Schweiz führt Netzsperren gegen Online Casinos ein

Die Schweiz hat ihr neues Geldspielgesetz in finaler Abstimmung auf den Weg gebracht. Neben Änderungen bei steuerlichen Vorgaben sieht es die Sperrung nichtlizensierter Online Casinos vor. Dieser Umstand hatte zu erheblichem Widerspruch geführt und könnte Anlass zu einer Volksabstimmung geben.

Eine solche bildet auch den Ausgangspunkt für die Reform des Glücksspiels in der Schweiz. 2012 hatten sich 87% der Bevölkerung für eine Zweckbindung der Einnahmen aus Geldspielen entschieden. Die Reinerträge sollten in erheblichem Umfang dem Gemeinwohl zu Gute kommen. Gleichzeitig sollte das Glückspielrecht modernisiert werden, die geltenden Regeln stammten aus den Jahren 1923 sowie 1998. Ein erster Entwurf des neuen Gesetzes wurde 2015 fertiggestellt und sah unter anderem die Zulassung von Online Casinos vor. Allerdings sollte nur lizensiert werden, wer bereits eine landbasierte Spielstätte im Inland betrieb. Ausländische Anbieter sollten blockiert werden. An diesen Vorgaben hat sich auch während der zweijährigen Bearbeitungszeit des Gesetzes nichts geändert.

Die Schweizer Lobby setzt sich durch

Kritiker bemängeln den erheblichen Einfluss von Lobbyisten auf das Gesetzgebungsverfahren. Die einheimische Geldspielindustrie soll erheblichen Druck auf die Abgeordneten ausgeübt haben, um die lästige Konkurrenz aus dem Ausland loszuwerden. Insgesamt seien allein in der Planungsphase des Gesetzes 1702 entsprechende Stellungnahmen zum Thema eingereicht worden, eine Zahl die bislang nur von der Überarbeitung der Schweizer Verfassung übertroffen wurde. Schweizer Casinos sollen ihre Angestellten zur Abgabe vorformulierter Einsendungen gezwungen haben, sogar von Unterschriftenfälschungen war die Rede. Die Aargauer Zeitung bezeichnete die beispiellose Einflussnahme auf die Politik bereits im März als „Schmierentheater der Casino-Connection“.

Auf der Gegenseite formierte sich eine Allianz unterschiedlichster Akteure. Die ausländische Industrie beauftragte den ehemaligen Schweizer Botschafter in Berlin, Thomas Borer, mit der Vertretung ihrer Interessen. Vor allem waren es aber Oppositionspolitiker und Netzaktivisten, die sich gegen die Sperren aussprachen. Es handele sich dabei um offenen Protektionismus zugunsten der heimischen Wirtschaft, was vor allem von liberaler Seite angeführt wurde. Anstatt sich dem internationalen Wettbewerb zu stellen und selber durch Qualität zu überzeugen, würde man die Konkurrenz einfach aussperren – zu Lasten der Kunden.

Das Ende des freien Netzes?

Netzpolitiker sprachen sich grundsätzlich gegen das Mittel der Sperren aus. Faktisch stellten diese eine Form der Zensur dar, griffen in das Grundrecht auf Informationsfreiheit ein und würden dem Internet als Ganzem schaden. So könnten andere Branchen ebenfalls auf Sperren gegen ausländische Konkurrenten drängen. Auch könnten technische Fehler nicht ausgeschlossen werden, sodass legale Webangebote ausgesperrt werden könnten. Das Internet in der Schweiz könne also in Zukunft schlechter nutzbar sein. Es gab allerdings auch technische Einwände – so seien die Sperren mit simplen Mitteln umgehbar und daher letztlich ungeeignet, Spieler vom Besuch ausländischer Casinos abzuhalten. Dennoch würden sie das Vertrauen der Internetnutzer in das Netz untergraben, denn anstelle der anvisierten Webseite würde man auf eine andere Seite umgeleitet, ein Verfahren, dass man bislang eher im Bereich der Internetkriminalität anwendet. Auch die Internetprovider haben sich gegen das neue Gesetz gestellt. Denn sie werden darin verpflichtet, die Sperren zu errichten und aufrechtzuerhalten. Dadurch entstehen ihnen Kosten und ihren Kunden Unannehmlichkeiten.

Letztlich war bislang aller Widerstand erfolglos, als einziges Mittel verbleibt den Gegnern eine Volksabstimmung über das Gesetz. Einige Verbände wie die Digitale Gesellschaft, der Chaos Computer Club und die Piratenpartei haben bereits ein entsprechendes Referendum auf den Weg gebracht. Selbiges planen die Jugendorganisationen einiger Parteien. Ob sie sich allerdings gegen die starke Lobby der Schweizer Industrie durchsetzen können, darf als überaus fraglich betrachtet werden.

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