Regulierungsbedarf: Online Casinos werden in Deutschland beliebter

Eine Untersuchung des deutschen Glücksspielmarktes unterstreicht die Notwendigkeit von Regulierung für Online Casinos. Das „Handelsblatt Research Institute“ unter Leitung des renommierten Wirtschaftswissenschaftlers Bert Rürup hat die Marktlage analysiert. Noch entfalle der Umsatz der Branche überwiegend auf den regulierten Bereich. Doch starke Zuwachsraten beim unregulierten und zumeist online stattfindenden Spiel sprechen nach seiner Meinung für die Dringlichkeit einer gesetzlichen Regelung.

Der ehemalige Politikberater Rürup stellte die Ergebnisse (PDF) der Untersuchung vorige Woche beim 2. Bundeskongress zum Glücksspielwesen vor. Auf der Veranstaltung des Magazins „Behörden Spiegel“ wurde über das Thema „Herausforderung Glücksspielregulierung“ diskutiert. Im Zentrum der Gespräche stand unter anderem die geplante Reform des zentralen Gesetzeswerks – des Glücksspielstaatsvertrages der Bundesländer (GlüStV). Dessen Überarbeitung sieht bislang lediglich die Zulassung privater Sportwettenanbieter vor. Online Casinos sollen allerdings auch weiterhin keine Lizenzen erhalten können und würden weiter in einem rechtlichen Graubereich operieren.

Digitalisierung schreitet voran

Dabei machen laut der Studie vor allem diese Internetspielhallen einen Großteil des Wachstums der Branche aus. Insgesamt weist das Volumen der Bruttospielerträge im Untersuchungszeitraum 2014-2015 mit +8% auf 14,2 Mrd. Euro deutlich nach oben. Davon entfallen mittlerweile 2,2 Mrd. Euro auf den nichtregulierten Markt der Online Casinos – ein Zuwachs von ganzen 30%. Der Markt verschiebt sich also in Richtung der digitalen Angebote. Doch gerade diesen fehlt es an einem eindeutigen rechtlichen Rahmen, der diese Entwicklung im Sinne des Gemeinwohls steuern könnte.

Das sonst für seine Regulierungswut bekannte Deutschland scheint hier einmal mehr den Trend der Digitalisierung zu verschlafen. Für Untersuchungsleiter Rürup drängt sich der Vergleich mit Printmedien und Musikindustrie auf: Auch die Glücksspielbranche wird Anpassungsschwierigkeiten erleben, wenn sich die Kunden vermehrt online nach Angeboten umsehen. Doch ohne Lizensierung wird sich das deutsche Glücksspielangebot weiterhin auf landbasierte Spielbanken fokussieren. Das Wachstum kommt damit Ländern wie Malta und Gibraltar zugute, die bereits heute europäische Konzessionen an Onlineangebote vergeben. Der deutsche Gesetzgeber müsste hier laut der Studie „proaktiv tätig werden“, wolle er seine Gestaltungsspielräume in dem Sektor nicht verlieren.

Arbeitsplätze im Glücksspiel sind gefährdet

Die Untersuchung befasst sich mit der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Glücksspiels. Und die darf als erheblich bezeichnet werden. Mit 13 Mrd. Euro an Bruttoerträgen ist die Branche doppelt so groß wie die einheimische Pharmaindustrie. Insgesamt sind etwa 75.000 Beschäftigte direkt oder indirekt im Glücksspielsektor tätig. Neue Vorgaben der Länder wie Mindestabstandsregelungen gefährden laut Hochrechnungen rund die Hälfte der Stellen, vor allem im Servicebereich der von Schließung bedrohten Spielhallen. Das Ziel, Glücksspiel durch Verknappung des Angebots zu vermindern, kann laut Rürup so nicht erreicht werden. Es gäbe zu viele Ausweichmöglichkeiten, insbesondere im Internet. Dadurch würde der deutsche Gesetzgeber das Problem also noch verschärfen und Arbeitsplätze riskieren.

Dagegen würden deutsche Onlinelizenzen Steuereinnahmen versprechen sowie mögliche Fortschritte in der Regulierung zum Zweck des Verbraucherschutzes mit sich bringen. Doch nach letzten Einlassungen der Ministerpräsidenten der Länder ist zumindest für die nächste Novelle des GlüStV keine solche Öffnung geplant. Die Zahlen von Rürup und seinen Mitautoren deuten aber daraufhin, dass sich auch Deutschland um die Regulierung dieses Wachstumsmarktes wird kümmern müssen.

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