Serie A fordert Wettwerbung

Die höchste italienische Fußball-Liga, Serie A, hat sich per Anschreiben an die Regierung gewandt und die Annullierung des 2019 verhängten Wettsponsoring- und Werbeverbots erbeten. Ziel der Aktion ist nicht weniger als die Rettung des italienischen Fußballs infolge der Coronavirus-Pandemie. Eine Aufhebung des Verbots könnte millionenschwere Einnahmen generieren. Mit welchen Entwicklungen ist zu rechnen?

Das Stadion des AS Rom während eines Fußballspiels.

Italiens Spitzenfußball sucht Wege aus der Corona-bedingten Finanzmisere. ©LiamMcKay/Unsplash

Verluste von bis zu 700 Mio. Euro

In Form eines Bittschreibens hat die Fußball-Liga Serie A der italienischen Regierung eine Idee vorgeschlagen, um die finanziellen Verluste, die im Zusammenhang mit der weltweite Covid-19-Pandemie entstehen, auszugleichen. Zur Diskussion gestellte wurde eine Aufhebung des seit Sommer 2019 geltenden Wettsponsoring- und Werbeverbots mit internationalen Glücksspielanbietern.

Laut dem Nachrichtendienst AgiproNews könne eine Annullierung des Verbots maßgeblich zur Erholung des italienischen Fußballs beitragen. Das Anschreiben der Serie A sei ein langfristiger Lösungsvorschlag, um die Liga möglichst schnell wieder liquide zu machen. Aktuell wurden alle Spiele der Serie A bis zum kommenden April ausgesetzt. Da das Coronavirus inzwischen jedoch ganz Italien lahmgelegt hat, muss mit weiteren Verschiebungen gerechnet werden.

Laut Aussagen der italienischen Zeitung La Repubblica belaufen sich die Verluste der Serie A schon jetzt auf über 200 Mio. Euro. Sollte die Meisterschaft komplett abgesagt werden, werden Einbrüche zwischen 650 und 700 Mio. Euro befürchtet. „Der Fußball muss aus dieser komplizierten Situation sauber herauskommen“, so das Statement von Gabriele Gravina, Präsident des italienischen Fußballverbands FIGC (Federazione Italiana Giuoco Calcio).

Italienischer Fußball am Boden

Wie der FIGC-Präsident weiter ausführte, sei eine Aufhebung des Werbeverbots nur einer von vielen Lösungsvorschlägen, die derzeitig von der Liga überprüft werden. Man wolle „diesen schwierigen Zeiten Sinn geben“, so das Kredo. Die Gesundheitskrise sei eine Chance sich neu zu entdecken und um die „Beziehungen untereinander zu verbessern“. Es sei unausweichlich, neue Inhalte ins Spiel zu bringen, die den Fußball stärker machen als je zuvor.

Eine Aufhebung des Werbeverbots sei daher ein unkomplizierter Weg, um schnelle Einnahmen zu generieren. Darüber hinaus sei die Eröffnung eines Fußballsparfonds, nicht nur für die Vereine, sondern für das gesamte Fußballsystem nötig. Der Sektor sei bereit, gemeinsam zu kämpfen und konkrete Antworten zu liefern. Mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen hieß es:

“Niemand macht sich über das Danach Illusionen. Ich mache mir Sorgen um die Trümmer, die die Krise hinterlassen wird. Es müssen nicht nur Risse repariert werden, sondern auch das System.”

Ob und inwieweit die Regierung auf das Anliegen reagiert, bleibt abzuwarten. Klar ist, dass die Serie A weiter versuchen wird, ihre Sichtweise auf die Krise zu vermitteln. Laut Gravina seien hierfür einige interne Absprachen vorzunehmen. Zur Sensibilisierung seien Sitzungen mit den Spielern geplant. Ziel sei die Entwicklung eines Solidaritätsprinzips. Man könne die Regierung nicht um Hilfe bitten, wenn intern keine Kompaktheit vorherrsche.

Werbeverbot trotz Lizenzierung

Im Juli 2018 wurde in Italien eines der strengsten Verbote für Glücksspielwerbung in ganz Europa verabschiedet. Im Zuge des sogenannten „Dekrets der Würde“, vorangetrieben durch den italienischen Wirtschaftsminister Luigi Di Maio, wurden die Lizenzen vieler etablierter Online Glücksspielbetreiber nicht verlängert. Betreiber, die weiterhin auf dem Markt aktiv sind, dürfen zwar ihren Geschäften nachgehen, jedoch nicht mehr dafür werben.

Unter den betroffenen Unternehmen sind renommierte Marken wie Bet365, Luckia, Lottomatica, Videoslots oder PokerStars. Diese unterliegen dem Werbeverbot, obwohl Lizenzgebühren von über 200.000 einkassiert wurden. Eine Ausnahme gilt lediglich für die italienische Nationallotterie. Den Aussagen der Regierung zufolge, diene das Gesetz nicht dem Verbot von Glücksspielen, sondern lediglich der „Untersagung der öffentlichen Beförderung“.

Annullierung schon länger gefordert

Mit dem Dekret ging das Verbot von Wettpartnerschaften im italienischen Sport einher. Damit sich die Ligen auf die Umstellung vorbereiten können, wurde den Klubs im Sommer 2019 eine Schonfrist bis zum kommenden Juli zugesagt. Ab diesem Zeitpunkt werden alle Trikotlogos, Bonusangebote und Marketingaktionen im Kontext von Wettsponsoring untersagt.

Laut Luigi De Siervo, CEO der Serie A, entgehen den italienischen Spitzenteams durch den Wegfall von Glücksspielpartnerschaften zwischen 100 und 150 Mio. Euro pro Jahr. Hierdurch werde die Liga gegenüber anderen großen europäischen Ligen, zum Beispiel der Primera Division (Spanien) oder Premier League (England), benachteiligt. Zudem sei man nicht mehr konkurrenzfähig.

Die drastische Maßnahme wurde in Italien daher scharf kritisiert. Unter anderem hatte sich die italienische Aufsichtsbehörde AGCOM eingeschaltet und in Tageszeitungen eine Aussetzung des Verbots gefordert. Das Verbot würde erstens nicht zur Suchtprävention beitragen, zweitens den unregulierten Markt bestärken und drittens nachhaltig die Sport- und Medienindustrie schädigen.

Das Werbeverbot im italienischen Sport könnte infolge des Coronavirus allerdings wieder in den Fokus der Öffentlichkeit rücken. Es besteht kein Zweifel daran, dass eine Annullierung dem Sportsektor eine wichtige Einnahmequelle eröffnen könnte. Der Staat würde im Umkehrschluss von höheren Steuereinnahmen profitieren. Ein Statement vonseiten der Regierung kann daher mit Spannung erwartet werden.

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