NRW verkauft Westspiel-Casinos

Der Landtag von Nordrhein-Westfalen (NRW) hat grünes Licht für die umstrittene Privatisierung der landeseigenen Spielbanken-Gesellschaft Westspiel erteilt. Von der Opposition wird der Schritt scharf kritisiert. Auch die Mitarbeiter hatten seit Monaten gegen den Verkauf demonstriert. Neuer Konzessionsinhaber könnte Merkur-Inhaber Gauselmann werden. Mit welchen Entwicklungen ist zu rechnen?

Spielbankbesucher an einem Roulette-Tisch.

Rund 1.000 Westspiel-Mitarbeiter fordern seit Monaten Job- und Standortgarantien. ©JavonSwaby/Pexels

Änderung des NRW-Spielbankengesetzes

NRW hat in der vergangenen Woche einen Gesetzentwurf zur Privatisierung der Westspiel-Casinos verabschiedet. Das Bundesland öffnet damit endgültig den Weg für ein Ausschreibungsverfahren zur Auswahl eines neuen Betreibers für insgesamt sechs Standorte. Die Stimmen der Regierungsfraktion von CDU und FDP reichten aus, um den massiven Widerstand der Opposition zu überwinden und das Gesetz in Kraft zu setzen.

Im Mai 2018 hatte die schwarz-gelbe Koalition zum ersten Mal angekündigt, Westspiel zu privatisieren und die Anteile der staatlichen NRW-Bank zu verkaufen. Da der Betrieb von Spielbanken durch die damaligen Landesvorschriften auf öffentliche Einrichtungen beschränkt war, musste das Spielbankengesetz des Bundeslandes geändert werden, um den Verkauf zu ermöglichen. Als Grund gibt die Regierung seither Unwirtschaftlichkeit an.

Disput zwischen Staat und Betriebsrat

Die Vorwürfe gegen Westspiel beziehen sich auf die Geschäftszahlen von 2016. Trotz Bruttospieleinnahmen von 80,4 Mio. Euro stand zu diesem Zeitpunkt ein Minus von 2,9 Mio. Euro ins Haus. NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper sprach folglich von einem „dauerhaft defizitär und katastrophal geführten Unternehmen“. Es sei „unglaublich viel Geld verbrannt“ worden, die Gesellschaft müsse daher „als Ganzes“ verkauft werden.

Der Betriebsrat des Unternehmens hält an dieser Stelle jedoch vehement dagegen. Argumentiert wird, dass zu diesem Zeitpunkt noch kein Geschäftsbericht für 2017 vorgelegen hat. Eine Privatisierung sei „wirtschaftlich sinnlos“, da die Einnahmen der Spielbanken demnach wieder stark zugenommen haben. Der Bruttospielertrag habe sich von 79,6 Mio. Euro im Jahr 2015 auf 92,3 Mio. Euro im Jahr 2018 gesteigert.

Zuletzt erwirtschaftete Westspiel Einnahmen in Höhe von 107,7 Mio. Euro. Davon flossen 50,4 Mio. Euro in die Landeskasse. Besonders die oppositionellen Fraktionen der SPD und Grünen warnten daher vor einer voreiligen Privatisierung. Gefordert wurde eine ordentliche Verhandlung mit entsprechenden Experten aufgrund „vieler ungeklärter Fragen“. Da keine Job- und Standortgarantien ausgesprochen wurden, begannen die Westspiel-Mitarbeiter zu demonstrieren.

Wer wird neuer Westspiel-Besitzer?

Aktuell werden vier Spielbanken in Aachen, Bad Oeynhausen, Dortmund (Hohensyburg) und Duisburg betrieben, wobei das Casino Duisburg, über eine Tochtergesellschaft verwaltet wird. Westspiel betreibt außerdem zwei weitere Spielbanken in der Freien Hansestadt Bremen. Um den Verkaufsprozess zu beschleunigen, bietet Düsseldorf den Bau zweier weiterer Casinos an. Hierbei hat der neue Besitzer freie Standortwahl.

Das Konzessionsverfahren ist offen für alle Glücksspielunternehmen mit Sitz in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum. Potenzielle Bewerber müssen allerdings Pläne für den Betrieb der Veranstaltungsorte sowie Strategien für den Spielerschutz vorlegen. Das Innenministerium des Landes wird den neuen Lizenzinhaber beaufsichtigen. Diesem wird ein „effektives 15-jähriges Monopol für das Casino-Glücksspiel in Nordrhein-Westfalen“ gewährt.

Jede Immobilie unterliegt dabei einer Bruttoeinkommenssteuer von 30 Prozent auf alle Einkünfte bis zu 15 Mio. Euro. Mit jedem weiteren Betrag von 15 Mio. Euro wird die Steuer parallel um weitere 10 Prozent erhöht. Für die beiden neuen Spielstätten soll die Steuerpflicht in den ersten drei Jahren nach ihrer Eröffnung auf 25 Prozent der Bruttoeinnahmen reduziert werden.

Obwohl noch kein Unternehmen öffentlich angekündigt hat, sich an der Ausschreibung zu beteiligen, berichten lokale Medien, dass sich der deutsche Glücksspielriese Paul Gauselmann (85) vermutlich ganz oben auf der Liste potenzieller Bewerber positionieren wird. Der Merkur-Chef ist seit Mai 2018 bereits als Hauptsponsor des Düsseldorfer Sportsektors aktiv. Ob es dazu kommt, hängt jedoch von den weiteren Entwicklungen ab.

Mitarbeiter kämpfen um Job-Erhalt

Mit dem Beschluss des Düsseldorfer Landtags, der entgegen des lautstarken Widerstands der Opposition erfolgte, gestaltet sich die Zukunft von Westspiel immer ungewisser. Kritisiert wird vor allem, dass das Unternehmen verkauft wird, obwohl es sich in den letzten Jahren gut entwickelt hatte. Ebenso, dass das neue Gesetz trotz der derzeitigen Corona-Krise im Eilverfahren durchgebracht wurde.

Während sich die Opposition um eine Vernachlässigung des verantwortungsvollen Glücksspiels sorgt, befürchten die rund 1.000 Angestellten des Unternehmens einen Stellenabbau durch den neuen Konzessionär. Bereits seit Oktober fordern Croupiers, Kassierer, Techniker, Servicemitarbeiter und Verwaltungsangestellte daher Job- und Standortgarantien. Außerdem wurde die Etablierung eines Mittelsmannes gefordert, der als Sprachrohr zwischen Westspiel und Düsseldorf fungieren soll.

Laut Betriebsrat herrscht bei Westspiel bis dato „geschlossene Solidarität“ gegen die Privatisierung vor. Die Interessen der Mitarbeiter würden bisher „an keiner Stelle berücksichtigt“, so das Kredo. Stattdessen habe die NRW-Bank den Angestellten einen Kündigungsschutz von zwei Jahren in Aussicht gestellt, dies nur unter „Abstrichen bei den bisherigen Konditionen“. Ob der organisierte Wiederstand an den jetzigen Beschlüssen noch etwas ändert, bleibt abzuwarten.

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