Portugiesen stecken 1,7 Mio. Euro am Tag in Online-Glücksspiel

Noch nie haben die Menschen in Portugal so viel Geld für Online-Glücksspiel ausgegeben wie in diesem ersten Quartal des Jahres 2022, so zeigen es die aktuellen Statistiken der verantwortlichen Glücksspielbehörde Serviço de Regulação e Inspeção de Jogos, kurz SRJI. Im Vergleich zum Vorjahr gab es einen Anstieg um 12,4 Prozent auf 158,6 Millionen Euro bei den Bruttospieleinnahmen, berichtete die SRJI im Juni. Das heißt, dass die portugiesischen Spieler und Spielerinnen 1,7 Millionen Euro pro Tag für Online-Glücksspiel ausgeben.

Sitze an Spielautomaten sind leer.

Zulauf brachten dem Online-Glücksspiel die Schließungen von lokalen Casinos. ©stokpic/Pixabay

Glücksspiellizenzen in Portugal vergeben

In Portugal wurden bislang insgesamt 26 Lizenzen für Online-Glücksspiel vergeben. Alleine 15 gehen an Online-Spielstätten wie Casinos, weitere elf Konzessionen drehen sich um die Erlaubnisse für Sportwetten. Verglichen mit dem vierten Quartal im Jahr 2021, gibt es in 2022 bislang einen Anbieter mehr, der über eine legale Lizenz verfügt. Vertreten sind dort unter anderem die bwin-Tochter Gobet-Entretenimento, auch die PokerStars-Marke Reel Europe Ltd. und Luckia Portugal sind unter den lizensierten Unternehmen zu finden.

Online-Sportwetten haben die Nase vorn

Die Glücksspielbehörde gibt an, dass der 12,4-prozentige Anstieg im ersten Quartal 2022 hauptsächlich die Folge wachsender Bruttoeinnahmen aus Sportwetten ist. Dieser lag bei 18,2 Prozent und hat damit, was das Wachstum betrifft, eindeutig die Nase vorn. Die Bruttoeinnahmen aus anderen Glücksspielen in der digitalen Welt liegen bei 7,4 Prozent. Tatsächlich zeichnet die Verteilung der Millioneneinnahmen aber noch ein anderes Bild, 51 Prozent davon sind auf Online-Glücksspiele zurückzuführen und 49 Prozent auf Online-Sportwetten.

Spielerausschlüsse steigen ebenfalls

Nicht nur die Einnahmen sind gestiegen. Es gibt auch immer mehr Spieler und Spielerinnen, die sich selbst vom Glücksspiel ausschließen, weil sie an sich selbst ein problematisches Spielverhalten erkannt haben. Die Anzahl der hiervon Betroffenen ist auf 119.000 Menschen angestiegen. Im Vergleich zum Ende des Jahres 2021 ist das ebenfalls ein Zuwachs von rund 9.500 zusätzlichen Spielern. Während es gut ist, dass die Ressourcen zum Spielerschutz diese Personen auffangen, ist es gleichwohl besorgniserregend.

Kommen nun weitere Restriktionen?

Weil die Teilnahme am Online-Glücksspiel steigt und immer mehr Personen sich davon ausschließen lassen, also kurzum mit den Folgen zu kämpfen haben, wird es in Portugal vermutlich bald neue Diskussionen um Regularien und mögliche Beschränkungen geben. Schon im Oktober 2021, demnach vor dem jüngsten Anstieg, hatten sich Politiker und Politikerinnen damit beschäftigt. Anlass war damals zunächst, dass die Coronapandemie mit ihren Lockdowns zu einem starken Zuwachs für das Online-Glücksspiel geführt hat.

Coronapandemie lässt Online-Glückspiel boomen

Nach Behörden berichten verzeichnete das Online-Glücksspiel einen Umsatzanstieg bei lizensierten Anbietern auf 138,9 Millionen Euro, also um 44,2 Prozent im ersten Halbjahr 2020. Die großen Gewinner der Krise sind Online-Casinos und Sportwetten-Anbieter gewesen, die Bruttospieleinnahmen stiegen um 15,9 Prozent. Wenn die Menschen in Portugal wetteten, dann setzten sie meistens auf Fußball oder Tischtennis. Im Vorjahresvergleich wuchs der Umsatz von Online-Casinos um 74,1 Prozent. Der Sektor generierte dabei ganze 83,7 Millionen Euro trotz strenger Richtlinien.

Ursache für den Boom gefunden

Ab Juli 2020 zeichnete sich eine Normalisierung des Sektors ab, was es ermöglichte, die Ursachen für den Boom zu identifizieren. Nach Behördenangaben gibt es einen starken Zusammenhang mit der temporären Schließung von lokalen, landbasierten Spielstätten. Das führte zu einem statistisch signifikanten Anstieg des Volumens von Online-Glücksspielen. Viele Spieler und Spielerinnen sind bereit gewesen, von Angeboten vor Ort zu legalen Betreibern im digitalen Raum zu wechseln.

Regulierung aus Großbritannien wirkt

Dass Entscheidungen anstehen, um den portugiesischen Markt zu regulieren, ist nur eine Frage der Zeit. Die Augen dürften sich derweil, so berichten es auch Beobachter und Beobachterinnen des Marktes, nach Großbritannien und Belgien richten, wo derweil neue Regularien unterwegs sind. In Belgien hatte die Regierung im Mai 2022 einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der ein Verbot von Werbung für Online-Glücksspiel inklusive Trikotsponsoring wie im Fußball bis zum Jahr 2025 vorschlägt. Der Sport zittert bereits.

Orientierung an internationalen Maßnahmen

Wenn Reformen anstehen, orientieren sich die Behörden oft an einflussreichen Beschlüssen aus dem internationalen Geschäft. Ob Portugals Regierung in britische oder belgische Fußstapfen tritt, ist zwar noch nicht abzusehen. Doch neben den internationalen Beschlüssen spielt auch eine Rolle, inwiefern Europa sich zum Glücksspiel positionieren wird und wie es um die wirtschaftliche Lage in Portugal bestellt ist. Diese befindet sich aktuell im Aufwind, ist jedoch weiterhin ein Sorgenkind und wird es auch bleiben.

Die Spielsuchtgefahr ist real

Ebenfalls Anlass zur Sorge bietet die steigende Zahl der Ausschlüsse vom Glücksspiel. Eine Bevölkerung in einer wirtschaftlichen Krisensituation ist zudem anfälliger für Spielsuchtproblematiken, die dann auch die individuelle Verschuldung in die Höhe treiben und oft mit wirtschaftlichen, sozialen und beruflichen Konsequenzen einhergehen. Therapiemöglichkeiten sind noch immer rar, Plätze sind Mangelware. Es fehlt außerdem noch an flächendeckendem Wissen, um alle Menschen auffangen zu können.

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