Sachsen-Anhalt gibt GlüStV frei

Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat den GlüStV bewilligt, womit der neue Staatsvertrag die letzte Hürde auf dem Wege zur Regulierung des Online Glücksspiels in Deutschland genommen hat. Die Zustimmung war für die Inkraftsetzung ab Juli zwingend erforderlich, da in Halle die zentrale Aufsichtsbehörde entstehen soll. Das einzige Land, das der Legalisierung von Online Casinos, Online Sportwetten und Online Poker bisher noch nicht zugestimmt hat, ist NRW.

Spielhallen und Sexshops am Hamburger Kiez.

Lizenzierte Online Casinos feiern die Marktöffnung, Spielhallen werden hingegen stärker beschränkt. ©francescoronge/Pixabay

CDU, SPD und Grüne für Legalisierung

Im März konnte der GlüStV seinen vorläufigen Durchbruch feiern: Der neue Staatsvertrag wurde von 13 Ländern bewilligt, womit einer Marktöffnung ab Juli eigentlich nichts mehr im Weg stand. Allerdings war die Freigabe von Sachsen-Anhalt zu diesem Zeitpunkt noch offen – da eine zentrale Regulierungsbehörde in Halle entstehen soll, war die Bewilligung zwingend erforderlich. Nach längerer Wartezeit hat der Landtag nun die endgültige Freigabe erteilt.

Nach dem Saarland und vor Nordrhein-Westfalen ist Sachsen-Anhalt damit das 15. Bundesland, das die Etablierung von seriösen Online Casinos, Online Sportwetten und Online Poker befürwortet. Im Landtag Magdeburg wurde der neue Staatsvertrag von CDU, SPD und Grünen begrüßt, während die Linke sich enthielt und die AfD dagegen stimmte.

Der AfD-Abgeordnete Jan Wenzel Schmidt bekundete, zu viele Unklarheiten in Bezug auf die letztliche Umsetzung des Gesetzes zu sehen. Der SPD-Abgeordnete Rüdiger Erben wies darauf hin, dass mit dem GlüStV ein Tabu gebrochen werde, da jahrelang illegale Anbieter plötzlich legalisiert würden. Des Weiteren wiesen mehrere Abgeordnete verschiedener Parteien auf die Gefahren von Spielsucht hin.

Auch Georg Stecker, Vorstandssprecher bei Deutsche Automatenwirtschaft e.V. (DAW), meldete sich zu Wort und sprach von einer Zeitenwende bei der Glücksspielregulierung. Hintergrund ist, dass der neue Staatsvertrag mit strengeren Vorschriften für Spielhallen, zum Beispiel einer Mindestabstandsregel aufwartet. Letztere sorgt deutschlandweit für etliche Schließungen. Dennoch sei es, so Stecker, zu begrüßen, dass zukünftig erstmals Qualitätskriterien bei Spielautomaten zur Anwendung kämen. Es sei wichtig, dass die Qualität bei Spielhallen im Vordergrund steht.

Deal: Aufstockung von Beratungsstellen

Längere Zeit sah es so aus als würde ausgerechnet Sachsen-Anhalt, wo die zentrale Glücksspielbehörde entstehen soll, den GlüStV kippen. Denn genau dort war es zu Einwänden gekommen: Die Landesregierung sprach von Unsicherheiten und erklärte, dass dem neuen Staatsvertrag möglicherweise kein grünes Licht erteilt wird. Laut SPD-Sprecher Erben sorgte das Gesetz für Bedenken innerhalb der Partei.

Die SPD war der Auffassung, dass der Staat durch die neue Gesetzgebung eingeknickt sei. Die Legalisierung war aber nicht der einzige Grund, der gegen die Freigabe sprach, sondern auch der angeblich mangelhafte Spielerschutz. Besonders das monatliche Einzahlungslimit von 1.000 Euro geriet ins Kreuzfeuer: Laut DAK Gesundheit sei das Limit immer noch zu hoch, denn Sachsen-Anhalt verfüge über eines der niedrigsten Pro-Kopf-Einkommen.

Vor dem Hintergrund der Freigabe hat man sich nun jedoch auf einen Deal geeinigt: Der Landtag befürwortet das neue Gesetz, dafür baut Sachsen-Anhalt sein Netz an Suchtberatungsstellen aus. Bisher begrenzen sich die Beratungsstellen vorwiegend auf Magdeburg. Nun sollen auch welche in Halle, Dessau-Roßlau, Stendal und Halberstadt entstehen. Die Finanzierung soll von bisher 175.000 Euro auf über 500.000 Euro aufgestockt werden.

Boom sorgt für bundesweites Umdenken

In Deutschland waren Online Glücksspiele lange illegal. Der Staat hielt ein Monopol auf Lotto und Sportwetten. Die EU-lizenzierten Anbieter bewegten sich innerhalb einer juristischen Grauzone. Eine Ausnahme bildete Schleswig-Holstein, das sich 2011 aus den Schranken des ursprünglichen Staatsvertrags ausklinkte und 2012 mit der Lizenzvergabe an seriöse Online Casinos begann. Mit dem neuen Staatsvertrag ziehen nun auch die anderen Länder nach, es gelten bereits bundesweite Übergangsregeln.

Für das Umdenken sorgte ein Boom des Online Glücksspiels: Experten sind sich inzwischen einig, dass eine Kanalisierung in den legalen Sektor nur über eine Marktöffnung nach europäischen Standards erzielt werden kann. Ansonsten wandere die Kundschaft in den Schwarzmarkt ab. Neben besseren Kontrollen hofft der Fiskus auch auf neue Arbeitsplätze und zusätzliche Steuereinnahmen. Eine Steuerdebatte um Online Casinos ist bereits entfacht. Darüber hinaus werden Spielerschutzvorgaben wie Einsatzlimits, Frühwarn- und Sperrsysteme diskutiert.

Wie stehen die Entwicklungen in NRW?

Im letzten verbliebenen Bundesland NRW läuft die Freigabe des GlüStV überraschend schleppend. Das Land befindet sich noch mitten in der Ratifizierung: Jüngst wurden über 20 Experten, darunter Branchenexperten, -vertreter und Suchtforscher angehört, um zu einer optimalen Regulierung zu gelangen. Unter anderem sorgten die Lizenzlaufzeiten für internationale Anbieter für teilweise kontroverse Diskussionen.

Dass das Land den neuen Staatsvertrag ablehnt, ist jedoch unwahrscheinlich, denn dieser Beschluss würde zur Zersplitterung der einheitlichen Rechtslage in Deutschland führen. Zudem käme es in NRW zu juristischen Schwierigkeiten in Bezug auf Glücksspielwerbung und Wettsponsoring. Eine Entscheidung hat NRW aber schon gefällt: Die Qualität von Spielhallen soll über der Durchsetzung der neuen Mindestabstandsregel stehen. DAW-Präsident Stecker begrüßte den Schritt.

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