von Werbung für Glücksspiele gesorgt. Was für die weit entwickelte Spielindustrie des Landes zu stetigem Wachstum geführt hat, sorgt vor allem am unteren Rand der Gesellschaft für Probleme. Spielsucht gilt als weitverbreitet, Wettbüros machen sich vor allem in ärmeren Gegenden breit und wecken unberechtigte Hoffnungen auf lebensverändernde Gewinne.

Wenn man bedenkt, dass junge Menschen regelmäßig bezüglich der Risiken von Drogen, Alkohol und Geschlechtsverkehr aufgeklärt werden, ist die Abwesenheit des Themas Glücksspiel eine Anomalie. Spielsucht kann einen Menschen zugrunde richten, ebenso Freunde, Familien und die Wirtschaft. Aufklärung ist späterer Behandlung in jedem Fall vorzuziehen.Simone Vibert, Sozialwissenschaftlerin bei Demos

Zwar ist das Glücksspiel auch in UK nur für Erwachsene freigegeben, doch tatsächlich gelten offiziell mindestens 25.000 Jugendliche als suchtgefährdet – sie spielen regelmäßig und zeigen auffällig riskante Verhaltensweisen. In einer jüngeren Studie gab jeder sechste Jugendliche zwischen elf und fünfzehn Jahren an, innerhalb der letzten Woche gespielt zu haben. Organisationen wie GambleAware versuchen angesichts derartiger Probleme, präventiv einzugreifen. Doch vor allem gegen die allgegenwärtige Werbung, der Kinder und Jugendliche ebenso ausgesetzt sind wie Erwachsene, ist kaum anzukommen:

Glücksspiel-Werbung und die damit einhergehende Normalisierung des Gamblings geben begründeten Anlass zur Sorge. In diesem Zusammenhang sind wir froh, dieses Projekt finanziert zu haben, um herauszufinden, was Kindern helfen kann, Glücksspiel und die damit verbundenen Risiken zu verstehen und ihnen im Umgang mit den möglichen Schäden zu helfen.Dr. Jane Rigbye, Bildungsbeauftragte von GambleAware

Präventionsarbeit nimmt im Bereich des Glücksspiels eine wichtige Rolle ein. Denn die Behandlung Spielsüchtiger erweist sich oft als schwierig bis unmöglich. Trotz vergleichsweise aufwendiger Therapien und stationärer Klinikaufenthalte sind die Rückfallquoten hoch, mehr als die Hälfte der Behandelten in Deutschland schafft es nicht, abstinent zu bleiben.

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