Spielhallenreduktion in der Kritik

Die Glücksspielgiganten Gauselmann-Gruppe und Löwen Entertainment (Novomatic AG) haben die geplante Reduktion der Berliner Spielhallen scharf kritisiert. Von 496 Spielhallen sollen nur noch 120 weiterbestehen. Die Unternehmen befürchten eine Zunahme des illegalen Glücksspiels. Sind die Bedenken gerechtfertigt?

Spielautomaten in einer herkömmlichen Spielhalle.

Auch die Anzahl an legalen Spielautomaten soll auf 960 reduziert werden. ©Mayya666/Pixabay

Hochburg des illegalen Glücksspiels?

Nur zwei Wochen nachdem der Berliner Senat eine drastische Spielhallenreduktion auf 120 bis zum Ende des Jahres angekündigt hatte, wächst die Kritik vonseiten der Glücksspielbranche. Zur Wort meldeten sich zwei der größten deutschen Unternehmen überhaupt, erstens der Merkur-Inhaber Gauselmann und zweitens die Novomatic-Tochter Löwen Entertainment. Die Anbieter sehen den legalen Berliner Glücksspielmarkt in erheblicher Weise gefährdet.

Löwen Entertainment, das ein Netz von Einzelhandelsfilialen unter der Marke Admiral betreibt, warnte vor einem Boom an illegalen Aktivitäten. Laut Löwen-Vorstandsmitglied Dr. Daniel Henzgen, sei Berlin bereits eine Hochburg für illegales Glücksspiel in Deutschland. Durch die Haltung des Berliner Wirtschaftssenators werde die angestrebte Ordnungspolitik nun zu einer Politik der völligen Unordnung.

Die neuen Spielhallenregeln, welche teils auf den 2016 verschärften Richtlinien des Glücksspielstaatsvertrags basieren, haben das Ziel, den Spieler- und Jugendschutz zu verstärken. Dem hatte Löwen Entertainment auch zugestimmt, dennoch könne laut Henzgen nur ein attraktives reguliertes Angebot vor illegalen Aktivitäten schützen. Sollte die Politik an dieser Stelle scheitern, würde letztlich nur die organisierte Kriminalität von den Regelungen profitieren.

In einem illegalen Spielumfeld sei der Spieler- und Jugendschutz laut Henzgen nicht mehr gewährleistet – ein Blick auf die Hermannstraße im Stadtteil Neukölln würde genügen, um diesen Sachverhalt zu bestätigen. Schätzungen zufolge gebe es in Berlin zurzeit einen Rekord von rund 2.000 illegalen Spielautomaten.

Kritik an Spielautomatenreduktion

Sollte Berlin seine großangelegte Spielhallenreduktion im geplanten Ausmaß durchsetzen, würden in der Bundeshauptstadt nur noch 960 legale Spielautomaten in Betrieb sein. Dies bedeutet laut Gauselmann, dass es folglich nur noch 25 legale Geräte pro hunderttausend Bürger geben wird. Der Bundesdurchschnitt liege jedoch bei rund 170 Geräten pro hunderttausend Einwohner.

“Das zeigt den tatsächlichen Bedarf. Ich wette darauf, dass es diese Anzahl auch in Berlin geben wird, denn wo die Nachfrage ist, findet sich auch ein entsprechendes Angebot. In Berlin ist das nicht anders – allerdings wird das Angebot dazu bald größtenteils nicht mehr legal sein.”Manfred Stoffers, Vorstand Marketing, Gauselmann, Pressemitteilung

Verlorenes Terrain zurückerobern

Stoffers fügte hinzu, dass das Vorhaben des Berliner Senats daher einen massiven Verstoß gegen die Ziele des Glücksspielrechts darstellt, mit welchem die Kanalisierung des Marktes in den legalen Bereich einhergehen sollte. Gemeinsam mit den Branchenverbänden Deutsche Automatenwirtschaft (DAW) und des Landesverbandes der Automatenkaufleute Berlin werde man weiter gegen die Beschränkungen kämpfen.

Berlin müsse den Betreiber die Chance einräumen, dass bereits an den Schwarzmarkt verlorene Terrain zurückzuerobern. Hierfür müssten die Betreiber in die Lage versetzt werden, legale und qualitativ hochwertige Spiele anzubieten, die den natürlichen Spielbedürfnissen der Menschen entsprechen.

Zudem stünden etliche Arbeitsplätze auf dem Spiel. Der Sektor beschäftigt in Deutschland über 70.000 Menschen. Gauselmann zählt hierzulande über 7.000 Mitarbeiter, bei Löwen Entertainment sind es über 4.000. Der Berliner Senat hat bislang nicht auf die geäußerten Bedenken reagiert. Laut Gauselmann könnte dies darauf zurückgeführt werden, dass das Thema angesichts der Vielzahl an aktuellen polit-relevanten Themen untergegangen ist.

Zu den Hintergründen

In Berlin gilt bereits seit 2011 das strengste Spielhallengesetzt (SpielhGV) Deutschlands, hierin wurde ein schrittweiser Abbau der Etablissements manifestiert. Eine Übergangsfrist lief bis 2016, anschließend mussten die Lizenzen neubeantragt werden. Von 496 Spielhallen sollen nun jedoch nur 120 Betreiber eine Lizenz erhalten. Die übrigen Spielhallen müssen bereits zum Jahrsende schließen.

Im dritten Glücksspielstaatsvertrag von 2016 wurde zudem eine neue Mindestabstandsregel festgelegt, welche in den neuen Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrag (GlüNeuRStV) übernommen wurden. Das neue Regelwerk besagt, dass Spielhallen einen Abstand von 200 Metern zu Schulen und Jugendeinrichtungen sowie einen Abstand von 500 Metern zu anderen Spielstätten einhalten müssen. Außerdem gilt ein Abstand von 2.000 Metern zu Spielhallen desselben Betreibers.

Neben einer Stärkung des Spielerschutzes will der Berliner Senat künftig auch unterbinden, dass Einkaufsstraßen von Spielhallen dominiert werden. Der SPD-Abgeordnete und Stadtentwicklungsexperte Daniel Buchholz hatte die Spielhallenreduktion zu diesem Zweck maßgeblich mitvorangetrieben. Durch eine kluge Regulierung ließe sich das Stadtbild deutlich verbessern.

Das neue Glücksspielgesetz soll ab Juli 2021 in Kraft treten. Vorgesehen wird hierin auch die Regelulation des deutschen Online Glücksspiels. Geplant ist die Legalisierung von Online Casinos, Online Sportwetten und Online Poker. Eine Liberalisierung des Sektors bietet laut Experten bessere Kontrollmöglichkeiten und einen erhöhten Spielerschutz. Außerdem würden Arbeitsplätze und höhere Steuereinnahmen geniert. Die Novelle liegt zurzeit in Brüssel zur Ratifizierung.

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