Sportwetten: Bis zu 20 Mio. Verlust durch Matched Betting vermutet

Wie der Branchendienst igamingbusiness.com nach Hintergrundgesprächen mit Beteiligten berichtet, erleiden Sportwettenanbieter durch sogenanntes „Matched Betting“ erhebliche Verluste.

Das Konzept solcher Wetten ist schon lange bekannt. Da es jedoch bisher mit erheblichem Aufwand verbunden war die Strategie profitabel anzuwenden, nutzten sie nur wenige Spieler. Durch professionelle Ratgeberseiten und automatisierte Software werden die abgestimmten Wetten nun jedoch drastisch vereinfacht und durch gestiegene Popularität für die Wettanbieter problematisch.

Die Wettstrategie findet im Zusammenhang mit Bonusangeboten Anwendung. Sie nutzt als Marketinginstrumente gedachte Gratiswetten in Kombination mit einer weiteren Absicherungswette aus. Dadurch wird unabhängig vom Ausgang der Gratiswette ein Gewinn ermöglicht. Durch die von den „Matched Betting“-Portalen gelieferten Detailinformationen können Spieler auch ohne eigene Berechnungen profitieren. Die Kunden dieser Portale zahlen für die Daten eine monatliche Gebühr.

Abgestimmte Wetten werden bei unterschiedlichen Buchmachern platziert und sind somit nicht ohne Weiteres für die Anbieter nachvollziehbar. Sie verstoßen zwar womöglich gegen die jeweiligen AGB, sind aber nicht gesetzlich verboten. Michael Rasmussen vom Buchmacher Marathonbet Group beschreibt die grundlegende Idee im Gespräch mit igamingbusiness so:

“Das Konzept abgestimmter Wetten beruht auf dem Fehlen von Risiko und dem Profit aus den Angeboten. Im Klartext handelt es sich um organisierten Bonusmissbrauch.“

Insbesondere die Professionalisierung und Automatisierung der “Matched-Betting”-Szene setze den Buchmachern zu. Solange es sich nur um einen kleinen Kreis an solchen Wettstrategen handelte, war das Problem zu vernachlässigen.

Die Gegenmaßnahmen

Die Buchmacher versuchen sich mit der Vernetzung ihrer Systeme zu wehren. So tauschen sie Informationen über verdächtige Accounts aus und sperren diese bei einem bestätigten Bonusmissbrauch. Allerdings haben die Ratgeberportale hier bereits vorgesorgt und zeigen ihren zahlenden Kunden, wie sie auch dieses Risiko minimieren können.

Die größten Anbieter abgestimmter Wetten haben nach eigenen Angaben mehr als 20.000 Abonnenten. Die Situation stellt mittlerweile eine Bedrohung für das Geschäftsmodell kleinerer Buchmacher dar. Laut Rasmussen sind insbesondere neue Sportwettenangebote gefährdet. Sofern diese mit Gratiswetten zur Promotion starten, stellen sie leichte Beute für die Masse an Wettstrategen dar. Der Branchenexperte formuliert es recht drastisch:

“Sobald eine neue Firma einen Bonus anbietet, haben sie eine Armee von Spielern mit abgestimmten Wetten am Hals.“

Diese Spieler seien an regelmäßigen Wetten typischerweise nicht interessiert. Sie nutzten in der Regel nur die Gratiswetten, sodass sie für die Buchmacher keine potenziell gewinnbringenden Nutzer darstellen.

Die Schadenshöhe lässt sich nur schätzen

Die einschlägigen Ratgeberseiten bewerben ihre Dienste vollmundig und versprechen Einkünfte von durchschnittlich 1.000 Euro im Monat – ohne Risiko. Hieraus ergibt sich die Hochrechnung für den branchenweiten Schaden. Geht man von 20.000 Mitgliedern bei einem großen Portal aus, ergibt sich so ein Gesamtschaden von 20 Millionen Euro pro Monat, der sich auf die gesamte Buchmacherbranche verteilt. Die Dunkelziffer dürfte allerdings noch erheblich größer sein. Es gibt mehrere gut besuchte „Matched-Betting“ Sites. So habe der Online-Buchmacher Marathonbet im Jahr 2015 seine ersten Gratiswetten angeboten und dadurch laut Rasmussen siebenstellige Verluste erlitten. Weitere Kosten entstünden durch die Entwicklung von Abwehrmaßnahmen seitens der Buchmacher.

Die Suche nach sicheren Wetten hat eine lange Tradition

Der Vertrieb von Sportwetten über das Internet macht die unterschiedlichen Quoten der Buchmacher besonders leicht vergleichbar. So haben sich früh Foren etabliert, in denen die sogenannten „sure bets“ ausgetauscht wurden. Diese werden bei besonders stark abweichenden Quoten möglich und ermöglichen ergebnisunabhängige Profite. Allerdings sind die Schutzmaßnahmen der Buchmacher ebenfalls umfangreicher geworden, sodass sichere Wetten durch eine Angleichung der Quoten meist nur kurzzeitig verfügbar und auch nicht sonderlich profitabel sind.

Abgestimmte Wetten ließen sich noch einfacher unterbinden, indem man auf Gratiswetten als Marketinginstrument verzichtet. Dies erscheint jedoch derzeit noch nicht geplant zu sein. Sollte sich der „Matched Betting“ Trend allerdings fortsetzen, wird dieser Schritt jedoch vermutlich unumgänglich sein.

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