Poker-Betrug: Großrazzia im Rockermilieu

Eine Fotomontage zeigt Spielkarten mit dem Logo der Rockergang „Hells Angels“ versehen.

Das falsche Spiel des bekannten Rockerklubs ist aufgeflogen: auch Prominente sollen an illegalen Pokerevents teilgenommen haben.

Das Landeskriminalamt (LKA) Sachsen verdächtigt Mitglieder des berüchtigten Rockerklubs „Hells Angels“ durch illegale, manipulierte Pokerrunden mindestens 660.000 Euro ‚verdient’ zu haben. Am Dienstag (15.05) führte das LKA deshalb Razzien in sieben Bundesländern durch.

All-In. Mit einem Großaufgebot von mehr als 300 Einsatzkräften hat das LKA Sachsen zeitgleich die Durchsuchungen von insgesamt 23 Wohnungen in Sachsen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin und Hamburg eingeläutet. Sichergestellt wurde umfangreiches Beweismaterial, unter anderem Bargeld, diverse Betäubungsmittel sowie eine Schusswaffe, außerdem ein Sortiment an manipuliertem Pokerequipment.

Anlässlich des Verdachts auf schweren banden- und gewerbsmäßigen Betrug wurden infolge des polizeilichen Zugriffs sechs Tatverdächtige festgenommen. Ein Haftbefehl wurde indessen „außer Vollzug“ gesetzt, was bedeutet, dass der Verdächtige gegen Einhaltung bestimmter Auflagen nicht in Untersuchungshaft gerät.

Wie das LKA Sachsen der hiesigen Presse mitteilt, handelt es bei der Gruppierung um Mitglieder des Rockerklubs „Hells Angels MC Berlin Central“. Gegen insgesamt 15 Personen werde bereits seit Oktober 2017 ermittelt. An den illegalen und manipulierten Pokerrunden haben angeblich auch mehrere Prominente teilgenommen.

Wer genau, ist bis dato nicht bekannt, doch schon seit 2014 sollen regelmäßig nichtsahnende Spieler von den Mitgliedern des Pokerrings an den Tisch gelockt und folglich durch eine manipulierte Ausrüstung um ihre Einsätze betrogen worden sein. Bislang wurden zwar keine genaueren Details veröffentlicht, die Polizei spricht jedoch von einer „raffinierten Technik“. LKA-Sprecher Tom Bernhardt sagt:

„Bei den Turnieren kam eigens dafür angeschafftes spezielles technisches und entsprechend manipuliertes Equipment zum Einsatz. Mit diesem wurden vorrangig liquide, teils auch prominente oder besonders in der Öffentlichkeit stehende Personen betrogen. Der Gewinn der Gruppierung bewegte sich pro Spieltag im 4- bis 5-stelligen Euro-Bereich. Dieser wurden später unter vorher festgelegten Konditionen untereinander aufgeteilt.“

Der ‚Gewinn‘ der Poker-Biker belief sich bis zum Eingriff der Exekutive auf mindestens 660.000 Euro, wie es heißt. Illegale Partien sollen unter anderem in Berlin, Hamburg, Dresden, Rostock, Leipzig, Zwickau sowie auf Mallorca gespielt worden sein. Vonseiten des ‚Motorradklubs‘ gibt es bisher keine Stellungnahme.

Wie die Bild-Zeitung berichtet, soll sich unter den Verdächtigen auch ein Profi-Boxer aus Dresden befinden, gegen den bereits wegen Beihilfe zum Mord ermittelt wird. Der Mann soll 2014 an einem Überfall auf ein Berliner Wettbüro beteiligt gewesen sein, die Situation eskalierte.

Illegales Pokern ist keine Seltenheit

Bei aller kriminellen Energie, die hinter der technischen Manipulation des Pokerequipments steckt, sind illegale Pokertreffen keine Domäne des hiesigen Rockmilieus. Gesellschaftsübergreifend gerät das ‚Schwarzpoker‘ immer wieder ins Visier der Justizbehörden.

Zuletzt sorgte im März der Fall eines Berliner Polizisten für Schlagzeilen, der der Szene Informationen über geplante Razzien der Polizei- und Zollbehörden für 3000 Euro pro Tipp verkauft hat. Der Beamte hatte zudem ironischerweise auch selbst mehrfach zu illegalen Pokerevents geladen. Im Ermittlungsverlauf wurde er zusätzlich mit Drogenhandel in Verbindung gebracht.

Einen weiteren Blick auf das Ausmaß liefert der Fall eines JVA-Beamten, der Anfang des Jahres durch die Veranstaltung eines illegalen Pokerturniers im Gefängnis Dresden/Torgau auffällig wurde, an dem 43 Häftlinge unter Echtgeld-Einsatz teilnahmen. Dem Beamten drohen bis zu zwei Jahre Haft.

Einen breitgefächerten Eindruck über die illegale Pokerszene in Deutschland eröffnet die 2014 erschienene FAZ-Reportage Am Abend wurde der Fisch zum Hai, die auf dem Erfahrungsbericht eines langjährigen Zockers beruht.

Auf internationaler Ebene ist der Fall Molly Blooms sicherlich am bekanntesten: Über Jahre veranstaltete die einstige ‚Pokerkönigin Hollywoods‘ geheime, aber hoch exquisite illegale Turniere für berühmte Schauspieler und namhafte Geschäftsleute. Die Buy-Ins betrugen über 300.000 $. Hunderte Millionen gingen pro Abend über den Tisch, an dem unter anderem auch Leonardo DiCaprio, Ben Affleck und Matt Damon saßen. Blooms Leben wurde verfilmt. Ihre Biografie lief vergangenen März in den deutschen Kinos an.

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